Künstliches Hüftgelenk für hallesche Tigerdame

von 27. Januar 2011

So etwas hat zuvor noch niemand probiert. Weltweit erstmals ist in der Klinik für Kleintiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig einem Tiger ein künstliches Hüftgelenk implantiert worden. Die acht Jahre alte Raubkatze "Girl" aus dem Bergzoo in Halle (Saale) litt nach Angaben von PD Dr. Peter Böttcher am rechten Hüftgelenk unter Arthrose. Böttcher war einer der fünf Spezialisten, die dem Tiger am Sonntag in einer dreistündigen Operation ein speziell angefertigtes Hüftgelenk eingesetzt haben.

Doch ganz ohne Komplikationen verlief die Operation nicht. Fast hätte „Girl“ einen Herzstillstand erlitten. Mittlerweile gehe es der Tigerdame den Umständen entsprechend gut. "Wir sind zufrieden", sagte Dr. Böttcher. Anästhesie-Professorin Michaele Alef, die neben ihm die Operation geleitet hat, habe den Zustand des Tieres während des Eingriffes wieder stabilisiert. Unmittelbar nach der Operation wurde die Malaysische Tigerin in ihr bekanntes Umfeld im Zoo zurück gebracht. Dort befindet sie sich jetzt in einem separaten Innengehege, das die Besucher nicht einsehen können. Diese Ruhe ist dem Fachmann zufolge notwendig, um ein gefährliches Ausrenken des künstlichen Hüftgelenkes zu verhindern. Dies sei die größte Gefahr in den ersten sechs Wochen nach der Operation. Danach stünden für den Tiger die Chancen gut, bis zu seinem Tod mit der künstlichen Hüfte zu leben. Die Raubkatzen haben eine Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren. Ausgangspunkt für die Operation war eine schmerzhafte Lahmheit, an der "Girl" seit dem Frühling des letzten Jahres litt. Der Malaysische Tiger zählt zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten. Weltweit leben in der freien Wildbahn nur noch 500 Tiere. Das war ein weiterer Grund, "Girl" zu operieren.

Die Hüftgelenk-Endoprothese, die der Malaysischen Tigerin eingesetzt wurde, sei bisher nur Hunden implantiert worden, für die sie von Prof. Pierre Montavon von der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma Kyon entwickelt wurde. "Mir ist weltweit kein anderer Fall bekannt, bei dem einem Tiger ein künstliches Hüftgelenk implantiert wurde", berichtete Dr. Böttcher. Kyon habe speziell für "Girl" eine passende Prothese gefertigt und kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch der italienische Kleintierspezialist Dr. Aldo Vezzoni, der weltweit über die größten Erfahrungen mit dem Einsatz dieser speziellen Prothesenart bei Hunden verfügt, sei ohne Honorar zur OP nach Leipzig geflogen, um seine Kollegen bei dem Eingriff zu unterstützen. Dem Zoo in Halle, mit dem die Kleintierklinik der Universität seit Jahren zusammenarbeitet, seien daher durch diese aufwendige Operation keine größeren Kosten entstanden.

Seit einigen Jahren wird die Kyon Hüft-Endoprothese auch beim Menschen eingesetzt. "Der Hund war in dem Fall Vorreiter für den Menschen", erklärte Dr. Böttcher. Die Hüft-Endoprothese der Firma Kyon ist Dr. Böttcher zufolge eine sehr spezielle Prothese, da das Pfannenimplantat eine doppelte Titanummantelung für eine bessere Knochenintegration hat. Zudem ermöglicht ein spezielles Design von Kopf und Pfanne einen reduzierten Materialverschleiß, so dass diese Prothese deutlich länger halte als andere.