“Mehr miteinander statt übereinander reden”

von 21. April 2010

Die Zukunft der Straßenbahnlinie 5, eine engere Zusammenarbeit der Volkshochschule, das Radwegenetz sowie die Schulplanung und die Zusammenarbeiten im wirtschaftlichen und touristischen Bereich waren am Mittwoch Thema einer gemeinsamen Ausschusssitzung von Hauptausschuss des Stadtrates von Halle und Kreistagsausschuss des Saalekreises. HalleForum.de war bei der Sitzung auf der Burg in Querfurt dabei und berichtet an dieser Stelle detaillierter.

Schulplanung
Gymnasiasten aus Angersdorf müssen nach Merseburg, obwohl es ein Gymnasium fast in Sichtweite in Halle-Neustadt gibt. Nur ein Beispiel, was in der Schulplanung derzeit falsch läuft. Jeder Kreis kocht sein eigenes Süppchen, Halle und der Saalekreis schauen bei ihrer Planung jeweils nicht, was der andere macht. Das soll sich ändern. “Wir müssen die Schulentwicklungsplanung enger miteinander verzahnen”, so Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados gegenüber HalleForum.de. Gestartet wird zunächst mit den Berufsschulen. Hier solle es demnächst eine Vereinbarung zwischen den Kreisen Mansfeld-Südharz, Burgenlandkreis, Saalekreis und der Stadt Halle geben. Mit dem Land sei das schon besprochen, es müssten noch einige Detailfragen geklärt werden. So sollen sich die einzelnen Berufsschulen künftig Schwerpunkte setzen. “Die Qualität wird besser, weil jeder das macht was er kann”, befand Saalekreis-Landrat Frank Bannert. Die einzelnen Angebote der jeweiligen Schulen werden gestrafft. Schulen werden geschlossen, darunter unter anderem die Berufsschule in Heide-Nord, so Szabados. Die Oberbürgermeisterin wies auch noch einmal darauf hin, dass das Land eine falsche Gebietspolitik betreibt. Das Wort “Eingemeindungen” sprach sie dabei aber nicht aus. Stattdessen konnten sich Bannert und Szabados durchaus einen gemeinsamen großen südlichen Regionalkreis vorstellen. “Die Stadt Rom hat so viele Einwohner wie Sachsen-Anhalt, ist so groß wie der Saalekreis und hat nur einen Bürgermeister. Wir leisten uns eine Landesregierung”, bemängelte Bannert den großen Verwaltungskopf. Hallesche Schüler könnten laut Szabados künftig das Schullandheim des Saalekreises in Anspruch nehmen. Dafür habe sich der Kreis bereit erklärt, die Ökoschule in der Franzigmark mit zu nutzen.

Volkshochschule
Für heftige Diskussionen sorgte die geplante Kooperation der beiden Volkshochschulen. Die lehnen die Stadt- und Kreisräte zwar nicht ab, aber sie wollen beteiligt werden. “Ich bin der Meinung, das liegt in der Zuständigkeit des Rates”, sagte Tom Wolter von den Mitbürgern. “Ein Beschluss ist notwendig. Ich bin da nicht kleingeistig.“ Ähnlich sah dies Kreisrätin Angelika Hunger (Linke). Banner und Szabados waren da ganz anderer Meinung. Sie sagten nach der Sitzung im Gespräch mit HalleForum.de: “Man kann mit 30 Leuten keinen Vertrag schließen” (Bannert), “wir schließen einen Verwaltungsantrag zur Zusammenarbeit ab. Es ist keine Fusion, da hätte der Rat durchaus Entscheidungsgewalt” (Szabados). Zudem seien die Beiräte beider Einrichtungen beteiligt gewesen. “Wir sollten keinen Streit über formale Fragen führen”, so die Oberbürgermeisterin. Wenn etwas nicht zielführend sei, könne man dies mit dem Verwaltungsvertrag schnell ändern. Bei einem Stadtratsbeschluss sei das laut Szabados viel schwieriger. Nach Bannert würde den Räten ohnehin nur wenig zusätzliches einfallen, was in den Vertrag hinein müsste. Am 27. April soll nun der gemeinsame Vertrag unterschrieben werden. “Wenn es erst durch Rat und Kreistag muss, wird es vor der Sommerpause nichts”, so Bannert.

Doch was ist überhaupt vorgesehen? Die Gebühren- und Honorarsätze sollen angeglichen werden. Zudem will man die Kursangebote aufeinander abstimmen, damit nicht beide Volkshochschulen zeitgleich ähnliche Kurse anbieten und sich dadurch gegenseitig Kunden wegnehmen. Die Auslastung der Kurse kann so verbessert werden. Außerdem wird die Verwaltung der halleschen und der Saalekreis-Volkshochschule künftig in der Oleariusstraße sitzen, wo die VHS Halle hinziehen wird. Auch die Entwicklung gemeinsamer Projekte ist denkbar. Bereits jetzt gibt es eine gemeinsame Koordinatorin für beide Schulen. “Wir werden den Bestellungsvertrag rückwirkend zum 1. Januar schließen”, so Bannert. Und Halles Bildungsdezernent Tobias Kogge erklärte, “Zwei Organisationseinheiten die bisher nebeneinander arbeiteten, arbeiten künftig miteinander.” Die Zusammenarbeit bedeute auch eine höhere Sicherheit für beide Einrichtungen.

Straßenbahnlinie 5
Seit Jahren wird über die Zukunft der Überlandlinie 5 zwischen Halle und Bad Dürrenberg diskutiert. Doch wie es tatsächlich für die Straßenbahnverbindung weitergeht, ist weiterhin unklar. “Ich halte die Verbindung in die Region mit der Straßenbahn für wichtig”, sagte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados im Nachgang der Sitzung. Während der Sitzung hatte das Stadtoberhaupt deutlich gemacht, dass die Stadt nicht länger gewillt ist, die Kosten für die Verbindung zu zahlen. Insgesamt sind für den Betrieb drei Millionen Euro im Jahr notwendig. Eine Million Euro stammt von der HAVAG aus Fahrkarteneinnahmen, 1,3 Millionen Euro zahlt der Saalekreis und 700.000 Euro die Stadt. “Wir können das nicht länger verantworten”, so Szabados. Entweder beteilige sich das Land an der Finanzierung oder der Saalekreis müsse die Strecke komplett übernehmen. “Es muss eine Entscheidung her.”

Untätig war Szabados nicht. Es habe Gespräche mit dem Land gegeben. Diese erkenne aber die überregionale Bedeutung nicht an, weise zudem auf den Parallelverkehr der Zugstrecke hin. “Wir müssen gemeinsam mit dem Saalekreis einen Vorstoß beim Land machen”, regte Szabados an. Zudem könne man bei der Straßenbahn zusätzlich die Verbindung nach Bad Dürrenberg herausstellen.

Zuvor hatte sich ein Verwaltungsmitarbeiter des Saalekreis zur Problematik geäußert. Die Linie habe noch nicht den Stellenwert, den sie haben sollte. Man verstehe, dass die Stadt angesichts ihrer Haushaltssituation nicht länger zahlen wolle. “Deshalb haben wir im Kreistag auch den Zuschuss um 300.000 Euro als Zeichen erhöht.” Nach Angaben des Saalekreises müsse eine Grundsatzentscheidung zur Linie 5 fallen. Denn es stünden einige Investitionen an, die für einen Weiterbetrieb notwendig sind. So muss der Bereich an der “Weißen Mauer” in Merseburg erneuert werden. Kostenpunkt: fünf Millionen Euro. In Leuna müssten zudem acht Maste versetzt werden, was weitere Kosten von 100.000 Euro bedingt.

Radwege
Thematisiert wurde auch der Zustand der Radwege. Sie habe die Radwege schon lange im Blick, so Szabados. Bereits 1998 sei ihr der schlechte Zustand des Saaleradwanderweges bei Planena und Röpzig aufgefallen. Dieser werde jetzt endlich instand gesetzt. “Damit er auch als guter Radweg wahrgenommen wird. Der jetzige Zustand führt zu einem Renommee-Schaden”, so Szabados. Sie wies darauf hin, dass in Schkopau der Radweg nicht ausgeschildert sei. Hier ist aber offenbar eine Besserung in Sicht. Die Stadt Halle selbst will in diesem Jahr die Radwege bei Döllnitz und Osendorf in Angriff nehmen. Außerdem schwebt Szabados vor, einen eigenen Elsteradweg von Lochau bis Osendorf zu ziehen, möglicherweise als Arbeitsmarktprojekt. “Diese Landschaft müssen wir zeigen und vermarkten.” CDU-Stadtrat Bernhard Bönisch regte in Richtung Saalekreis an, doch den Radweg bei Queis zu verlängern. Die Stadt habe diesen bis zur Stadtgrenze ausgebaut. “Danach ist Schluss.” Laut Dietmar Weihrich (Grüne) gibt es in der gesamten Region beim Radverkehr einen enormen Handlungsbedarf. “Das ist ein riesiges Potential, was uns verloren geht.” Die Verwaltungen sollten sich einmal ein Beispiel an Hessen nehmen. Wünsche kann man freilich viele äußern. “Aber wir müssen auch gucken, was finanziell machbar ist”, so Bannert.

Fazit
Am Ende unterzeichneten Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados und Saalekreis-Landrat Frank Bannert noch eine gemeinsame Erklärung zu einer engeren Zusammenarbeit, unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Bildung und Nahverkehr. “Es war eine schöne Atmosphäre”, so Szabados, die anregte, solche Treffen künftig einmal im Jahr stattfinden zu lassen. “Wir müssen mehr miteinander statt übereinander reden.”