Kein Haushalt – wie weiter?

von 15. April 2009

(ens) Am Dienstagabend hat HalleForum.de exklusiv über die Beanstandung des städtischen Haushalts berichtet. Per Fax hatte das Landesverwaltungsamt am Abend der Stadtverwaltung auf sieben Seiten mitgeteilt, dass man den Haushalt nicht genehmigen werde. Einen Tag später hat der Artikel für heftige Aufregung in den Fluren von Ratshof und Technischen Rathaus gesorgt. “Wir haben von der Stadt noch keine Informationen erhalten”, waren die Auskünfte, die am späten Nachmittag von den Fraktionen zu hören waren. Dort wartete man noch gespannt auf Reaktionen von der Rathausspitze.

Dass es zur Beanstandung kam, ist für Johannes Krause, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion, nicht überraschend, “bei den Erhöhungen, die durch den Stadtratsbeschluss dazugekommen sind.” Nun wolle man erst einmal abwarten, unter welchen Prämissen der Haushalt nicht genehmigt wurde. Krause sieht jetzt vor allem die Stadtverwaltung in der Pflicht. “Die Verwaltung muss einen Plan B vorlegen.” Man müsse nun schauen, was für die Stadt vernünftig sei. “Die vorläufige Haushaltsführung kann aber auch nicht die Lösung sein”, so Krause im Gespräch mit HalleForum.de.

Bodo Meerheim, Fraktionsvorsitzender von “Die Linke”, hätte sich von der Kommunalaufsicht “mehr Fingerspitzengefühl” gewünscht. Er sehe nicht, wo die Stadt weitere 21 Mio. Euro im laufenden Jahr einsparen soll. Denn genau diese Summe kritisiert das Landesverwaltungsamt. Statt einem erwarteten Defizit von 6,8 Mio Euro klettert das Minus auf 28 Mio Euro. Diese Summe könne man nicht einsparen, “ohne dass die Stadt den Bach runtergeht.” Meerheim äußerte gegenüber HalleForum.de den Gedanken, gegen den Bescheid des Landesverwaltungsamtes Widerspruch einzulegen und möglicherweise auch vor Gericht zu ziehen.

Kritik am Verhalten des Innenministeriums, das in die Gespräche zur Haushaltsgenehmigung involviert war, äußerte der hallesche FDP-Landtagsabgeordnete Gerry Kley. „Offensichtlich kam die Entscheidung, die Mittel aus dem Konjunkturpaket auch ohne genehmigten Haushalt auszureichen, reichlich spät. Die Kommunalaufsicht im Landesverwaltungsamt hing bis dahin völlig in der Luft, die saßen quasi zwischen allen Stühlen.“ Dass die Genehmigung des städtischen Haushaltes problematisch werden könnte, sei allen Beteiligten, auch der Rathausspitze von Anfang an klar gewesen. SPD-Innenminister Hövelmann habe seine Parteifreundin Szabados aber offensichtlich hinhalten wollen. Nun sei wertvolle Zeit verstrichen, in der unter anderem die Vereine auf die Gelder von der Stadt warten müssen. In diesem Zusammenhang bezeichnete Kley Aussagen der Oberbürgermeisterin, sich vom Haushalt nicht Ostern vermiesen lassen zu wollen, als unangemessen. Szabados hatte sich auf Nachfrage von HalleForum.de diesbezüglich geäußert.

Bei der Kommunalaufsicht hat man auf Nachfrage von HalleForum.de die Entscheidung noch einmal verteidigt. “Unsere Verfügung ist das Ergebnis von intensiver Prüfung.“ Es habe dazu zahlreiche Gespräche und Beratungen im Vorfeld gegeben, sowohl mit der Stadt Halle als auch mit dem Innenministerium. “Dabei wurde die Entscheidung in enger Abstimmung mit dem Innenministerium getroffen.” Ausschlaggebend für die Beanstandung sei die negative Trendwende bei den strukturellen Defiziten gewesen. “Eine besorgniserregende Entwicklung, die zum kommunalaufsichtlichen Handeln zwingt.” So war in der Finanzplanung 2008 für das Jahr 2009 noch ein strukturelles Defizit von rund 6,8 Mio Euro prognostiziert worden. Im vorgelegten Plan war schließlich von 28 Mio Euro die Rede. Damit steigt erstmals wieder seit 2004 das strukturelle Defizit gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.

Doch die Stadt wolle man mit dem Problem des nicht genehmigten Haushalts nicht alleine lassen. “Natürlich werden wir jetzt an die bisherige gute Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt Halle anknüpfen und gemeinsam nach Lösungen suchen, wie trotz Beanstandung die Stadt Halle weiterhin ihren Aufgaben und Verpflichtungen gerecht werden kann.” So könnten beispielsweise Vorhaben mit einer außergewöhnlich hohen Förderung, wie zum Beispiel aus dem Konjunkturpaket II, durchgeführt werden. “Die Kritik an der engen Fristeinhaltung unterschätzt die Prüfungs- und Abstimmungsbedarfe hinsichtlich einer Haushaltsprüfung, wird der inhaltlichen Dramatik wahrlich nicht gerecht und erscheint angesichts der großen Probleme, die zu bewältigen sind, nicht sehr relevant.” CDU-Stadtrat Bernhard Bönisch hatte auf Nachfrage von HalleForum.de kritisiert, dass von der Kommunalaufsicht die Entscheidung erst kurz vor Toreschluss mitgeteilt wurde.

Von der Stadtverwaltung war trotz mehrfacher telefonischer Nachfragen keine Reaktion der Oberbürgermeisterin zu bekommen. Schriftlich gab man in einer Pressemitteilung bekannt: “Praktisch wirkt sich die Haushaltsbeanstandung so aus, dass die Stadt Halle unter den Bedingungen der vorläufigen Haushaltsführung agieren muss. Unter diesen Bedingungen sind grundsätzlich nur gesetzlich vorgeschriebene oder rechtlich gebundene Maßnahmen zulässig. Die Kommunalaufsicht weist darauf hin, dass in der vorläufigen Haushaltsführung auch dann unabweisbare Vorhaben, die einer außergewöhnlich hohen Förderung, wie etwa aktuell aus dem Konjunkturpaket II, unterliegen, gleichwohl durchgeführt werden können. In besonderen Situationen wären auch Einzelentscheidungen der Kommunalaufsicht denkbar, um unnötige Härten zu vermeiden.” Vor allem Vereine würden darunter leiden, müssten weiterhin um ihre Fördergelder bangen.

Klar ist nun: die Stadt muss der Kommunalaufsicht einen neuen Haushalt vorlegen, in dem 21 Mio. Euro eingespart werden müssen. Eine Mammutaufgabe, mit der sich wohl der neue Stadtrat beschäftigen muss. Eine Entscheidung vor der Wahl könnte allenfalls im Mai-Stadtrat fallen. Der Zeitrahmen, um diese hohe Summe einzusparen, ist aber kaum noch einzuhalten. Am 7. Juni wählen die Hallenser ein neues Kommunalparlament. Mehrere Stadträte sehen hier zudem das Landesverwaltungsamt in der Pflicht. Sie verlangen konkrete Vorschläge von der Kommunalaufsicht, wo weiter gespart werden könne. Durchaus mit Berechnung: im bevorstehenden Wahlkampf könnte die drastische finanzielle Schieflage der Stadt nun Thema werden.