Mai-Nelken und Kandidaten-Schaulaufen

von 1. Mai 2012

 Bei schönem Frühsommerwetter kamen am Dienstag hunderte Hallenser zur traditionellen Maifeier der Gewerkschaften auf den halleschen Marktplatz. Im Mittelpunkt stand dabei vor allem die gerechte Bezahlung. „Wir brauchen einen Mindestlohn von 8.50 Euro“, sagte DGB-Regionalchef Johannes Krause. Denn 9.000 Hallenser verdienen so wenig, dass sie als sogenannte Aufstocker noch zusätzliche Leistungen vom Amt benötigen. 45 Prozent der Hallenser meinen laut Krause, nicht angemessen bezahlt zu werden. 26 Prozent hätten Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Daneben sei die Zahl der Leiharbeiter um 37 Prozent gestiegen. Der DGB-Vorsitzende forderte deshalb eine „neue Ordnung der Arbeit.“ Unter anderem brauche es eine Begrenzung der Leiharbeit auf maximal 24 Monate sowie „gleiches Geld für gleiche Arbeit.“ Nötig sei außerdem ein Sofortprogramm gegen die drohende Altersarmut. Denn Menschen, die heute wenig verdienen, bekommen später auch wenig Rente.  Die oftmals geringen Löhne seien eines Landes wie Deutschland nicht würdig, meinte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados, die unter vereinzelten Buh-Rufen die Bühne betreten hatte. Auch sie schloss sich Krauses Forderung nach einem Mindestlohn an. Der sei auch mit Blick auf die Stadtkasse nötig. Schließlich gebe Halle im Jahr 75 Millionen Euro für die Kosten der Unterkunft aus. Wichtig sei es deshalb für eine bessere Zukunft auch auf Bildung zu setzen und Kitas und Schulen zu sanieren. Zwischendrin äußerte Szabados noch die Hoffnung auf eine Haushaltsgenehmigung, forderte ein NPD-Verbot und rief die Hallenser auf, zur OB-Wahl zu gehen.  Im Anschluss gehörte die Bühne den bisher bekannten Wahlkandidaten. Gekommen waren sie, bis auf den Piraten Christian Kunze, alle.  Die erste Frage gehörte Bernhard Bönisch (CDU), der sich zur Auftragsvergabe äußern sollte. Transparent solle sie sein, und wenn möglich und gesetzlich möglich, vorrangig in die Region gehen. Bönisch verwies auf das in der Diskussion befindliche Vergabegesetz. Kay Senius (SPD) äußerte sich zur Zukunft der Kommunalbetriebe. Diese wolle er keinesfalls verkaufen, meinte er. Eventuell könne man die Unternehmen noch stärker mit der Stadt zusammentun, damit die Verwaltung von der Professionalität im kaufmännischen Bereich profitieren kann. Angesichts der Haushaltskonsolidierungsbeiträge für die Stadt sagte Senius, die Unternehmen müssten auch ihre Investitionsfähigkeit erhalten. Zu dem Vorwurf „öffentlicher Dienst = faule Haut“ sollte sich Swen Knöchel (Linke) äußern. Von solchen Unterstellungen halte er nichts. Knöchel sprach sich dafür aus, die Verwaltung zukunftssicher aufzustellen, Energien bei den Beschäftigten zu beben. Dem Thema Kassensturz widmete sich Bernd Wiegand (Parteilos). „Wir müssen unser Vermögen bewerten, damit wir wissen wie viele Schulden wir haben.“ Zu einem grünen Thema, der autoarmen Zukunft, sollte sich Oliver Paulsen (Grüne) äußern. Dies mache Lebensqualität aus, sagte er. Die Innenstadt werde attraktiver, lade ohne Autolärm und Abgase zu einem längeren Verweilen ein. Dazu noch einige Bäume auf dem Markt, so Paulsen.  In der zweiten Fragerunde ging es für Kay Senius um den demografischen Wandel. Eine Chance, hier gegenzuwirken, seien die 20.000 Studenten. Denen müsse man die Möglichkeiten aufzeigen, hier zu bleiben. So gebe es ein gutes Kita-Angebot, Karriere und Kind seien dadurch zeitgleich möglich. Für die Lebensälteren solle man in Begegnungsstätten und einen guten ÖPNV investieren. Zum Thema Rechtsextremismus sollte sich Bernhard Bönisch äußern. Hier habe Halle bereits gute Strukturen, wie das Programm „Halle gegen Rechts“. Es gelte die Demokratie zu stärken. „Das Vertrauen in die Politik muss wieder wachsen“, so Bönisch. Wichtig sei es auch, alle Bürger mitzunehmen. Das sei „die beste Prophylaxe gegen Spinner von dieser Seite.“ Personen mit Ideen wolle er nach Halle holen, hatte Bernd Wiegand in der Vergangenheit gesagt. Nun wollte Moderator Lothar Philipp wissen, was dies genau zu bedeuten hat. „Wir müssen die Wirtschaft stärken. Und das geht nur mit Personen, die kreativ sind.“ Wiegand sagte, diese Ideen dürften nicht behindert werden. Es gelte, in der Verwaltung Prozesse zu beschleunigen. Zu „Köpfe statt Beton“ hatte sich Oliver Paulsen zu äußern. Bislang sei irrsinnig viel Geld in absurde Projekte wie den Hafen oder den Star Park geflossen. Demgegenüber gebe es noch zahlreiche unsanierte Schulen mit schlechten Sanitäranlagen. „Wir müssen jungen Menschen und Familien eine Perspektive geben.“ Das gehe durch gute Bildungseinrichtungen. Immer wieder hatte die bisherige Stadtverwaltung auf Eingemeindungen gepocht. Für Swen Knöchel kein Thema. Stattdessen müsse man in größeren Regionen denken und schauen, wie man von Umland profitieren könne. Verwaltung umkrempeln, das ist ein Thema für Bernd Wiegand. Neue Ideen sollten möglich sein. „Halle kann“, so heißt der Slogan von Oliver Paulsen. Den hatte er zwischenzeitlich – wegen der Panne um den Wahltermin – in Halle kann es nicht – geändert. Halle habe Potential, was man mehr nutzen müsse, sagte er. Er sprach sich für Verlässlichkeit und Transparenz aus. Beispiele seien die Vorgänge um die Franzigmark und die Jägerplatzschule. Von der oberen Leipziger Straße als Einkaufsstandort verabschieden, das hatte Swen Knöchel gesagt. Und verteidigte diese Meinung noch einmal in der Fragerunde. Eine Mischung aus Leben, Arbeiten und Wohnen sei hier sinnvoll, erklärte Knöchel, der selbst dort lebt. Zur prekären Beschäftigung wurde Bernhard Bönsich befragt. Eine Chance zur Verbesserung seien die kommunalen Betriebe, die viele Aufträge an kleine lokale Betriebe vergeben. Daneben gelte es die Wirtschaft zu stärken, daneben müssen Neuansiedlungen gelingen. Anschließend wurde Kay Senius zum Stichwort Arbeitsmarkt befragt. „Starke Wirtschaft und gute Arbeit gehören zusammen“, sagte er. Man müsse mehr in Bildung investieren und sich darum kümmern, dass Leute in Hartz IV schnell wieder einen neuen Job bekommen.  Und warum soll man bei den Kandidaten nun ihr Kreuzchen machen? Halle habe zwei SPD-Oberbürgermeisterinnen gehabt, die SPD sei zeitgleich an der Landesregierung beteiligt, so Swen Knöchel. Trotzdem habe man in Magdeburg keine hallesche Stimme gehört. Ähnlich verhalte es sich beim CDU-Landtagsabgeordneten Bernhard Bönisch. Die Linke stünde dagegen für die Verbindung von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit. Er selbst habe außerdem Erfahrung in Politik und Verwaltung, so Knöchel.  „Ich stehe für eine neue und grüne Politik“, sagte Oliver Paulsen. Er wolle verstärkt in die Menschen und die Qualität der Stadt investieren. Auch ein ökologischer Umbau sei nötig. „Ich kann der Stadt den größtmöglichen Nutzen anbieten“, meinte Bernd Wiegand. Er sei schließlich der einzige parteilose Kandidat. Er sei in der Lage, dem Stadtrat neutrale und von Parteiinteressen unabhängige Vorschläge zu unterbreiten. Er wolle sich für eine leistungsstarke und selbstbewusste Stadt einsetzen. Bernhard Bönisch sagte, „das Geld was wir ausgeben wollen müssen wir erst einmal verdienen.“ Er wolle die Wirtschaft stärken und sich für eine effektive Sozialpolitik einsetzen. Wichtige Themen seien auch Ordnung und Sicherheit.  „Halle ist meine Wahlheimat“, sagte Kay Senius. Er wolle sich mit seiner Kompetenz in Wirtschaft, Arbeit und Verwaltungswissen einbringen.