Jugendclub-Schließung: Kinder ins Museum

von 11. November 2011

Seit einigen Tagen sorgt die Kürzung finanzieller Mittel in der Jugendhilfe in Halle (Saale) für heftige Diskussionen. Die freien Träger können jetzt viele Aufgaben nicht mehr finanzieren, fahren Leistungen und Öffnungszeiten zurück und schließen zum Teil sogar Einrichtungen. Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados kann den Aufschrei aber nicht ganz verstehen. Im Rahmen eines Pressetermins am Freitagvormittag machte sie deutlich, dass es in Halle genügend alternative Angebote gebe. Beispielhaft dafür nannte sie die aktuell laufende Hanse-Ausstellung auf der Saline, die im Rahmen eines Projekts von Langzeitarbeitslosen gestaltet wurde. Bereits mehrfach hatte Szabados in den vergangenen Wochen die Kürzungen verteidigt.

"So oft, wie in den letzten Tagen, habe ich mir lange nicht mehr gewünscht, aus einem bösen Traum aufzuwachen“, kommentiert Nicole Stelzer, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. (KJR LSA)) die aktuellen Entwicklungen in Halle. „Hier wird innerhalb von Tagen kaputt gemacht, was über Jahre gewachsen ist.“ Der KJR LSA bewundere, wie besonnen die Mitarbeiter und Vorstände derzeit versuchen, mit der Situation umzugehen. „Mir wäre schon längst der Kragen geplatzt“, gibt Stelzer zu. Besonders brisant ist die aktuelle Lage für die Kinder und Jugendlichen in Halle. Sie werden in den nächsten Tagen vor vielen verschlossenen Türen stehen. „Wer mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat, der weiß, wie wichtig es ist, dass diese feste Ansprechpartner haben“, berichtet Stelzer. „Diese Gesprächspartner sind von heute auf morgen weg.“ Dazu kommt, dass Kinder- und Jugendclubs insbesondere im Herbst und Winter für Kinder und Jugendliche wichtige Treffpunkte sind. „Um sich im Park oder an der Straßenbahnhaltestelle zu treffen, ist es inzwischen einfach zu kalt“.

Mit ihrem Vorgehen schade die Stadt Halle zudem im besonderen Maße sich selbst. „Wir vermitteln Kindern und Jugendlichen, dass es wichtig, richtig und möglich ist, sich in die Gesellschaft einzubringen“, erläutert Stelzer. Kinder und Jugendliche können sich mit ihren Ideen in den Jugendclubs beteiligen, zum Beispiel auch an Projekten wie der U-18-Wahl. Jetzt müssen die Fachkräfte in den Jugendclubs erklären, warum Gelder nicht da sind, Projekte nicht stattfinden und Häuser komplett geschlossen werden. „Wenn Kinder und Jugendliche solche Situation erleben, dann verändert dass ihr Blick auf die Politik und auf die Erwachsenen“, erklärt Stelzer. „Und diese Veränderungen sind nicht gerade positiv“.

Verwundert ist der KJR LSA zudem über die Auslegung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes durch die Stadt Halle. „Es ist korrekt, dass die Stadt Halle einen gewissen Ermessensspielraum hat, was die Höhe und die Art und Weise der Förderung der Kinder- und Jugendarbeit angeht", erläutert Stelzer. Dass bedeute aber nicht, dass man im laufenden Jahr einfach mal eben mit einem Fingerstreich die ursprünglich vorgesehenen Summe um zwanzig Prozent kürzen könne. Der KJR LSA setzt sich zudem zusammen mit dem Deutschen Bundesjugendring für eine Konkretisierung des Kinder- und Jugendhilfegesetz ein. „Es kann nicht sein, dass Kinder und Jugendliche darunter leiden, dass Kinder- und Jugendarbeit überall fälschlicher Weise als freiwillige Leistung angesehen wird“, erläutert Stelzer diese Initiative. „Kinder und Jugendliche haben mehr verdient als Politik nach Kassenlage!“