Millionen für ein Science Center

von 7. März 2009

(ens) Bereits mehrfach hat HalleForum.de in der Vergangenheit über das geplante Projekt „Science Center“ auf der Saline-Insel berichtet. Nun nehmen die Planungen langsam konkretere Formen an. In einem Werkstattgespräch hat sich am Freitag eine Arbeitsgruppe in der historischen Großsiedehalle des Salinemuseums getroffen, um über die Möglichkeiten der Umsetzbarkeit zu sprechen. Neben den Beigeordneten Tobias Kogge (Kultur und Bildung), Thomas Pohlack (Planen und Bauen), Wolfram Neumann (Wirtschaft) und Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados von Verwaltungsseite waren auch Vertreter der Stadtwerke, der Reha-Flex-Klinik, den Halloren, der Jugendwerkstatt Frohe Zukunft, den Franckeschen Stiftungen, He-Lü als neuer Karstadtkaufhaus-Eigentümer und des Stadtmarketing bei dem Treffen mit dabei. Moderiert wurde die Zusammenkunft von Dr. Michael Schädlich, Geschäftsführer isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung.

Im Anschluss informierten die Teilnehmer die Presse über die Ergebnisse des Treffens. Doch wirkliche Neuheiten waren nicht zu erfahren. Einen genauen Termin für die Fertigstellung konnte Oberbürgermeisterin Szabados ebenso wenig nennen wie eine konkrete Gestaltung. Das seien nun die nächsten Schritte. In dem Arbeitstreffen sei es zunächst einmal darum gegangen, Ideen für das Zentrum zu finden. Nun gelte es, die politische Ebene mit Stadtrat und Landesregierung mit einzubeziehen und von der Wichtigkeit dieser „Investition in die Zukunft„ zu überzeugen. Der Rat soll das Projekt abnicken, die Landesregierung möglichst finanziell unterstützen. Szabados hat dabei das Konjunkturpaket II der Bundesregierung ins Auge gefasst. Weil die Bundesregierung damit vor allem den Bildungssektor stärken will, sieht das Stadtoberhaupt gute Voraussetzungen für eine Genehmigung – will die Regierung doch mit Hilfe ihres Pakets vor allem den Bildungssektor stärken.

Szabados unterstrich noch einmal die ihrer Meinung nach vorhandene Notwendigkeit für “das einzige Science Center in ganz Ostdeutschland“. Es gebe zu viele Jugendliche ohne Schulabschluss (Studien sprechen von rund 15 Prozent, an einigen Schulen sogar ein Viertel aller Schüler), auf der anderen Seite aber auch zu wenig Jugendliche, die sich für die Naturwissenschaften interessieren. Mit dem Science Center sollen Halles Kinder und Jugendliche nun mit interaktiven Exponaten hinter dem Ofen vorgeholt werden. Erlebnispädagogik ohne erhobenen Zeigefinger verspricht die hallesche OBin. “Wir wollen kein Schaukastenmuseum, sondern etwas wo man mitmacht.” Mitmachen könnte man zum Beispiel in einem Experimentierlabor, in dem die Naturgesetze durch die Exponate hautnah erfahren werden können und bei denen auf spielerische Weise die neue Technik wie die Energieumwandlung oder die Funktionsweise von Solarzellen erklärt werden. Durch Mitmachen sollen die Besucher der Schau, die sich an jung und alt richtet, auch den Arbeitsalltag der Vergangenheit erlebbar machen. Zum Beispiel in den damals üblichen Trachten Salz auf einen Kaffenkahn verladen, wie die Oberbürgermeisterin vorschlug. Doch wichtig müsse am Ende auch sein, dass es Spaß macht. “Wir wollen nicht, dass der Besucher hinausgeht mit dem Eindruck, dass jemand anders cleverer ist als er selbst”, zitierte Szabados den amerikanischen Physiker Frank Oppenheimer, der 1969 mit dem „Exploratorium“ in San Francisco den Grundstein für die Science Center legte.

Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann sieht auch wirtschaftliche Vorteile. So gehe es mit dem Zentrum vor allem um die Frage, wie man junge Leute für Technik begeistern kann, “die wir später für einen Arbeitsplatz in der Industrie begeistern können.”

Stadtmarketing-Chef Stefan Voß hat bereits eine gewisse Erfahrung mit einem Science Center, sorgt doch Wolfsburg – wo Voß ebenfalls Stadtmarketingleiter war – mit seinem Phäno überregional für Schlagzeilen. Doch für Voß ist die Wolfsburger Ausgabe nicht authentisch genug. Halle hingegen könnte mit dem Standort Saline und der Verknüpfung von alter Tradition und moderner Wissenschaft etwas einzigartiges schaffen. Erlebnispädagogik wünscht sich der Stadtmarketing-Chef statt einem Science Center wie in anderen Städten, die eher einem Museum gleichen. “Ich will Kinderaugen leuchten sehen.” Halle müsse dabei nicht einmal großartige neues schaffen. “Wir bauen hier auf ein echtes Fundament auf”, sagte Voß.

Bevor aber interaktive Exponate auf die Saline-Insel locken können, muss zunächst einmal jede Menge Geld in das gut 6000 Quadratmeter große Gelände fließen. Die vorhandene Bausubstanz sei zwar für ein solches Zentrum gut geeignet, erklärte Baudezernent Pohlack, doch müssten einige Gebäude zunächst wieder hergerichtet werden. Auf fünf bis sechs Millionen Euro schätzt Pohlack den Sanierungsbedarf, die gleiche Summe ist noch einmal für die Einrichtung der Ausstellung nötig. Am dringlichsten ist dabei die Sicherung des alten Saalhorn-Magazins. Die Sicherung des fast 200 Jahre alten Fachwerkbaus, der bis 1994 als Lagerraum genutzt wurde, soll noch in diesem Jahr beginnen. Pläne, die Steffen Kohlert, Vorsteher der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle, nur begrüßen konnte. “Wir sind dankbar, dass es innovative Ideen gefunden worden. Bisher hat alles stagniert.”

Bleibt nur noch die Frage, wer das Zentrum am Ende betreiben soll. Szabados erneuerte dabei ihren Wunsch, dass die Halloren sich im dem Science Center mit einbringen (HalleForum.de berichtete darüber bereits). Einen Wunsch, den der Salzwirker-Vorsteher Kohlert nicht ausschlagen konnte. “Wir sind in einem aktiven Denk- und Beratungsprozess”, so Kohlert, “wir stellen uns diese Frage sehr aktiv.” Doch alleingelassen werden sollen die Salzwirker anschließend mit dem Zentrum nicht, Szabados will einen ähnlichen Fall wie bei der Eissporthalle verhindern. Sie könne sich einen guten Betriebskostenzuschuss vorstellen, sagte das Stadtoberhaupt.

Unterstützung sollen die Halloren zudem von halleschen Forschungseinrichtungen wie dem Max-Planck- und dem Fraunhofer-Institut bekommen. Und auch die Wirtschaft soll aktiv mit einbezogen werden. “Wir werden in den nächsten vier bis sechs Wochen Firmen einladen”, so Szabados. Erste Kontakte stünden bereits. Und erste konkrete Angebote liegen auch bereits vor. So will sich VNG mit bis zu 800.000 Euro an dem Projekt beteiligen. Und auch der Chemiekonzern DOW, der bereits vor zwei Jahren mit einer Spende von einer halben Million Euro die Großsiedehalle sanieren half, ist nicht abgeneigt. Daneben will Szabados auch die Landräte der umliegenden Kreise begeistern, eine gemeinsame Beratung dazu solle in den nächsten Wochen stattfinden.