Kinderschutzgesetz: Jugendamt wurde mehr als 300 Mal tätig

von 11. August 2011

Fälle von Kindstötungen und Misshandlungen finden immer mehr Platz in den Medien. Immer spektakulärer, immer größer wird berichtet. Der Gesetzgeber hat mit einem Kinderschutzgesetz reagiert.

Doch wie sieht es eigentlich aus in Halle (Saale)? Insgesamt wurde der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) im ersten halben Jahr zu 6.127 Fällen gerufen. Davon hat es sich 312 Mal um so genannte Kinderschutzfälle gehandelt. Mit 187 Fällen wurden die Behörden dabei in der überwiegenden Zahl bei Vernachlässigung tätig. Hinzu kommen 53 Misshandlungen, 21 Mal sexuelle Gewalt und 61 Mal seelische Gewalt gegen Kinder. Erschreckend: 59 Mal musste das städtische Jugendamt bereits bei Unter-Einjährigen Kindern eingreifen. Den städtischen Statistiken zufolge sind mehr als die Hälfte aller Opfer Jungen (53 Prozent). Zu rund 90 Prozent kamen die Täter aus der eigenen Familie.

Fast jeden zweiten Tag müssen die Mitarbeiter des Jugendamtes ausrücken, um ein Kind – zumindest teilweise – in Obhut zu nehmen. In 81 Fällen wurden die Kinder aus der Familie genommen und in ein Heim oder zu Pflegeeltern gebracht. Nach Angaben von Jugendamtsleiterin Katharina Brederlow reichen die 13 Plätze im Heim in der Klosterstraße oft nicht aus, zumal aus Brandschutzgründen die erste Etage gesperrt ist. Doch wie Sozialdezernent Tobias Kogge gegenüber HalleForum.de sagte, sei erst mal nicht an eine Sanierung zu denken. Stattdessen werde überlegt, wie man überhaupt verfahre. “Wir wissen noch nicht, ob die Klosterstraße überhaupt der richtige Ort ist.” Möglicherweise wird nun ein neuer Standort gesucht. Problematisch ist es auch mit Plätzen bei Bereitschaftspflegeeltern, zu wenige Hallenser haben sich dazu bereit erklärt. In 56 Fällen wurden zwischen Eltern und Behörden Kontrollverträge unterzeichnet. Die Kinder bleiben also in ihren Familien, doch das Jugendamt schaut regelmäßig vorbei.

Durch die starke öffentliche Debatte wird bei Kindern auch viel stärker hingesehen. So meldeten in 45 Fällen Schulen und in 19 Fällen Kitas Auffälligkeiten der Kinder an die Behörden. Die Polizei wurde in 71 Fällen tätig, Gesundheitsdienste 55 Mal und die Jugendhilfe 66 Mal. In geringerem Maße kommen auch Hinweise von Staatsanwaltschaften, Jobcentern oder Nachbarn. “Die Bürger gucken stärker hin”, meint Sozialdezernent Kogge.