Polizeigewerkschaft gegen Kennzeichnungspflicht

von 21. November 2011

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist weiterhin gegen eine Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten. Die Gewerkschafter fordern die Rücknahme eines entsprechenden Gesetzentwurfs durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

„Die Gewaltspirale dreht sich weiter“, heißt es in einer Mitteilung. „Unsere Kolleginnen und Kollegen tragen tagtäglich ihre Haut für unseren Rechtsstaat zu Markte.“ Es vergehe kein Wochenende, an dem nicht irgendwo in der Republik Polizisten verletzt würden. „Hooligan-Gruppierungen leben ihren Hass und ihre Verachtung gegenüber dem Staat immer mehr in Gewalt gegen des Staates Repräsentanten aus.“

Die Gewerkschaft befürchtet durch eine Kennzeichnung Angriffe auf Beamte. So habe es erst vor drei Wochen beim Fußball-Landesderby in Magdeburg wieder mehrere Angriffe auf Polizeibeamte gegeben. In Rostock hätten vermummte Gewalttäter das Polizeirevier angegriffen, mit Steinen und Pyrotechnik beworfen und Müllcontainer angezündet. „Die Aktion steht voraussichtlich im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Gewahrsamnahme eines Hooligans. Nicht auszudenken, wenn die handelnden Beamten namentlich gekennzeichnet gewesen wären. Dann hätte die Täter der Rückweg vom Polizeirevier wohl gleich noch zu Hause bei den Polizisten und ihren Familien vorbei geführt“, so die GdP.

Mit Sorge betrachte man zudem auch die zunehmende Hetzjagd auf Polizisten mit Namen und Adressen im Internet. „Speziell entwickelte „Handy-Apps“ ermöglichen neuerdings noch das Abhören und verdeckte Filmen von polizeilichen Maßnahmen. Die handelnden Beamten finden sich im Anschluss an die Maßnahme dann sofort im Internet wieder“, kritisiert die GdP und fordert: „Der Gesetzentwurf zur Kennzeichnungspflicht gehört ad acta gelegt.“

„Wer Polizisten kennzeichnen will und mit Namens- oder Nummernschildern in den Einsatz schicken will, der verkennt die Realität und ignoriert die aktuellen negativen Entwicklungen.“

In der vergangenen Woche hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass die Kennzeichnungspflicht nicht zu beanstanden sei. Zudem hatten sich dort SPD und CDU im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass es Namensschilder, feste Nummern oder rotierende Nummern geben wird.

„Die Landesregierung wäre gut beraten, doch einmal etwas genauer über die Landesgrenzen hinaus zu schauen – gerade das Beispiel Berlin, also eine SPD-CDU-Koalition, dürfte sie doch nun wahrlich nicht erschrecken“, erklärte innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt, Gudrun Tiedge. Man bleibe bei der Forderung hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht. Gerade bei polizeilichen Einsätzen gehe es um Identifikationsnummern, nicht um Namensschilder. Man werde als Linke „dafür Sorge tragen dass die vorliegenden parlamentarischen Initiativen nicht in der Versenkung verschwinden, das Thema bleibt auf der Tagesordnung.“

„Die Kennzeichnungspflicht trägt zur nachhaltigen Vertrauensbildung bei und schafft mehr Rechtsstaatlichkeit“, sagt der innenpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sebastian Striegel. „Die nachträglich mögliche Identifizierung einzelner Beamtinnen und Beamter ermöglicht einen effektiven Rechtsschutz für Bürgerinnen und Bürger, die sich durch Maßnahmen von Polizeibediensteten in ihren Rechten verletzt sehen", betont Striegel. Gleichzeitig entlaste sie aber auch Polizisten vom Generalverdacht – sie sei damit auch im Interesse aller Polizeibediensteten. Der Vorschlag des CDU-Innenministers Holger Stahlknecht, zunächst nur die Polizeibeamten außerhalb geschlossener Einheiten mit Namensschildern auszustatten, gehe nicht weit genug. Gerade die geschlossenen Polizeieinheiten müssten individuell, beispielsweise durch Nummern, gekennzeichnet werden. Nur so trete der Staat den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr anonym entgegen. „Unsere Fraktion wird ihren bereits eingebrachten Gesetzesentwurf zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht auch in Sachsen-Anhalt mit Nachdruck weiterverfolgen", erklärt Striegel, „wir halten, trotz der positiven Gerichtsentscheidung über die Berliner Dienstanweisung, eine gesetzliche Regelung für wünschenswert, weil solch eine Entscheidung das Parlament treffen sollte."