Preise für Möbel aus Recyclingmaterialien, leuchtende Radkappen und ein cleveres Werbekonzept

von 23. April 2010

Eine Expertenjury hat am Donnerstag zum Abschluss des Scidea-Ideenwettbewerbs 2010 fünf kreative Ideengeber aus der Wissenschaft geehrt. Die Studenten und Absolventen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle sowie der Hochschule Anhalt wurden mit Preisgeldern im Wert von 2.250 Euro prämiert, zudem wurde der Sonderpreis „Forscher“ im Wert von 1.000 Euro sowie der Publikumspreis, dotiert mit 250 Euro, verliehen.

28 Ideen aus den Bereichen IT/Web, Biowissenschaften/Life Sciences und Medizin, Messtechnik, Ernährungswissenschaft, Analytik, Dienstleistung und Social Entrepreneurship sowie aus dem Bereich Design mit Schnittstellen zu anderen Branchen wurden eingereicht. Neun der 28 Projekte haben es in die engere Auswahl geschafft. In einer dreiminütigen Präsentation hatten die Finalisten am gestrigen Nachmittag die Möglichkeit, die Jury – Vertreter der Hochschulen und der Wirtschaft – endgültig von ihren Ideen zu überzeugen. Bei der Jury-Bewertung standen nicht das Gründungspotential, sondern das Entwicklungspotential und die Möglichkeit der wirtschaftlichen Verwertung einer Idee im Vordergrund.

Den ersten, mit einem Preisgeld von 1.000 Euro dotierten Platz, belegte Robert Reinert aus Halle mit einem neuartigen Werbekonzept, dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen ansprechen soll. Der Ingenieur für Drucktechnik hat unter www.deinwerbeplatz.de eine Internetplattform erstellt, auf der deutschlandweit Werbeflächen und -plätze sowie Flyer- und Plakatpromotion-Dienstleistungen gefunden oder gesucht und Werbekooperationen geknüpft werden können. Die Jury bezeichnete sein Konzept als klugen neuen Ansatz für die Unternehmenskommunikation. Besonders für kleinere Unternehmen mit geringem Werbebudget bietet Robert Reinerts Idee einen klaren Mehrwert: So könnte beispielsweise der regionale Buchhändler, der Werbung für Reiseliteratur und sein Geschäft machen möchte, einen Platz auf der Werbefläche eines großen Reiseunternehmens anmieten.

Überzeugt hat weiterhin das Ideenpapier der beiden Industriedesignerinnen, Elisabeth Kristina Welzig und Susann Oecknick. Die Absolventinnen der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle entwickeln, produzieren und vermarkten unter dem Label SYMBIOSE innovative Möbel und Innenraumgestaltungen aus einer Kombination von Holz und Papier. Durch die Symbiose von Natur- und Recyclingmaterialien entstehen neue Gestaltungslösungen für den privaten und den repräsentativen Raum. Geplant ist der Aufbau einer gläsernen Manufaktur in Halle. Die Jury lobte besonders den ethischen Unternehmensansatz und die Nachhaltigkeit des Projekts SYMBIOSE. Das Ideenpapier wurde mit einem Preisgeld von 750 Euro ausgezeichnet. „Das positive Feedback der Jury zu unserer Geschäftsidee und der Blick über den Tellerrand hat uns in unserem Vorhaben bestärkt. Die Teilnahme am Ideenwettbewerb war für uns in vielerlei Hinsicht ein voller Erfolg“, sagt Susann Oecknick.

Den 3. Platz, prämiert mit 500 Euro, belegte das Projekt „Lighty Car“ aus den Bereichen Automotiv und Design. Durch beleuchtete Radkappen möchten Andreas Kroll, Marcel und Steffen Henschel, Studenten und Absolventen der Hochschule Anhalt, die Optik herkömmlicher Reifen aufwerten und Autobesitzern ein individuelles Design für ihre Fahrzeuge anbieten. Eine Herausforderung stellt dabei die effiziente Möglichkeit der Energiegewinnung dar. Mit Hilfe von Induktionssteuerung und Photovoltaik soll Energie für Räder unterschiedlichster Bauart gewonnen und damit ein individueller, hipper Leuchteffekt erzeugt werden. Damit die Auflagen der Straßenverkehrsordnung (StVZO) nicht verletzt werden, leuchten die Radkappen nur bei Stillstand des Fahrzeugs auf, zudem können sie durch einfaches Aufstecken leicht montiert bzw. demontiert werden.

Bei der Prämierungsveranstaltung stellten die Tüftler den Prototyp ihrer Innovation vor. Mit dem „Sonderpreis Forscher“ im Wert von 1.000 Euro wurde das Ideenpapier von Protein2Plastix ausgezeichnet. Die Ingenieure Dr. Patrick Frohberg und Isabell Stolte, Absolventen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, haben Landwirtschaftsfolien aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt, die vielfältigste Anwendungsmöglichkeiten in der Agrarwirtschaft bieten. Die proteinbasierten Biofolien sind vollständig abbaubar und können beispielsweise zum Abdecken von Feldern genutzt oder in der Pharmazie eingesetzt werden, um Pillenkapseln aus Gelatine zu ersetzen. „Für uns war der Scidea-Ideenwettbewerb eine gute Erfahrung und Übung für spätere Wettbewerbe und Investorengespräche. Besonders spannend war es, andere Projekte und Ideen kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen“, resümiert Dr. Patrick Frohberg.

Erstmals wurde beim diesjährigen Ideenwettbewerb ein Publikumspreis vergeben. Jeder der 80 geladenen Gäste der Abendveranstaltung hatte die Möglichkeit, per Stimmzettelwahl für eines der ausgestellten Ideenpapiere zu stimmen. Den mit 250 Euro dotierten Preis erhielt Dosatsu. Das Projekt aus den Bereichen Geophysik und Messtechnik entwickelt, produziert und vertreibt Messsysteme für das geophysikalische Verfahren der Magnetotellurik. Dieses Messverfahren liefert durch rein passive Messungen an der Erdoberfläche dreidimensionale, tiefenaufgelöste Informationen über die Leitfähigkeit der Erde und somit Hinweise über die Zusammensetzungen der Bodenschichten in bis zu einigen hundert Kilometern Tiefe. Durch die eigens von Dosatsu entwickelte Technologie kommen die Messgeräte mit erheblich weniger Energie aus, wodurch sich die Transportkosten für die benötigten Akkus reduzieren. Die Ideengeber und Absolventen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Benjamin Bochmann, Dr. Falk Seiler, Moritz Beleites und Hannes Schneider, werden im Rahmen ihres Projektes mit dem EXISTGründerstipendium des Bundes unterstützt.

Veranstaltet wurde der Scidea-Ideenwettbewerb bereits zum zweiten Mal vom Hochschulgründernetzwerk UNIVATIONS Sachsen-Anhalt. Ziel des Ideenwettbewerbs ist, Studenten, Absolventen, Forscher, wissenschaftliche Mitarbeiter, Doktoranden und Professoren aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen im südlichen Sachsen-Anhalt für das Thema Selbstständigkeit zu sensibilisieren und für die wirtschaftliche Verwertung ihres Know-hows zu motivieren. „Als Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg freue ich mich über die große Resonanz und Beteiligung am Ideenwettbewerb, nicht nur der Studierenden der Universität Halle, sondern auch der Hochschule Anhalt und der Kunsthochschule Burg Giebichenstein“, sagt Prof. Dr. Joachim Ulrich in seinem Grußwort. Sowohl Ulrich als auch sein nachfolgender Redner, Prof. Dr. Reinhard Neubert, Projektleiter des Hochschulgründernetzwerks UNIVATIONS, betonten die Bedeutung von Wettbewerben wie dem Scidea-Ideenwettbewerb, der junge Leute schon frühzeitig im Studium dafür sensibilisieren und motivieren soll, ihre Ideen umzusetzen.

„Unter den 51 Ideenträgern des Wettbewerbs sind erfreulicherweise auch viele aus den nicht naturwissenschaftlichen und nicht technischen Bereichen. Damit ist das Ziel des Wettbewerbs erreicht, sowohl naturwissenschaftliche als auch geisteswissenschaftliche Ideen für den Wissens- und Technologietransfer aufzustöbern“, so Dr. Susanne Hübner, Projektkoordinatorin bei Scidea sowie Organisatorin und Impulsgeberin des Wettbewerbs. Für die Weiterentwicklung der Ideenpapiere bis hin zu ausgereiften Verwertungskonzepten bietet UNIVATIONS Interessenten jederzeit kostenfreie Beratungs- und Unterstützungsleistungen an.