Jeder fünfte Sachsen-Anhalter von Armut bedroht

von 21. Dezember 2012

Rund jeder fünfte Sachsen-Anhalter ist nach einer neuen Studie armutsgefährdet. Die Quote habe zuletzt bei 20,5 Prozent gelegen, teilte der Paritätische Wohlfahrtsverband am Donnerstag in Berlin mit.

Sachsen-Anhalt erreichte damit für das Jahr 2011 den 13. Platz im bundesweiten Ländervergleich. Das ist ein Platz besser als bei der vergleichbaren Studie zum Jahr 2010. Schlechter schnitten Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schlusslicht Bremen ab. Ganz vorne liegt Baden-Württemberg.

Bundesweit und auch in Sachsen-Anhalt ist die Armutsgefährdung allerdings gestiegen. In Sachsen-Anhalt lag sie 2010 noch bei 19,8 Prozent, 2009 aber sogar bei 21,8 Prozent. Bundesweit wurde mit 15,1 Prozent für 2011 ein neuer Höchststand erreicht.

Von Armut bedroht ist nach der Definition jeder, dessen Haushalt weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens in Deutschland hat. Für einen Single-Haushalt lag dieser Wert bei 848 Euro im Monat, bei einem Haushalt von zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 1781 Euro.

Innerhalb von Sachsen-Anhalt schnitt die Region rund um Halle mit 22,5 Prozent Armutsgefährdung besonders schlecht ab, die Region um Magdeburg lag mit 19,2 Prozent vorne. Die beiden anderen Regionen – Altmark sowie Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg – lagen mit 19,8 und 19,9 Prozent dazwischen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband als Initiator der Studie forderte ein milliardenschweres Sofortprogramm gegen Armut in Deutschland. «Wir haben Armut wirklich auf Rekordniveau», sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider im ARD-«Morgenmagazin».

Der Studie zufolge sind die Unterschiede zwischen Ost und West noch immer eklatant, wurden aber seit 2005 etwas kleiner. Statt 7,2 Prozentpunkte Differenz seien es zuletzt noch 5,5 Prozentpunkte Unterschied gewesen. Dies gehe in gleichen Teilen auf eine Verbesserung der Lage im Osten und einer Verschlechterung im Westen zurück.

Die Linksfraktion im Landtag forderte einen Kampf gegen schlecht bezahlte Beschäftigung. «Die Arbeitslosenquote sinkt, das Armutsrisiko aber steigt, und dies betrifft Sachsen-Anhalt in ganz besonderem Maße», sagte Fraktionschef Wulf Gallert. Es müsse nun endlich ein existenzsichernder gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden.

Für die Berechnung der Quoten hatten die Autoren der Studie die Daten aus dem Mikrozensus, der größten amtlichen Haushaltsbefragung, mit rund 830 000 Menschen ausgewertet. Die Quote zeigt nach Angaben der Wissenschaftler zunächst einmal vor allem die Einkommensspreizung in einer Gesellschaft.

Zugleich weisen sie die bereits in den Vorjahren geäußerte Kritik zurück, es werde zu Unrecht ein bundesweit einheitlicher Schwellenwert genutzt. Eine kleinteilige Aufteilung führe nur dazu, dass die Armut statistisch verschwinde, heißt es in der Studie. Die Statistischen Ämter von Land und Bund berechnen aber durchaus auch landesspezifische Werte – für einen Single-Haushalt sind es etwa in Sachsen-Anhalt 742 Euro, in Baden-Württemberg dagegen 925 Euro, wie aus Veröffentlichungen der Ämter im Internet hervorgeht.

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