MDR-Fernsehballett tanzt für Diktator

von 17. Oktober 2011

Der Mitteldeutsche Rundfunk kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nach Stasi-Vorwürfen, Verlusten bei Finanzspekulationen, Veruntreuungen beim Kinderkanal und Betrügereien wurde nun bekannt, dass sechs Tänzerinnen des MDR-Fernsehballetts zum 35. Geburtstag des tschetschenischen Diktators Ramsan Achmatowitsch Kadyrow aufgetreten sind. 20 Minuten dauerte die Show für den Despoten in Grosny.

Beim MDR selbst bedauert man den Vorfall. "Dieser Auftritt hat dem Ballett, seinen Gesellschaftern und dem MDR in der Öffentlichkeit großen Schaden zugefügt", heißt es in einer Erklärung. Das Fernsehballett selbst sei eine eigenständige Firma. Die MDR-Tochter Drefa Media Holding ist mit 40 Prozent beteiligt. Hinzu kommen Beteiligungen PR Video (hundertprozentige Tochter der Provobis, die unter anderem für ARD, ZDF und MDR Dokumentationen und Fernsehserien herstellt), Berkovics Promotion & Show Service GmbH, die Deutsche Künstleragentur & Berkovics Promotion GmbH sowie der Fernsehballettverein. "Das Management sowie die Tänzerinnen und Tänzer sind damit keine Angestellten des aus Rundfunkgebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das MDR Deutsches Fernsehballett ist grundsätzlich mit ihren künstlerischen Leistungen frei am Markt tätig und absolviert dabei auch Auftritte für Fernsehproduktionen des MDR", macht der Mitteldeutsche Rundfunk in seiner Erklärung deutlich. Für den Auftritt sei "ein marktübliches Honorar im mittleren vierstelligen Bereich" gezahlt worden.

Man habe die Drefa aufgefordert, im Rahmen einer kurzfristig anzusetzenden Gesellschafterversammlung des Fernsehballetts die Angelegenheit aufzurufen und Konsequenzen zu beraten. Der MDR werde darauf hinwirken, dass die Geschäftsführung des Fernsehballetts bei Auftrittsanfragen künftig intensiver prüft, um welche Art von Veranstaltung es sich handelt und wer letztlich der Veranstalter ist.

„Als Miteigentümer der privatisierten Holding ,Deutsches Fernsehballett des MDR' trägt der Mitteldeutsche Rundfunk Mitverantwortung auch für deren Geschäftstätigkeit. Diktatoren die Aufwartung zu machen, darf kein Geschäftsmodell für den MDR sein", kritisiert der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete der Grünen, Sebastian Striegel. "Kadyrow ist als Diktator in Tschetschenien verantwortlich für Verschleppungen, Folterungen, Vergewaltigungen und andere Menschenrechtsverletzungen. Er kann kein Partner für den öffentlich-rechtlichen MDR sein“, so Striegel weiter. Er hoffe, dass mit der anstehenden Berufung eines neuen Intendanten eine Person im Sender Verantwortung übernimmt, die dem betriebswirtschaftlichen Controlling beim MDR endlich eine Bedeutung verleiht, ähnlich der des Landesrechnungshofes in der Politik. Striegel: „Ich erwarte neben einem Ende der Misswirtschaft und von Skandalen, dass ein/e neue/r IntendantIn auch das Selbstverständnis des Senders demokratisch, transparent und unabhängig ausbuchstabieren wird!“