Kontroverse um Kunst am Bau

von 22. Juni 2016

Die Juni-Sitzung des Stadtrates begann mit einer Gedenkminute für den jüngst verstorbenen Professor Siegfried Kiel, langjähriger Stadtrat der Linken. Der Stadtratsvorsitzende Hendryk Lange nannte ihn einen verdienstvollen Wissenschaftler der DDR. Danach legte Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand seinen Bericht vor. Es gibt eine neue Ehrenamtskarte. 500 Stück werden am „Tag des Ehrenamtes“ (5. Dezember 2016) ausgegeben. Mehr als 5000 “Flüchtlinge” waren Ende Mai 2016 in Halle registriert. Im ehemaligen Hotel „Maritim“ sind aktuell 112 Personen untergebracht. Das Land Sachsen-Anhalt hat angekündigt, die Erstaufnahme von Halle komplett in die Landeserstaufnahmestelle nach Halberstadt u verlegen. Das Gebäude werde nun schrittweise zur „freien Schlafstätte“. Für den Abriss des Raumflugplanetariums auf der Peißnitz liegt seit dem 15. Juni 2016 eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung vor. Demnach darf abgerissen werden, wenn der geplante Neubau am Holzplatz zustande kommt. Wiegand schob an der Stelle gleich den Beweis nach, dass die Bedingungen für den Abriss vorliegen. Demnach sind die beantragten Flutmittel von 14.169.621 Euro genehmigt. Laut Plan beginnt der Bau im Juni 2017 und wird bis Anfang 2019 abgeschlossen. Halles Städtepartnerschaft mit Grenoble (Frankreich) besteht seit 40 Jahren. Aus diesem Anlass war Grenobles Bürgermeister Eric Piolle zu Gast in Halle und trug sich in das Kondolenzbuch ein. Im Starpark starten zwei Neuansiedlungen: am 1. Juli 2016 die Firma Fiege, am 15. August 2016 die Firma Hellmann.

Nun war die Bühne frei für Halles Stadträte. Der erste Punkt, an dem sie diskutierten, betraf den geplanten Umbau des Rechtsabbiegers Franckestraße am Riebeckplatz in die Merseburger Straße. Christoph Bernstiel trat für die CDU-Fraktion ans Mikro und verteidigte den Antrag, eine zusätzliche Spur vorzusehen, um Staus vorzubeugen. Johannes Krause erklärte, an der Stelle persönlich keine Probleme zu sehen, räumte allerdings ein, dass die nachfolgenden Fahrer Schwierigkeiten haben könnten, alle Verkehrsabläufe im Blick zu behalten. Daher schlug er eine Testphase vor. Anja Krimmling-Schöffler (Die Linke) kritisierte, dass das Vorhaben der CDU teurer wäre als die Vorzugsvariante der Stadtverwaltung. Das Geld solle nicht in Asphalt gesteckt, sondern an anderen Bedarfsplätzen ausgegeben werden. Christian Feigl (Grüne) warf der CDU vor, immer gleich einzuspringen, wenn es um ein Stückchen Straße geht. Planungsdezernent Uwe Stäglin verteidigte nochmals die Position der Stadtverwaltung. Er wollte Krauses Vorschlag als Anregung mitnehmen. Bei der Gelegenheit erinnerte Stäglin daran, warum sich die Verwaltung mit der Abbiegesituation am Riebeckplatz überhaupt beschäftigt hat: Es handelt sich um einen Unfallschwerpunkt.

Die nächste Diskussion drehte sich um die Änderung des Flächennutzungsplanes für den Einzelhandel an der Delitzscher Straße. Es geht um einen neuen Baumarkt. Christian Feigl verwies darauf, dass gerade erst eine Veränderungssperre für das Gewerbebestandsgebiet Halle-Ost beschlossen wurde und nun eine Ausnahme davon gemacht werden soll. Dabei sei der Bedarf für einen weiteren Baumarktes fraglich. Die Mehrheit des Stadtrates war anderer Meinung.

Kontroversen entzündeten sich ferner am Bauvorhaben Hafenstraße. Die Stadt will dort Flutmittel verbauen, wozu der Linken kurzfristig einfiel, dass die Straße bei der Gelegenheit einen Radweg und Baumscheiben bekommen könnte. Stäglin erklärte dazu, dass erst geklärt werden müsste, ob das bauplanerisch und förderrechtlich möglich ist. „Fachlich sehe ich im Moment nicht die Erfordernis.“ Die Stadt will Parkplätze schaffen, die Linke vom Plan der Stadt einen Meter Straßenbreite wegnehmen. Denis Häder gab zu bedenken, dass eine schmalere Straße Parkplätze kostet. Bernstiel erklärte, dass wegen des nahen Stadthafens der Verkehr in der Hafenstraße künftig zunimmt. Am Ende nahmen die Linken ihren Schnellschuss wieder zurück.

Einigkeit durch alle Fraktionen ging bei der Verabschiedung des Sportprogramms der Stadt. Eric Eigendorf (SPD) stellte dazu fest: „Halle ist eine Sportstadt.“ Das machte er an der Zahl der Sportler fest. Er nutzte die Gelegenheit, um seine Sicht auf Entwicklungsschwerpunkte vorzutragen. In einen Sportverein zu gehen, soll jedem möglich sein. Die Stadt solle sich gegenüber den Sportvereinen entsprechend verhalten, damit diese nicht ihre Beiträge anheben müssten. Defizite gebe es beim Sportmarketing. Sportler könnten Botschafter der Stadt sein. Außerdem forderte Eigendorf individuelle, wohnortenahe Sportanlagen mit Blick auf die älteren Menschen. Sportdezernentin Judith Marquardt sagte unter anderem, dass Stadtmarketinggesellschaft und Stadtsportbund gemeinsam mit dem Sport für Halle werben. Mit freudigem Klopfen und großer Einigkeit beschloss der Stadtrat das Sportprogramm.

Die Mehrheit stimmte auch dafür, fünf Millionen Euro Flutmittel für die Sanierung der während des Hochwassers im Juni 2016 stark beschädigte historische Pferderennbahn zu nutzen. Dennis Helmich (Grüne) wollte den historischen Wert der Rennbahnbauten nicht bestreiten, fand jedoch fünf Millionen Euro zu viel Geld, um damit nur einige Renntage abzusichern. Er sähe gerne weitere Veranstaltungen auf der Pferderennbahn. Tatsächlich hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder alternative Veranstaltungen dort gegeben. Zu den größten Ereignissen zählten das Ballonglühen, die Highland Games von Umzugsunternehmer Sven Ebert und das farbenfrohe Holi-Fest nach dem indischen Vorbild.

Zur Kontroverse zwischen Rat und Verwaltung entwickelte sich das Thema „Kunst am Bau“. Die Verwaltung hatte das Thema aufgemacht und plante, 10.000 Euro pro Jahr in den Haushalt einzustellen. Das war den Grünen zu wenig. Ines Brock begründete einen entsprechenden Antrag für 25.000 Euro pro Jahr. Mit 10.000 Euro sei einfach kaum etwas möglich. Auf Landesebene gehe es in der Regel um 100.000 Euro. Außerdem dürfe das nicht ausgegeben Geld nicht verfallen, sondern solle ins Folgejahr mitgenommen werden. Bodo Meerheim (Die Linke) stimmte Brock zu. Die 25.000 Euro seien so viel nicht, aber die richtige Richtung. Johannes Krause (SPD) sah die Summe auch als Einstieg und Bekenntnis. An der Stelle hakte Halles Kämmerer Egbert Geier ein. Nachschläge außerhalb der Haushaltsdiskussion seien problematisch. Wenn man dem nachgebe, könne das weitere Begehrlichkeiten wecken. Meerheim widersprach. Man solle den Teufel nicht an die Wand malen. Man rede am Ende von einem Gesamthaushalt in Höhe von einer halben Milliarde Euro. Geier regierte darauf. Sein Einwand sei kein Vorwurf, sondern es gehe ihm, um eine Grundsatzfrage. Tom Wolter (Mitbürger) ließ Geiers Einwurf nicht gelten. Der erste Vorschlag sei von der Stadt gekommen und die Stadträte hätten die vorgeschlagene Summe nur auf eine sinnvolle Größe gebracht. Die Ratsmehrheit stimmte für die 25.000 Euro.

Das Künstlerhaus 188 wird nach dem erfolgreichen Protest entgegen dem ursprünglichen Vorhaben der Stadtverwaltung Halle nicht abgerissen. Im Stadtrat war nun nochmals Thema, wie es weitergehen soll. Rückwirkend zum 1. Januar 2016 soll der Verein Künstlerhaus 188 das Haus betreiben. Dafür wollte Ulrike Wünscher (CDU) in alle Haushalte bis zum Jahr 2020 jeweils 126.000 Euro zugunsten des Vereins einzustellen. Sie sprach von Mietnachlass. Christian Feigl (Grüne) widersprach der pauschalen Geldvergabe. Es sei neben dem Erhalt des Gebäudes immer auch um die inhaltliche Arbeit gegangen. Das vorliegende Papier des Vereins dazu sei kein Konzept, sondern nur eine Zustandsbeschreibung samt Handaufhalten. Feigl forderte ein solides Konzept und verwies auf den Künstlerverein Talstraße als positives Beispiel. Brock unterstrich diese Gedanken und ergänzte, dass es bedauerlich ist, wenn die Turnhalle am 188 kaum genutzt wird. Die Turnhalle könnte ganzjährig für Kunstausstellungen genutzt werden.