KITA “Lebensbaum” Halle – Beendigung der Trägerschaft

von 5. März 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Trägerschaft über eine Kindertagesstätte zu beenden, ist ein nicht alltäglicher Vorgang. Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, gerade mit Blick auf die uns zur Betreuung anvertrauten kleinen Menschen. Im Falle einer Auflösung verlieren sie ggf. ihre vertraute Spiel- und ungezwungene Lernumgebung. Geschlossene Kinderfreundschaften und gewachsene Beziehungen zu den vertrauten Erziehern gehen verloren. Dessen waren und sind sich die Geschäftsführung, das leitende Personal des VOLKSSOLIDARITÄT Saale-Kyffhäuser e.V. mit der 100-prozentigen Tochter „Kinderland Halle gGmbH“ als Träger und besonders unsere Erzieher in der Kita „Lebensbaum“ bewusst.

Umso mehr bedauerten wir den Schritt, die Trägerschaft abzugeben und nach einem neuen freien Träger zu suchen, der die Kita übernimmt. Das sich seitens der Eltern aufgebaute Misstrauen gegen uns und meine Person war letztlich zu groß, als dass es künftig möglich gewesen wäre, im Interesse der Kinder sachlich-kooperativ, vorwurfsfrei und vertrauensvoll zusammenarbeiten zu können.

Aus diesem Grund stellten wir im Oktober 2019 die Vertrauensfrage und teilten dabei unmissverständlich mit, dass der Verein die Trägerschaft abgeben würde, wenn eine klare Mehrheit der Befragten dem Träger das Misstrauen aussprechen würde. Dies geschah mit fast 75 Prozent. Daraufhin kommunizierten wir, dass wir die Kita „Lebensbaum“ zum 31. Juli 2020 nicht mehr weiterbetreiben möchten, weil offensichtlich ein überwiegender Teil der Eltern dies wünscht. Wir teilten außerdem mit, dass wir der Übernahme durch einen anderen Betreiber offen gegenüberstehen und den Trägerwechsel ausschreiben. Sollte dies nicht zu einem Ergebnis führen, würden wir die Kita schließen.

Die Bedingungen sollten für alle Bewerber gleich sein. Dies wurde im Beisein städtischer Vertreter kommuniziert. Beworben hat sich tatsächlich am Ende nur die „Outlaw gemeinnützige Gesellschaft für Kinder- und Jugendhilfe mbH“.

Im Rahmen eines weiteren Elternabends am 4. Dezember 2019 wurde uns von den Eltern zudem mitgeteilt, dass auch sie mit dem gerade gegründeten Verein „Einfach Kind sein e.V.“ die Absicht haben, die Kita zu übernehmen. Anschließend wurde uns ein Übernahmeinteresse schriftlich angezeigt, das wir positiv bewerteten. Unser darauffolgendes Antwortschreiben vom 20. Dezember 2019 blieb bis zum heutigen Tage unbeantwortet. Im Rahmen der Kuratoriumssitzung vom 29. Januar 2020 wollten sich die Eltern dahingehend nicht mehr äußern – die Beweggründe sind uns unbekannt.

Am 26. Februar 2020 haben wir die Stadt Halle darüber informiert, dass unsere Bemühungen, einen neuen freien Träger für die Übernahme der Kita zu finden, erfolglos geblieben sind. Auch mit der Outlaw gGmbH konnte keine Lösung mehr gefunden werden, da der Prozess durch die Interessentenseite zu spät begonnen wurde. Mit der Entscheidung der Stadt Halle vom 28. Februar 2020, mit dem Eigenbetrieb „Kindertagesstätten der Stadt Halle (Saale)“ ab dem 1. August 2020 einzuspringen, ist vor allem den Kindern sehr geholfen und wir freuen uns, dass es möglich scheint, gemeinsam mit der Stadt Halle eine Lösung zu finden.

Hinsichtlich der Nutzung des derzeit von der Kita beanspruchten Gebäudes gestaltet sich die Sachlage so, dass wir an einen Mietvertrag, der über den Zeitraum von zehn Jahren geschlossen wurde, gebunden sind. Hierzu werden wir am 10.03.2020 Gespräche mit der Stadt Halle und parallel dazu ebenso mit dem Vermieter führen. Gemäß einer E-Mail basierten Aussage seitens der Elternvertreter stünde wohl auch eine städtische Immobilie als Ausweichstätte für die Kita „Lebensbaum“ zur Verfügung – auch hierzu möchten wir die Gespräche mit der Stadt Halle abwarten. Zukünftig könnte alternativ am Standort der jetzigen Kita eine Kinder- und Jugendwohngruppe entstehen, in welcher Kinder, die aufgrund schwieriger Lebensumstände aus ihren familiären Umfeldern genommen werden müssen, betreut werden. Dies können Kinder sein, deren Eltern gegebenenfalls verstorben sind, an einer Krankheit leiden oder aus anderen Gründen kein kindgerechtes Zuhause bieten können.

Vom heutigen Sachstand aus betrachtet haben wir Erwachsenen – Elternschaft und Geschäftsleitung der Kita – wohl gemeinschaftlich versagt. Bestenfalls können alle an diesem Fall direkt Beteiligten lernen, wie man nicht miteinander umgehen sollte.

Zum Verständnis der Gesamtsituation sei eingeschoben, dass der vorherige Träger über Nacht die Einrichtung verlassen hatte und die Kita dadurch vor der Schließung stand. Um eine Schließung zu vermeiden, erfolgte die kurzfristige Übernahme durch die VOLKSSOLIDARITÄT. Schon bei den ersten Begehungen der Einrichtung wurden dramatische Sicherheitsmängel festgestellt, sowohl an den elektrischen Anlagen im Haus als auch an der Absicherung des Außengeländes. Eine sofortige Schließung durch die zuständigen Ämter wäre gerechtfertigt gewesen. Durch hohes persönliches und finanzielles Engagement seitens der „Kinderland Halle gGmbH“ wurden diese Mängel entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen Standards behoben. Die Schließung konnte abgewendet werden.

Durch die Einführung des TVÖD stiegen die monatlichen Gehälter der Mitarbeiter um bis zu EUR 400,00. Die Fluktuation wurde somit gestoppt und ein pädagogisches Konzept eingeführt, das es beim vorherigen Träger nicht gegeben hatte. Das Konzept war ausgerichtet am Bildungs- und Erziehungsplan des Landes Sachsen-Anhalt und angelehnt an die Bildungskonzepte der anderen Kindereinrichtungen der VOLKSSOLIDARITÄT.

Teilweise, so lässt sich heute in der Rückschau vermuten, gründen die diversen Behauptungen durch die Elternvertreter auf diesen Veränderungen. Angesichts der Kürze der Zeit und der immensen Herausforderungen, vor denen wir durch die ad-hoc-Übernahme der Kita im Jahr 2017 standen, haben wir sicherlich versäumt, die Eltern genügend mitzunehmen.

Der unmittelbare Auslöser des Konfliktes waren Zweifel der Elternvertreter, ob der monatlich erhobene Zusatzbeitrag korrekt verwendet wird. Der vorherige Träger hatte diesen Zusatzbeitrag zur „Finanzierung des Trägers“ eingeführt und wir haben ihn nach dem Trägerwechsel beibehalten. Ein Teil der Elternschaft bezichtigte uns, diesen Zusatzbeitrag missbräuchlich zu verwenden. Das Entstehen dieser Vermutung können wir uns bis heute nicht erklären. Die Mittel wurden ausschließlich für die Kita „Lebensbaum“ und für keine andere Einrichtung des Trägers verwendet. Jedes Elternteil konnte die Unterlagen einsehen. Dass wir mit den Einnahmen in keinem Moment Missbrauch betrieben haben wird ein Gericht in Bälde bestätigen.

Wir glaubten, so eine Verhärtung des entstandenen Konfliktes zu vermeiden und diesen zu lösen. Leider war das nicht der Fall. Die haltlosen Vorwürfe seitens Teilen der Elternschaft mehrten sich und mündeten in emotionsgeladenen Anschuldigungen, die ich in ihrer Ausprägung und Vielzahl – vor allem aufgrund des ohnehin bereits belasteten Verhältnisses und auch des Anstandes wegen – nicht weiter benennen, kommentieren oder rechtfertigen möchte.

Mit den Kindern hatten wir eine großartige Zeit in der Kita „Lebensbaum“ und wir wünschen ihnen das Beste für ihre Zukunft.

Den vielleicht doch noch glücklichen Ausgang möchte ich persönlich zum Anlass nehmen, mich auch bei allen Mitarbeitern für deren mit viel Herzblut eingebrachtes Engagement für die Kinder zu bedanken. Denjenigen Kollegen, die zum neuen Träger wechseln möchten, wünsche ich alles Gute. Und den Kollegen, die weiterhin bei der VOLKSSOLIDARITÄT beschäftigt bleiben wollen, sei versichert, dass sie sich die Kita auswählen können, an der sie künftig arbeiten werden. Und wenn gewünscht, können die Erzieherinnen und Erzieher in sogenannten 2er-Gruppen gemeinsam in eine andere Kita wechseln, damit die Eingewöhnung ins neue Team reibungslos gelingt – unser diesbezügliches Versprechen im Rahmen der Vertrauensabstimmung, welches wir bereits im Oktober 2019 gegeben haben, gilt somit selbstverständlich auch weiterhin.

Mit besten Grüßen

Dirk Jürgens

Geschäftsführer