Krimi um Weg in Frohe Zukunft endet nach 76 Jahren

von 20. November 2016

Es geht um eine Freizeitweg zwischen Posthorn und Wickenweg. Seit 1976 ist das Stück zwischen Posthorn und Zöberitzer Straße fertig. Der Bau des zweiten Teils ist ein 76-jähriger Krimi. Mühlbach hat dazu intensiv in seinen Akten, denen seines Vaters und im Stadtarchiv recherchiert. Teile des Materials, darunter Einblicke in den Schriftwechsel, liegen Hallelife vor und so lässt sich die Geschichte rekonstruieren: Die Flurstücke, um die es jetzt geht, wurden 1940 unter Zwang von der Stadt Halle (Saale) abgekauft mit dem Ziel, die Boelckestraße (heute Dessauer Straße) aus dem Werksgelände der Siebel-Flugzeugwerke zu verbannen, um – auf Anordnung aus Berlin – eine reibungslose (und sicher auch geheime) Rüstungsproduktion zu gewährleisten. Mehrere Grundstückseigentümer mussten jeweils rund 25 Meter abgeben. Wie es in einem Schreiben der Siebel-Werke vom 7. April 1941 an Mühlbachs Vater Otto heißt, „ist mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß im Jahre 1942 Ihr Gelände an der Straße Frohe Zukunft ganz oder teilweise für unsere Werksanlagen benötigt werden wird.“ Zu DDR-Zeiten gab es nochmals Ärger, diesmal mit der Bezirksbehörde des Innenministeriums und einem Plastverarbeitungsbetrieb, der seit den 1950er Jahren immer weiter ausgebaut und wegen Lärm- und Geruchsbelästungen Gegenstand eines intensives Briefwechsels mit den zuständigen Stellen wurde.

Etliche Jahre nach dem Ende der DDR kam die Stadtverwaltung auf die Idee, den Weg zwischen Wickenweg und Zöberitzer Straße herzustellen. Mühlbach wandte sich als künftiger Grundstücksnachbar lange gegen diesen Weg. In einem Schreiben vom 19. Mai 2003 an Halles Stadtverwaltung schrieb er zur Begründung: „Ich bin gegen den Rad- und Wanderweg, weil schon mein westlicher Nachbar, die Stadt Halle als Grundstückseigentümer, nicht gerade ein angenehmer Nachbar ist.“ Grund war die Sorge vor Müll und Lärm und der ungeklärten Frage eines Grundstückszaunes. Der Pensionär schlug einen anderen Weg vor: „Wenn schon ein Weg, sollte man diesen nördlich vom Kindergarten anlegen, dann an der ehemaligen Heiztrasse Richtung Norden entlang zur Zöberitzer Straße führen, wo jetzt schon der eg zum Posthorn durch den Wald geht. Dann hätten die vielen Wanderer und Hundebesitzer, die mit dem Auto kommen, in der Dessauer Straße auch genügend Parkmöglichkeiten.“ Die Stadt entgegnete in einem Schreiben vom 4. Juli 2003, Mühlbachs Privatbesitz werde vom Bauvorhaben nicht berührt und die betroffene Flur aufgewertet, wobei keine unzumutbare Störungen zu erwarten seien. So kam der Weg 2006 in den Bebauungsplan Nr. 127 „Wohnbebauung an der Frohen Zukunft“, doch bis 2013 passierte nichts.

Nun erkundigte sich Mühlbach nach dem Weg und änderte seine Meinung dazu. Bis Anfang 2015 sammelte er 160 Unterschriften von Bürgern, die den Ausbau des Weges wollten und kündigte an, für dessen Herstellung zu sorgen und dafür sein eigenes Geld einzusetzen, weil die Stadt den Weg wollte und kein Geld dafür hatte. Im September 2015 stimmten Halles Stadträte der Spendenvereinbarung zwischen dem Rentner und der Stadtverwaltung zu, obwohl sich zwischenzeitlich auch etliche (neue) Gegner des Weges zu Wort gemeldet hatten und sich um die Sicherheit in ihrem bisher ruhigen Wohngebiet sorgten. Im Sommer 2016 begann der Bau der sandgeschlämmten Trasse. Im Amtsblatt vom 9. November 2016 bezeichnete Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand Mühlbachs Einsatz als „ungewöhnliches und beeindruckendes Beispiel bürgerschaftlichen Engagements“. Er möchte das Beispiel jedoch als Ausnahme sehen, da der Straßenbau eine öffentliche Aufgabe ist und bleiben soll.