Neues Forschungszentrum der Uni wird eingeweiht

von 30. September 2010

Der Weinberg Campus in Halle (Saale) mit seinen Forschungseinrichtungen wächst. Letzte Woche wurde das “SiLi-Nano”-Forschungszentrum für Photovoltaik eröffnet. Nächsten Donnerstag m 12.30 Uhr wird “HALOmem" mit einem Festkolloquium eröffnet. Damit könne die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg “auf eine weitere Einrichtung stolz sein, die künftig Spitzenforschung betreiben und den Wissenschaftsstandort Halle spürbar bereichern wird", sagt Uni-Rektor Udo Sträter. Das ZIK HALOmem wird die molekularen Biowissenschaften und insbesondere den Schwerpunkt Proteinforschung an der Universität stärken.

Die Strukturaufklärung von Membranproteinen hat sich das ZIK auf die Fahnen geschrieben. Biomembrane bilden die äußere Grenze jeder lebenden Zelle. Die in ihnen verankerten Membranproteine sind daher entscheidende Komponenten für jegliche Kommunikation der Zelle mit ihrer Umgebung, sie haben eine sehr große medizinische und pharmazeutische Bedeutung. Im menschlichen Körper steuern und regulieren Membranproteine essentielle physiologische Funktionen. Genaue Kenntnisse über die Struktur und Dynamik dieser Proteine sind Voraussetzung für die Entwicklung neuer Medikamente.

"Ist das Zielmolekül eines potentiellen Wirkstoffs auf atomarer Ebene bekannt, kann der oft langwierige Prozess der Entwicklung von Therapeutika ganz entscheidend verkürzt werden", sagt Prof. Dr. Milton T. Stubbs, Mitinitiator des ZIK und Leiter der Abteilung Physikalische Biotechnologie an der MLU. "Die Ergebnisse der Forschungen des ZIK sind deshalb nicht nur für die Grundlagen- und die angewandte Forschung, sondern auch für Industriepartner von großem Interesse."

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligte bereits 2008 das biowissenschaftliche Projekt "HALOmem – membrane protein structure & dynamics". Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiierten Programms "Zentren für Innovationskompetenz – Exzellenz schaffen, Talente sichern" wurde es vor einem Jahr ins Leben gerufen und ist nun nach einer Anlaufphase voll arbeitsfähig. Für das Zentrum stehen für die Laufzeit insgesamt 9 Millionen Euro Förderung durch das BMBF und das Land zur Verfügung.

Als ein Vorzeigeprojekt der MLU und damit der halleschen Forschungslandschaft basiert es auf der Zusammenarbeit zwischen den Instituten für Biochemie und Biotechnologie und den Instituten für Physik und für Chemie. "Die interdisziplinäre wissenschaftliche Einrichtung HALOmem vereint die speziellen Expertisen und Möglichkeiten der Naturwissenschaftlichen Fakultäten I und II, wie z. B. die Produktion rekombinanter Proteine, biophysikalische Methoden zur Analyse von Membranen und die Proteinstrukturbestimmung mittels Röntgenkristallographie und NMR", so Stubbs.

Zwei Nachwuchsgruppen haben am ZIK ihre Arbeit aufgenommen: die Gruppe Membranproteinbiochemie (Leiter: Dr. Mikio Tanabe) und die Gruppe Biophysikalische Chemie von Membranen (Leiterin: Dr. Kirsten Bacia). Das neue Zentrun für Innovationskompetenz wird sich nahtlos am Standort Halle vernetzen. Am halleschen Weinberg Campus hat es seinen Sitz in direkter Nähe zu vielen Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem Bereich der Biowissenschaften. Dadurch wird das Profil der MLU und der kooperierenden Forschungseinrichtungen als Zentrum für Proteinchemie weiter gestärkt.

Der Umbau der Forschungslabore im ZIK Gebäude in einem Mehrzweckgebäude der Biochemie/Biotechnologie in der Kurt-Mothes-Straße 3 begann im Oktober 2009 und dauerte bis Ende April 2010. Verschiedene Bauarbeiten waren auch notwendig, um für die empfindlichen technischen Geräte die entsprechende Laborumgebung zu schaffen.

Für die Forschungen stehen nun modernste und ganz spezielle Laborgeräte zur Verfügung. In der Nachwuchsgruppe I kommt für die Kristallisation der Membranproteine und die daraus abgeleitete Strukturbestimmung der so genannte Lipidic Cubic Phase Kristallisationsroboter zum Einsatz. Dieser Roboter ist in Deutschland der einzige seiner Art. Ansonsten findet man ihn in Europa nur in den großen Forschungseinrichtungen wie ESRF (Grenoble, Frankreich) und Diamond Light Source (Didcot, Oxfordshire, GB). Außerdem gibt es hier unter anderem ein mit einer höchauflösenden Kamera (LAS-4000) ausgestattetes Bildsystem, mit dem Fluoreszenz detektiert werden kann. Wichtig ist die Detektion in lebenden Zellen.

Die Nachwuchsgruppe II nutzt unter anderem ein konfokales Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie- und Laser-Raster-Mikroskop (FCS/LSM). "Mit dem Gerät lässt sich die Beweglichkeit, Konzentration, Lokalisation und Wechselwirkung von Molekülen punktgenau in biologischen Zellen und künstlichen Modellsystemen bestimmen", erklärt Stubbs. Wie bei einer Art Bewegungsmelder registrieren die hochempfindlichen Detektoren das Erscheinen einzelner Moleküle im Laserfokus. HALOmem nutzt diese Technik zur Charakterisierung von Membranen und zur Untersuchung der Wechselwirkung von Proteinen mit Membranen. Durch Kombination mit weiteren sowohl biochemischen als auch physikalischen Untersuchungsmethoden (u. a. Kryo-Elektronenmikroskopie) erforscht die Gruppe von Dr. Kirsten Bacia wie Proteine Membranen verformen und sehr kleine kugelförmige Behälter (Vesikel) entstehen lassen.

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