Mitarbeiter eines Ladens muss Dieb Schmerzensgeld zahlen

von 18. November 2016

Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Beklagte dem Kläger zwei Faustschläge in das Gesicht versetzt hat, wodurch der Kläger einen Nasenbeinbruch und ein Schädelhirntrauma erlitten habe. Dem Beklagten habe zwar grundsätzlich ein Notwehrrecht gemäß § 227 BGB zugestanden, weil der Kläger, den er in Verdacht gehabt habe, Schallplatten in Diebstahlsabsicht in seine Umhängetasche gesteckt zu haben, versucht habe das Geschäft zu verlassen und sich geweigert habe, mit der vermeintlichen Diebesbeute im Geschäft zu verbleiben. Der darin liegende rechtswidrige Angriff auf das Eigentum des Beklagten hätte es jedoch nicht erfordert, diesen in der geschehenen Form durch 2 Faustschläge in das Gesicht zu verletzen. Ausreichend wäre gewesen, diesen trotz seines Drängelns, das Geschäft zu verlassen, weiterhin lediglich festzuhalten und weitere im Geschäft anwesende Personen um Hilfe zu bitten.

Insbesondere auf Grund einer Zeugenaussage sah es die Richterin als erwiesen an, dass der Beklagte auch nicht im Affekt gehandelt habe, weil er dem Kläger vorher verbal signalisiert habe, dass “er auch anders” könne, womit deutlich geworden sei, dass dem Beklagten ganz genau bewusst gewesen sei, was er mit den beiden Faustschlägen habe anrichten können. Spätestens der zweite Faustschlag sei nicht mehr im Sinne des Notwehrrechts erforderlich gewesen, sondern ein Überschreiten der gebotenen Gefahrenabwehr (ein so genannter Notwehrexzess). Aufgrund der Aussage dieses Zeugen stehe auch fest, dass der Kläger seinerseits den Beklagten nicht körperlich angegriffen habe, weshalb etwa auch aus diesem Grund kein Angriff vorgelegen habe, der die Faustschläge gerechtfertigt hätte.

Im Ergebnis sah es die Richterin als angemessen an, zunächst von einem Schmerzensgeldanspruch des Klägers gemäß §§ 823, 253, 254 BGB in Höhe von 2000,00 Euro auszugehen. Da der Kläger seinerseits die Handlungen insbesondere dadurch provoziert habe, dass er versucht habe das Geschäft zu verlassen und nicht der Aufforderung des Beklagten gefolgt sei, seine Tasche zu öffnen bzw. die in der Tasche befindlichen Schallplatten herauszugeben, habe er allerdings ein erhebliches Mitverschulden an der Verletzung, dass mit 50 % einzuschätzen sei, weshalb letztlich der Schmerzensgeldanspruch nur in Höhe von 1000,00 gerechtfertigt sei und dementsprechend der Beklagte zur Zahlung eines solchen Betrages zu verurteilen sei.

Die weitergehende Klage wurde zurückgewiesen. Insbesondere habe der Kläger nicht beweisen können, dass ihm weitere Schäden entstanden sind, die den zweiten Klageantrag zur Schadenersatzpflicht gerechtfertigt hätten.

Da der Kläger ursprünglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 3000,00 Euro gefordert hat, sei er zu 2/3 unterlegen, weshalb er von sämtlichen Verfahrenskosten 2/3 übernehmen muss, während der Beklagte 1/3 aller Kosten zu tragen habe. Zu diesen Verfahrenskosten gehören insbesondere die Gebühren der Rechtsanwälte, gerichtliche Gebühren und die Auslagen für die Heranziehung von Zeugen.

Das Urteil wird den Parteien nunmehr zugestellt. Sie haben die Möglichkeit, binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung zum Landgericht Halle einzulegen.