Rat genehmigt Haushalt: 11,5 Millionen Euro Minus

von 25. April 2012

Der Stadtrat hat am Mittwoch nach zweistündiger Debatte dem Haushaltsplan für das laufende Jahr zugestimmt. Er sieht ein Defizit von 11,5 Millionen Euro vor. CDU, Linke, SPD und MitBürger / Neues Forum stimmten zu,  FDP und NPD waren dagegen und die Grünen enthielten sich. „Das war eine schwierige Geburt“, sagte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados. Sie gestand ein, dass vieles von Seiten der Stadt nicht optimal gelaufen sei. Das war in der vorangegangenen Diskussion ein Kritikpunkt der Stadträte. Für das kommende Jahr versprach sie Verbesserung.  Ob der jetzt beschlossene Haushalt auch genehmigt wird, hängt vom Landesverwaltungsamt. Dort habe heute ein Gespräch stattgefunden, so Szabados. Es gebe durchaus positive Signale in Richtung einer Genehmigung. Nun setze sie noch auf das neue Finanzausgleichsgesetz. Wie Szabados deutlich machte, müsse der neue Oberbürgermeister das Defizit abbauen. „2015 müssen wir ein Plus im doppischen Haushalt haben.“ Der Rat solle alles dafür tun, die Stadt in eine Frohe Zukunft zu führen.[b]Vorausgegangen war eine spannende Debatte. [/b]Finanzdezernent Egbert Geier sprach von einem Novum, schließlich sei der Haushalt von der veralteten Kameralistik auf die moderne Doppik umgestellt worden. Dies sei eine Herausforderung für die Verwaltung gewesen. Kleine Kinderkrankheiten in diesem Zusammenhang seien nicht zu verhindern. 2,4 Millionen Datensätze hätten übertragen werden müssen. Er verstehe den Ärger und Unmut der Räte über verspätete Vorlagen und entschuldigt sich für Verzögerungen. Der doppische Haushalt sei ein schwerwiegendes Paket mit einem Umfang von 1000 Seiten. Dazu kommen weitere Unterlagen auf 600 Seiten, 200 verschiedene Produkte seien definiert. Mit einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen sei man nicht vergleichbar, die könnten schließlich sich von Produkten verabschieden. Das könne die Stadt wegen gesetzlicher Vorlagen nicht tun. Kritik gab es von Räten auch daran, dass keine Eröffnungsbilanz vorlag. Dies dauere noch, viele Zahlen müssten neu bewertet werden. Geier wies noch einmal darauf hin, wie wichtig ein genehmigungsfähiger Haushalt ist, damit nicht wieder Fördermittel verfallen. Das war im letzten Jahr passiert. 7 Sondersitzungen des Finanzausschusses mit 25 Stunden Diskussion habe es gegeben. Geier lobte den Umgang der ehrenamtlichen Räte mit dem Material und spricht seinen Respekt dafür aus.  Jetzt berichtet Geier von der Streichliste. 3,5 Millionen Euro habe der Rat davon mitgetragen. Eigentlich hatte die Verwaltung Einsparungen von mehr als 9 Millionen Euro vorgesehen. Gut ausgewirkt hätten sich aber geringere Ausgaben und höhere Einnahmen, so dass die Sparbemühungen etwas geringer ausfallen müssen. Die Gewerbesteuern seien auf einem Niveau, das die Verwaltung noch nie hatte: 48 Millionen Euro. Rat und Verwaltung müssten ein gemeinsames Interesse an einem beanstandungsfreien Haushalt haben. [b]11,5 Millionen Schulden, 92 Millionen Investitionen[/b]Laut Geier liege das Haushaltsdefizit, über das der Rat abstimmen soll, bei 11,5 Millionen Euro (Halleforum.de berichtete). 92 Millionen Euro Investitionen seien in diesem Jahr vorgesehen. Ein Großteil davon, 55 Millionen, stammt dabei aus Fördermitteln. Unter anderem gehen zahlreiche Bauprojekte wie die Delitzscher Straße und die Beesener Straße weiter. Außerdem werden 15 Schulen zumindest teilweise instand gesetzt. Ein enormer Teil fließt auch in das Großprojekt Halle-Ost, wo gleich mehrere Straßen erneuert werden. Mehr als 17 Millionen Euro sind laut Haushaltsplan für den Star Park, den ehemaligen BMW-Acker in Queis, vorgesehen, um weitere Straßen zu bauen und Leitungen zu verlagen. Kredite nimmt die Stadt für alle die Investitionen nicht auf. Laut Geier übrigens schon seit 10 Jahren nicht. Geier gibt als Ziel für die Zukunft die schwarze Null vor. Deshalb sei man noch nicht am Ende der Konsolidierungsbemühungen. Die Entscheidungsspielräume seien zwar nicht groß. Doch Rat und Verwaltung sollten sich gemeinsam daran machen, dieses Ziel zu erreichen.  „Die Haushaltsberatungen waren anstrengend wie wohl nie, aber es hat sich gelohnt“, bilanzierte SPD-Fraktionschef Johannes Krause in seiner Rede. Im Investiven Bereich werde eine Menge auf den Weg gebracht, das könne sich sehen lassen. Als Beispiele nennt er den Umbau der Torstraße, der Steintorkreuzung und die Sanierung der Großen Ulrichstraße. Neue Kita-Plätze in der Innenstadt würden geschaffen. Doch Halle stehe noch vor etlichen Problemen. So müsse das Feuerwehrhaus Trotha dringend saniert werden, glücklicherweise stehen nun Planungsmittel bereit. Als positiv bewertet Krause, dass das Land die großen Städte besser stellen will. Krause kritisiert, dass viele Sparvorschläge der Verwaltung nie durchführbar waren. Viele Vorschläge seien, so behauptet Krause, nur gemacht worden, um abgelehnt werden. Daneben kritisierte er Bernd Wiegand, er vermisse aus seinem Verantwortungsbereich Sparvorschläge. Er habe sich bestimmten Gruppen wie dem Sport für den Wahlkampf andienen wollen, so Krause. „Der Haushalt dieses Jahr war eine besonders schwere Geburt“, so Bernhard Bönisch, Fraktionsvorsitzender der CDU. Auch seine Fraktion werde zustimmen. Als Unding bezeichnete es Bönisch, dass die Verwaltung im Dezember einen nichtgenehmigungsfähigen Haushalt eingebracht habe. Ein Kompliment richtet er an Bodo Meerheim (Linke), der als Vorsitzender des Finanzausschusses mit Fingerspitzengefühl durch die Beratungen geführt habe. Kritik übte er am geringen geplanten Ansatz für die Pflege der Spielplätze, „fernab jeder Realität“. Die Verwaltung habe insgesamt das Wohlwollen des Rates arg strapaziert. Bis zum Schluss seien die Zuarbeiten fragwürdig gewesen. Bis heute wisse man nicht genau, wo die Stadt denn finanziell steht. Bönisch thematisiert auch die hohen Abschreibungen, die das Land bei der Bewertung der Genehmigungsfähigkeit des städtischen Haushalts beachten sollte. Gewissermaßen bewege sich die Stadt derzeit im Blindflug. Bönisch sagte zudem, dass die Stadt unbedingt einen genehmigten Haushalt brauche, alles andere sei unerträglich. Darunter leide die ganze Stadt. Damit der Haushalt der Stadt nicht um die Ohren fliege, mache man die Diskussion nicht neu auf. Man schlucke die bittere Pille, so Bönisch, im Hinwirken auf einen genehmigungsfähigen Haushalt. Der Verwaltung gab es auf, ihre Arbeit künftig besser zu machen. „Im nächsten Jahr haben Sie die Gelegenheit dazu.“ Oliver Paulsen spricht jetzt für die Grünen zum Haushalt. Kritik übt er daran, dass die Verwaltung sich über Gesetze hinwegsetze und den Haushalt viel zu spät eingebracht habe. Dies habe Auswirkung auch auf viele Vereine die lange nicht wissen, mit welchen Summen sie rechnen können. Im Mittelpunkt seiner Rede steht das Finanzausgleichsgesetz des Landes. Die Stadt sei unterfinanziert, sagte er. Doch auch die Stadt habe viele Hausaufgaben nicht gemacht. Der im Dezember eingebrachte Haushalt sei nicht genehmigungsfähig gewesen. Zum Sparbeschluss der Verwaltung über das Schulumweltzentrum Franzigmark verwies Paulsen auf den bereits längst erfolgten Stadtratsbeschluss, den die Verwaltung ignoriere. Auch Kürzungen bei der Stadtbibliothek – Schließung von Zweigstellen und Streichung von Mitteln für den Bücherkauf – kritisierte er. Deutlich machte er, dass viele Mittelvorschläge der Verwaltung nie umsetzbar gewesen seien. Eingeplante Ansatzsenkungen im Dezernat Vier (Kultur, Bildung, Sport, Soziales) hält er für unrealistisch, stattdessen rechnet Paulsen mit Mittelsteigerungen. Bei städtischen Gebäuden gebe es einen riesigen Investitionsstau. Dabei könnten durch energetische Sanierungen Einsparungen bei den Betriebskosten geben. Die geplanten Mittel für einen Bootsanleger am MMZ will Paulsen lieber für die Sanierung der Glaucha-Schule einsetzen. Einen Antrag dazu hat er gestellt. Außerdem sollen die Mittel aus dem Verkauf des Reichwein-Gymnasiums (später Volkshochschule) in der Diesterwegstraße Investitionen im Schulbereich zu Gute kommen. Kritikwürdig fand Paulsen, dass erneut keine Bürgerbeteiligung stattgefunden habe. Den Haushalt werde man mit Blick auf wichtige Investitionen in diesem Jahr nicht ablehnen. Zustimmen könne man aber auch nicht. Tom Wolter (MitBürger) hat das Wort. Er blickt zum Beginn der Rede auf den Sport: Eishockey, Fußball, Basketball… überall habe die Stadt Erfolg. Trotz der schwierigen Haushaltssituation entwickele sich die Stadt gut. Allerdings könne die Stadt kaum noch Impulse setzen. Chaotisch, kaum nachvollziehbar und desaströs seien die Haushaltsberatungen verlaufen. „Wir haben gestern 824 neue Seiten bekommen“, sagte er. Das sei nicht mehr überprüfbar gewesen. Wolter erklärte, dass die Fraktion trotzdem zustimmen werde. Kritik übt er an einer fehlenden Bürgerbeteiligung. Im Rahmen der Haushaltsberatungen seien sämtliche Mittel für die Umweltverbände, 3.900 Euro, gestrichen worden. Wolter sagte, er hoffe dass die OB trotzdem dafür sorge, dass sich die Verbände weiterhin einbringen können. Die Erstwohnsitzkampagne findet Wolter nicht mehr sinnvoll. Die 240.000 Euro dafür könne man einsparen oder für andere Zwecke einsetzen. Swen Knöchel spricht jetzt für die Linken. „Als fünfter zu reden hat den Vorteil, dass man nicht alle Zahlen wiederholen muss“, so Knöchel. Es gebe aber einige Punkte, über die man reden müsse. Mit Blick auf die Haushaltseinbringung im Dezember sagte er, dass die Verwaltung ein „Überraschungspaket“ vorgelegt habe. Die Hälfte habe gefehlt. Mangelnden Realismus und unvollständige Unterlagen warf er der Verwaltung vor. „Hoffnung war das Prinzip dieser Haushaltsberatungen“, so Knöchel. Viel lieber hätte man sich einen seriösen Haushalt gewünscht. Wie schon einige Vorredner kritisiert er das Finanzausgleichsgesetz des Landes, durch das halle weniger Mittel gebe. Mit Blick auf ein aktuelles Gutachten, wonach Halle zu wenig Geld bekommt, verweist Knöchel auf eine ähnliche Untersuchung von 2009. Auch damals sei festgestellt worden, dass alle zu wenig Geld bekommt. Dieses Gutachten sei damals aber in der Schublade verschwunden. Daneben solle sich die Stadt im Kulturkonvent und beim neuen Kinderförderungskonzept einbringen. 8 Prozent des Haushalts, 42 Millionen Euro, gehen für die Kita-Betreuung drauf. Dass die Stadt hier auch noch mehr als 3 Millionen Euro einsparen wollte, kritisiert er. Etliche Vorschläge der Verwaltung seien „albern“ gewesen, schlicht nicht umsetzbar – durch bestehende Verträge. Unrealistisch nannte er auch die geplanten Einsparungen im Sportbereich von 500.000 Euro und obendrauf sollten die Vereine auch noch 600.000 Euro für die Nutzung zahlen. „Ich weiß nicht, wer an die Umsetzbarkeit geglaubt hat“, so Knöchel. Der Stadtrat kämpfe an vielen Nebenkriegsschauplätzen, zerlege sich selbst bei kleinen Summen. Doch die großen Beträge lasse man links liegen. Geplante Einsparungen im Bereich Hilfen zur Erziehung kann Knöchel auch nicht nachvollziehen, schließlich steigen die Fallzahlen. Gerry Kley (FDP) lobte, dass sich die Räte – obwohl im OB-Wahlkampf – zusammengerauft haben, um das Beste aus den Vorlagen der Stadt zu machen. Als Partei der Unternehmer habe man vom doppischen Haushalt deutlich mehr erwartet. „Das Ding heißt zwar Doppik, aber Produkte sind nicht klar strukturiert.“ Er kritisiert, dass die Wirtschaftsförderung in den Einsparungen einen Schlag in die Seite bekommen habe. Dabei könnte man ja durch bessere Gewerbesteuern für höhere Einnahmen sorgen. Auch in seiner Rede war das Finanzausgleichsgesetz Thema. Die OB rede immer davon, man könnte eventuell mit 10 Millionen Euro mehr rechnen. „Heute schlage ich das hier zur Verfügung stehende Organ auf und lese, die Städte sind nicht unterfinanziert.“ Trotz sinkender Einwohnerzahlen gebe es bei der Verwaltung kaum Einsparungen bei den Mitarbeitern. Ein Beigeordneter habe einen „Hofstaat“ von 7 Mitarbeitern. In sensiblen Bereich wie Konservatorium wolle die Stadt sparen, aber nicht in der Kernverwaltung, kritisierte Kley. Wie schon Knöchel merkte Kley an, dass man über kleine Dinge streite und die großen Brocken liegen lasse. Kley zweifelt an, dass die Stadt sich tatsächlich bis 2015 konsolidieren könne. Schön wäre es gewesen, die Verwaltung hätte einen abstimmbaren Haushalt vorgelegt. Er habe den Verdacht, dass Bodo Meerheim als einziger wusste, was im Finanzausschuss beschlossen wurde. „Dafür bewundere ich ihn.“ Der Haushalt sei nicht in der Qualität, um zustimmen zu können. [b]Beschlossene Streichungen:[/b] Allgemeine Kulturverwaltung: -3.800Kulturförderung: -20.000Konzerthalle Ulrichskirche (einschl. PK in 2012): -22.900Laternenfest -20.000 Gesundheitsmanagement: -59.000 Streichung der Mittel für e-Government: -277.000Zuschuss Erdgas-Sportpark: -26.000 Förderung von Umweltverbänden: -3.900 Gutachterkosten Amt 61: -100.000 Bedürfnisanstalten: -8.000 Stadtwald: -5.000 Betreiben Brunnen (Wasserspielanlagen): -100.000 Schließung der Stadtgärtnerei: -37.900 Zuschussverringerung BOA: -110.000 Unterhaltung Straßen, Beschilderung: -590.000 Parkgebührenerhöhung: -100.000 Unterhaltung der Grünflächen: -70.000Schulmedienstelle: -2.000Raumflugplanetarium: -3.650Überarbeitung der Schulentwicklungsplanung: -150.000Peißnitz Express: Streichung: -42.500Betrieb von Sportanlagen: -25.000Hallesche Museen: -45.000Stadtbibliothek: -29.100JFE Schnatterinchen: -19.300Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten: -100.000Halle-Pass: -35.800 Soziales (KdU…): -902.300 KdU Einsparung: -1.001.000 Märkte: -8.000 Wirtschaftsförderung: -200.000Stabsstelle DLZW: -12.000Eigenbetrieb für Arbeitsförderung: -104.800 Förderung des Sportes – Eissporthalle: -18.000 2012 nicht wieder besetzte Stellen (ca. 50 Stellen): -735.000  [b]Mehreinnahmen:[/b]Kosten für Spielplätze: +74.500 EuroAmt für Bürgerservice (Zuschuss Semesterbeitrag/-ticket):+240.000 EuroBereitstellung und Betrieb von Schulturnhallen für den Vereinssport: +25.000 [b]Investitionen: [/b](Auswahl größerer Projekte)Stadtbahn 2025: 810.000Industriegebiet A 14: 17.337.300Zoo: 255.600Hauptamt (DV): 1.512.100Förderprogramm “”Heide-Süd””: 6.265.000Stadtplanung: 12.464.400:Tiefbau: 24.414.700ÖPNV: 2.891.800Grünflächen: 330.000Sport: 235.300Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst: 2.804.200Schulen (Brandschutz / EFRE): 7.600.900Liegenschaften/ZGM: 1.192.000Kultur: 507.300