Marode Häuser: Stadt will aktiver werden

von 8. Juni 2010

Die bröckelnden Häuser der letzten Monate beschäftigen viele Hallenser. Erst am Sonntag und Montag waren zwei Häuser wieder teilweise zusammengefallen. Nachdem die ersten Einstürze auf den harten Winter mit viel Schnee zurückzuführen waren, macht Baudezernent Thomas Pohlack die starken Regenfälle der letzten Tage verantwortlich. Dadurch hätte unkontrolliert Wasser durch marode Dächer in die Häuser eindringen können.

Das Bürgerforum am Dienstag auf der Kulturinsel nutzen Hallenser nun dazu, sich über den Zustand der Häuser zu beklagen. Ein Mann verlangte ein energischeres Vorgehen der Stadt, zum Beispiel durch Regelungen in der Bauleitplanung und durch Erhaltungsverpflichtungen. Im Bauordnungsamt habe man zwar eine konkrete Übersicht über gefährdete Objekte, so Pohlack. Doch handele es sich zumeist um Privatgrundstücke, oft gebe es mit den Eigentümern komplizierte Auseinandersetzungen. Der Stadt seien die Hände gebunden.

Tatsächlich? Christian Feigl vom Arbeitskreis Innenstadt wies HalleForum.de auf die bereits bestehenden Möglichkeiten hin. Das Baugesetzbuch halte die Möglichkeit der Enteignung mit dem § 177 "Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot" bereits vor. “Da die Kommune den Eigentümer dann aber für potentielle entgangene wirtschaftliche Verwertung der Immobilie entschädigen und die Instandhaltung selbst durchführen müsste, scheuen diese sich fast immer vor dem Schritt”, meint Feigl.

Auch Baudezernent Pohlack bestätigt Enteignungsmöglichkeiten. Die aber würden sich nicht als praktikabel erweisen, weil sich die Rechtsstreitigkeiten oft über zehn Jahre hinziehen würden. Die Stadt sei zudem nicht in der Lage, sich umfassend um alle maroden Gebäude zu kümmern. Deshalb bleibe es auch weiterhin nur bei Sicherungsmaßnahmen. “Das ist eine Situation”, die auch uns nicht befriedigt, meint Pohlack. Zumal die Stadt auch von diesen Geldern kaum etwas wieder sieht. 170.000 Euro seien in diesem Jahr im Haushalt für so genannte Ersatzvornahmen eingeplant, sagte Pohlack auf Nachfrage von HalleForum.de. Fraglich ist angesichts der Ereignisse in diesem Jahr, ob das ausreicht. “Wenn mehr nötig ist, werden wir auch mehr Geld bereitstellen”, erklärte Pohlack.

Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados will nun im Rathaus eine Expertentruppe zusammentrommeln. “Wir setzen uns noch mal zusammen”, sagte sie. “Der Artikel Eigentum verpflichtet aus dem Grundgesetz ist so gut wie nicht umsetzbar. Erstmal zählt vor allem das Eigentum”, beklagte das Stadtoberhaupt. Auch ihr gehe es gegen den Strich, wenn Stadtbild prägende Häuser verfallen. “Wir machen etwas, wenn Gefahr in Verzug ist”, sagte Szabados. Gehe man darüber hinaus, stehe man als Stadt selbst am Pranger. Da müsse man sich vom Landesrechnungshof Fragen gefallen lassen, warum öffentliche Mittel in dieses oder jenes private Gebäude geflossen seien. Szabados will nun das Bauordnungsamt auffordern, druckvollere Briefe an säumige Eigentümer schon eher rauszuschicken, um sie so zur Sanierung oder zumindest Schadensbeseitigung aufzufordern.

Das letzte Haus war am Montagmittag in der Franz-Schubert-Straße eingefallen. “Der Eigentümer ist auf der Flucht und nicht in Deutschland”, so Pohlack. Man stehe aber mit dem Bruder des Eigentümers im Kontakt. Dieser habe bis Mitte des Monats Zeit, die übrigens einsturzgefährdeten Gauben zu entfernen. “Wenn er es nicht macht, wird es eine Ersatzvornahme geben”, sagte Pohlack. Die Stadt wird also die Abrisskosten also erst einmal übernehmen. “Dann ist aber die große Frage: Bekommen wir unser Geld zurück?”