Operation Ausverkauf: Streit um Klinik-Privatisierung

von 14. Juni 2011

Um Gedankenspiele zur Privatisierung der Universitätskliniken in Halle (Saale) und Magdeburg ist in der Politik ein heftiger Streit entbrannt. Ursprünglich hatten CDU und SPD in ihren Wahlprogrammen dies ausgeschlossen. Auch im Entwurf des Koalitionsvertrags stand es noch drin. Doch bei dessen Verabschiedung fehlte genau jener Passus zu den Unikliniken. Ein 40 Punkte umfassendes Sparpaket hat Finanzminister Jens Bullerjahn den einzelnen Ministerien aufgetragen. Auch die Unikliniken stehen auf der Liste des SPD-Mannes. Ausgerechnet die SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Katrin Budde ist da anderer Meinung. Von Plänen zur Privatisierung habe sie nichts gewusst.

„Ob Prüfauftrag oder nicht, allein der politische Wille, die Kliniken der beiden Universitäten privatisieren zu wollen, ist der Skandal“, sagte der Chef der Bildungsgewerkschaft, Thomas Lippmann, zu dem Privatisierungsvorhaben. „Bisher gibt es keinerlei Beweise dafür, dass private Unikliniken ideelle oder materielle Gewinne für die Länder bringen, dafür aber viele Risiken und negative Nebenwirkungen für die Beschäftigten. Nur Aktionäre reiben sich später die Hände“, fügte er hinzu. Die GEW macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die jetzigen „schwarzen Zahlen“ der Uni-Kliniken in Halle und Magdeburg zu großen Teilen auf Kosten des nichtärztlichen Personals erwirtschaftet wurden. Für völlig inakzeptabel halte man den Schaden, der für die Einheit von Forschung, Lehre und medizinischer Versorgung und die Wissenschaftsfreiheit auf das Land zukomme. Wenn es stimme, dass der Anstoß für diese Aktion wieder aus dem sozialdemokratisch regierten Finanzministerium komme, werde sich die SPD fragen lassen müssen, ob sie überhaupt noch Prinzipien habe? Bisher sei die GEW davon ausgegangen, dass politischer Anstand in der SPD noch nicht dem Mammon geopfert sei. Lippmann erklärte, dass die GEW nicht zulassen werde, dass das Hochschulsystem, einschließlich der Hochleistungsmedizin und der Forschung an den Medizinischen Fakultäten, gegen Kommunalfinanzen eingetauscht werden. „Wir lassen unsere kommunalen Kindergärtnerinnen nicht gegen Ärzte, Wissenschaftler, Krankenschwestern und medizinisch-technische Assistenten ausspielen“, sagte Lippmann.

Auch die Jusos in der SPD Halle (Saale) sehen den Prüfauftrag kritisch. „Aus rein wirtschaftlicher Sicht kann eine Privatisierung der Universitätskliniken in Halle und Magdeburg sinnvoll sein. Erfahrungen des Klinikkonzerns Rhön zeigen dies“, so Lukas Balser, Koordinator der Projektgruppe Wirtschaft der Jusos Halle (Saale). „Langfristig dürften jedoch – auf Grund wirtschaftlicher Zwänge – Effekte wie Kündigungen oder Ausgliederungen von Teilbereichen bei gleichzeitigen Lohnkürzungen anstehen. Dies würde eine deutliche Schwächung der Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten. Hier muss bedacht werden, dass hinter politischen Entscheidungen letzten Endes Menschen stehen, die an den Standorten arbeiten“, so Balser weiter. „Eine Privatisierung ist ein Zeichen dafür, dass die Landesregierung ihre Vorstellung von einem Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt mit auskömmlichen Löhnen gerade bei jenen Beschäftigungsverhältnissen, auf der sie den größten Einfluss hat, nicht ernst genug nimmt“, kritisiert Marcel Muschter, stellvertretender Vorsitzender der Jusos Halle. „Darüber hinaus gilt es einen weiteren zentralen Punkt zu beachten: Soll der Klinikbetrieb tatsächlich kostendeckend laufen, dann müsste man an jenem Bereich ansetzen, an dem zwangsläufig Verluste entstehen: Forschung und Lehre. Nun will ein privater Investor aber nicht nur kostendeckend wirtschaften, sondern Gewinne einfahren. Da vom Gesundheitsweisen absehbar aber keine höheren Deckungssummen zu erwarten sind, kann also jede Gewinnbestrebung zweifelsohne nur zu Einsparungen zulasten von Forschung, Lehre, Patienten und Beschäftigten führen. So beklagt die Initiative NotRuf 113 denn auch eine drastische Verschlechterung der Versorgungsqualität in Marburg/Gießen“, so Muschter weiter. Die Jusos Halle (Saale) haben sich bereits in eindeutigen Beschlüssen ganz klar gegen jedwede Form der Privatisierung von Universitätskliniken ausgesprochen. Der SPD-Stadtverband Halle (Saale) sowie der SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt sind diesem Anliegen auf ihren Parteitagen im Jahr 2009 gefolgt.