Paradies noch nicht aufgegeben

von 19. August 2016

Acht Jahre sind inzwischen vergangen, seit Bagger die ruinierten historischen Gebäude der ehemaligen Schokoladenfabrik „Most“ abräumten, die zuletzt in der DDR eine Plastfabrik beherbergten. Der Tennisenthusiast vom Court nebenan, Halle-Freund, Inhaber der Arnika-Apotheker in Leipzig-Stötteritz und Immobiliendienstleister, Holm Lischewski, wollte was für den Freizeitsport tun. Zwölf Millionen Euro nahm er dafür in die Hand. Inzwischen ist es August 2016. Der riesige, kahle Baukörper sieht aus wie eine Investruine. Hinter den Kulissen jedoch geht das Ringen um die Fertigstellung weiter. Nun sitzen das Land, die Stadt Halle und der Universitätssportverein mit im Boot. Ein Happy End scheint wieder möglich.

Neubau Sportparadies: Hürdenlauf begann 2008

Dirk Hähnlein sitzt in den Außenanlagen des Sportparadieses. Die sind fertig und an schönen Tagen gut besucht. Biergarten, Mini-Golf-Anlage und Beachvolleyball ziehen die Leute an. Hähnlein ist Projektmanager des Großobjekts. Er weiß, welcher Hürdenlauf 2008 begann. Erst hatte der Gestaltungsbeirat Einwände, dann traten Umweltschützer auf den Plan, weil in alten Fabrikgewölben unter Tage Fledermäuse Quartier bezogen hatten. Dann wurde der geforderte vorhabenbezogene Bebauungsplan zum langwierigen politischen Prozess. Als die Baugenehmigung endlich vorlag, war die Bankenkrise und den USA und Europa im vollen Gange, was später auch für das Vorhaben in Halle noch eine Rolle spielen sollte.

Schließlich zeigte sich beim Öffnen des versiegelten Industriegeländes, dass Altlasten zu beseitigen waren. Zu Plastwerk-Rückständen kam eine Tankanlage der Hafenbahn. Das Erdreich musste komplett ausgetauscht und in der Folge die Statik des Objektes neu berechnet werden. Das hieß: neue Kosten und Verzug. Die Finanzierung mit der Hausbank gestaltete sich nun schwierig. 2011 kam es schließlich zum Baustopp. Die Rohbauten stand. Ohne Dachstuhl! 2013 gingen die Bauarbeiten zeitweise weiter. Die großen Dachstühle wurden aufgesetzt. Beim vorerst endgültigen letzten Baustopp waren noch nicht alle Dächer dicht. Wetter und Vandalismus setzten dem seither zumeist verwaisten Gebäuden zu.

Universitätssportverein Halle mit im Boot

Nach langen Verhandlungen und Diskussionen mit dem Land, kam aus Magdeburg die Zusage, für einen Teil der notwendigen Neukreditaufnahme zu bürgen. Auch die Stadt Halle konnte gewonnen werden. Sie hat inzwischen Städtebaufördermittel beantragt für die Drei-Felder-Halle, also dem Teil des Objektes, für das der Universitätssportverein (USV) 2015 sein Interesse angemeldet hat. Derweil wurde die Hausbank von einem Skandal um ihren Geschäftsführer erschüttert.

In der Drei-Felder-Halle sollen alle Ballsportarten unterkommen, so Hähnlein. Er nennt Handball, Basketball und Floorball. Außerdem soll es eine Badminton-Halle geben, eine Halle für Beachvolleyball und eine für Tennis und Soccer. Kletterfreunden ist ein 15 Meter hoher Kletterturm versprochen. Für die Kinder ist ein Abenteuerland geplant. Kletterturm und Beachvolleyball-Halle wären einmalig in Halle, erklärt der Projektmanager. Zu den Plänen gehört auch ein Bootsanleger für Wassertouristen.

Nahverkehrsbetrieb verlängert die Weingärten-Straße

Teile des rund 20.000 Quadratmeter großen Grundstücks, das direkt am Saaleradweg gelegen ist, hat Lischewski veräußert. Zu den Käufern gehört unter anderem die Havag, die im Zuge der Bauarbeiten am nördlichen Böllberger Weg (Stadtbahnprogramm, Hallelife berichtete) zwei kurz aufeinander folgende, gegenüberliegende Straßeneinmündungen zu einer Kreuzung zusammenlegen will. Dafür wird gerade die Weingärten-Straße südlich verlängert. Die neue Straße trennt den Teil des Grundstückes ab, auf dem historische Gewölbe und Fundamente aus dicken Ziegel- und Natursteinmauern freigelegt wurden.

Das Sportparadies ist am Böllberger Weg 185 zu finden. Im Halleschen Adressbuch von 1941 war der 1859 gegründete Süßwarenhersteller als Most Kakao- und Schokoladenfabriken unter der Adresse Böllberger Weg 112-115 eingetragen. Fabrikbesitzer Bernhard Most residierte derselben Quelle zufolge im Haus 114a. Hinzu kam ein Büro in der Hindenburgstraße 7. Linde-Eismaschinen aus Wiesbaden sorgten seit 1911 für die Kühlung. Nach der Enteignung wurde der Betrieb in der DDR zunächst als VENAG Schokoladenfabrik Halle (Adressbuch von 1950) weitergeführt.