Neue JVA in Halle: Buh-Rufe für die Ministerin

von 14. Februar 2012

So hatte sich Justizministerin Angela Kolb die Veranstaltung wohl nicht vorgestellt. In der Kirche des Roten Ochsen hatte sie am Dienstagabend über ihre Pläne für eine Justizstrukturreform informiert. Anwohner interessierten sich vor allem für den geplanten Knast-Neubau in der Frohen Zukunft. Aufgebrachte Bürger unterbrachen die Ausführungen immer wieder mit Buh-Rufen. Besucher fühlten sich nicht mitgenommen, zu wenig informiert.

Fast tumultartige Szenen spielte sich ab, als Kolb von der JVA als einem gar nicht so schlechten Nachbarn sprach. "Wir wollen diesen Knast nicht", war mehrfach zu hören. Unter anderem werden sinkende Grundstückspreise befürchtet. Auch ein Kinderheim sowie Kitas und Schulen in unmittelbarer Nähe wurden als Argument vorgebracht, warum die Frohe Zukunft als Standort ungeeignet ist. Anwohner wollen den bereits bestehenden Knastteil als Ursache für die Überflutung ihrer Keller ausgemacht haben. Die Kanalisation könne bereits jetzt nicht mehr bei starken Regenfällen die Wassermassen auffangen, Keller würden volllaufen. Ideen was mit dem für die JVA geplanten Geld passieren soll, hatten sie auch. So könnten stattdessen viele Schulen saniert werden. Auch wurde die Idee aufgeworfen, doch die "Knackis" mit in Raßnitz unterzubringen, der jetzigen Jugendstrafanstalt. Die frühere Gefängnisseelsorgerin Hanna Haupt forderte eine Prüfung, ob der Rote Ochse nicht ebenfalls als JVA erhalten bleiben kann. Sie mahnte zudem an, dass eine Gesellschaft auch Gefangene aushalten müsse.

146 Millionen Euro will das Land ersten Plänen zufolge investieren, dort einen modernen Neubau errichten sowie die bestehenden Gebäude für 40 Millionen Euro sanieren. Ziel sei es, den Standort in der Wilhelm-Busch-Straße auszubauen. Dort gebe es die entsprechenden Möglichkeiten. Aktuell existieren dort 340 Haftplätze, darunter 116 in der sozialtherapeutischen Abteilung. Insgesamt gibt es in Halle zur Zeit 599 Haftplätze an zwei Standorten, nach der Reform könnten es bis zu knapp 900 an einem Standort sein.

Denn auch das ist ein Ziel: die komplette JVA-Struktur umzukrempeln. Gefängnisse soll es im Land künftig nur noch an den drei Standorten Burg, Raßnitz und Halle geben. „Wir stehen vor der Aufgabe, die Strukturen zukunftsfest zu machen“, so Kolb. Sie wolle über ihre Ziele informieren, noch bevor politische Grundsatzentscheidungen im Kabinett gefallen seien.

„Wir haben gegenwärtig zu viele Haftplätze und zu viele kleine Anstalten, in denen wir zu vielen Inhaftierten nicht die gesetzlich geforderte Einzelunterbringung bieten können“, sagte Kolb. Kleine Anstalten erforderten einen extrem hohen Personalbedarf. „Schon heute fehlt Personal, und die Schere wird weiter aufgehen“, so die Ministerin. Justizvollzug müsse in Zukunft noch stärker darauf ausgerichtet sein, den Gefangenen aus seinem kriminellen Milieu zu lösen, seine persönlichen und sozialen Defizite zu beheben und ihm Hilfestellungen für sein späteres Leben ohne Straftaten in Freiheit zu geben. Um dies zu erreichen, seien die Personalentwicklung und die Ausgestaltung eines modernen Vollzugs zentrale Punkte. Kolb: „In einer zentralen Einrichtung kann das Personal effizienter eingesetzt werden, das kommt unmittelbar der Betreuung der Gefangenen zu Gute und verbessert damit eindeutig die Resozialisierung.“