Ostalgie als Straftatbestand?

von 16. November 2011

Hammer und Zirkel, die DDR-Fahne, Jungpionier-Hemden – auch heute noch begegnet man diesen DDR-Symbolen vor allem im Osten in aller Öffentlichkeit. Doch wenn es nach der Jungen Union (JU) geht, ist damit bald Schluss.

„Das Tragen von DDR-Symbolen muss verboten werden“, heißt es in einem Antrag der JU auf dem CDU-Parteitag, dem zugestimmt wurde. Jetzt soll ein Verbot geprüft werden. Das Ziel: Die Verbreitung und Verwendung von Symbolen aus der Zeit der DDR soll wie schon bei rechtsradikalen Symbolen dem Tatbestand „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ zugeordnet und somit strafbar gemacht werden. „Ferner muss auch geprüft werden, ob die Verherrlichung der DDR durch sogenannte „Ostalgie“-Produkte ebenfalls verboten werden kann“, heißt es von der JU.

„Dieser Vorschlag ist ein Schlag ins Gesicht vieler ostdeutscher Unternehmen, die in den vergangenen 22 Jahren viel Mut, Ausdauer und Kreativität gezeigt haben“, sagt Roland Mormann, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt. „Marken wie ‚Rotkäppchen‘, ‚Halloren‘ oder „Hasseröder“ haben sich auf dem bundesdeutschen Markt etabliert und sich zu gesunden, wirtschaftsstarken Unternehmen entwickelt, die auch Zugpferde für ihre Regionen sind.“ Wenn die Junge Union nun meine, mit diesen Produkten und Marken würde die DDR verherrlicht, könne man nur den Kopf schütteln. „Diese Produkte stehen nicht für die DDR, sondern für die Aufbauleistung der Menschen hier im Osten nach 1989. Wir haben allen Grund auf diese Unternehmen stolz zu sein und uns weiterhin für ihren wirtschaftlichen Erfolg stark zu machen.“

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Ulrich Thomas, stellt hingegen klar: Die aktuelle Diskussion beziehe sich auf politische Signets aus der DDR-Zeit. Dies habe überhaupt nichts mit einer Aversion gegen ostdeutsche Produkte oder Unternehmen zu tun. „Wir sind sehr froh, dass sich nach über 20 Jahren deutscher Einheit viele ostdeutsche Firmen erfolgreich am Markt behaupten. Zahlreiche ehemalige DDR-Produkte haben nicht nur Kultstatus, sondern in vielen Bereichen sogar eine Marktführerschaft errungen“, so Thomas. Wer nun bewusst beginne politische Symbole, Markenzeichen und Unternehmen aus der DDR-Zeit in einen Topf zu werfen, schade nicht nur den Herstellern selbst, sondern verdrehe das berechtigte Anliegen einer breiten Auseinandersetzung mit dieser Thematik.

"Was hier in der CDU abläuft, klingt wie aus dem politischen Tollhaus, allerdings – wieder einmal versucht sich die CDU in bewusster Geschichtsfälschung, wieder einmal wird die Gleichsetzung von DDR und NS-Regime strapaziert. Das ist nicht neu, aber es eröffnet angesichts der Brutalität von Nazi-Terror in Deutschland eine neue Dimension", sagte der Vorsitzende der Links-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert. "Und erneut übt sich die CDU in der Verdrängung eigener politischer Verantwortung, die aus dem Handeln der Ost-CDU für Entwicklungen in der DDR zweifelsfrei vorhanden ist", so Gallert. "Schließlich bedeutet das neuerliche Ansinnen der CDU nicht weniger als den Ausdruck kollektiven Misstrauens gegenüber allen, die einst in der DDR gelebt haben. Dass dies im Übrigen dann auch die Ost-CDU einschließt, scheint der heutigen CDU vollends zu entgehen. Die Absicht der CDU scheint klar: Massive krisenhafte Entwicklungen wie die Finanz- oder die Schuldenkrise bedeuten nicht weniger als eine Krise des Kapitalismus der Gegenwart. Das sieht wahrlich nicht nur die Linkspartei so. Aber offenkundig ist die Nervosität inzwischen so hoch, dass Diskussionen über gesellschaftliche Alternativen mit allen Mitteln unterdrückt werden sollen. Es erübrigt sich, die Ablehnung der Linken zu den CDU-Plänen in Sachen Symbolik besonders zu betonen – das ist dumm, das ist geschichtsfälschend, das ist ein billiges politisches Ablenkmanöver."