Rechnungshof kritisiert Halles Stadion-Bau

von 10. Februar 2012

Vor einem halben Jahr wurde der Erdgas Sportpark in Halle (Saale) eingeweiht. Doch nun rückt das neue Stadion ins Blickfeld der Rechnungsprüfer. Der Landesrechnungshof hat den 17,5 Millionen Euro teuren Bau in einem Vorentwurf seines Prüfberichts scharf kritisiert.

In einem 81 Seiten starken Entwurf des Gutachtens, das HalleForum.de vorliegt, wird das Prestigeprojekt der Stadt auseinandergenommen. Gleich am Anfang erklärt Rechnungshof-Präsident Ralf Seibicke, dass der Bau unzulässig sei, weil es sich um „keine öffentliche Aufgabe“ handele. Außerdem sei die Vergabe nicht mit geltendem Recht vereinbar, der Mietvertrag zwischen HFC und Betreibergesellschaft habe zu viele ungünstige Regelungen zum Nachteil der Stadt, abgeschlossene Verträge zum Stadionbau seien nicht rechtsverbindlich. Die Finanzierung sei zulasten der Haushaltskonsolidierung gegangen.

Doch auch die Kommunikationspolitik der Stadt kritisieren die Prüfer. „Besonders schwierig gestaltete sich bei den örtlichen Erhebungen die Bereitstellung der für die Prüfung notwendigen Unterlagen“, heißt es da. So sei die Stadtverwaltung nicht in der Lage gewesen, „diesbezügliche Anforderungen zeitnah zu bearbeiten bzw. erbetene Auskünfte zu einzelnen Sachverhalten zeitnah zu geben. Ursache dafür war das Beharren der Stadt Halle (Saale) auf eine „zentrale“ Bereitstellung von Unterlagen und Informationen durch den Beigeordneten für Finanzen und Personal bzw. dessen Sekretariat. Den Prüfern wurde nicht gestattet, wie sonst üblich und immer gehandhabt, sich mit ihren Anliegen direkt an jeweils zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu wenden. Im Ergebnis war der Verfahrensweg zur Informationsgewinnung langwierig..“

Kritisiert werden auch die hohen Betriebskosten. Die Vergabe der Namensrechte hätte zur Senkung der städtischen Beteiligung genutzt werden sollen. „Nach Auffassung des Landesrechnungshofes steht der Aufwand der Stadt und der öffentlichen Hand insgesamt in keinem annehmbaren Verhältnis zum Zweck der zukünftigen Stadionnutzung.“

Das Fazit fällt besonders bitter für die Stadt aus. „Insgesamt ist festzustellen, dass die Stadt als Bauherr und Auftraggeber bei der Ausstattung des Stadions den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 156 Abs. 2 GO LSA nicht ausreichend beachtet hat. Sie hat auf die Möglichkeit erheblicher Kosteneinsparungen grundlos verzichtet. Die zusätzlichen Kosten sind zu ermitteln und die Verantwortlichkeit ist zu
prüfen.“

Auf Seite 2 finden Sie zusammengefasst alle Vorwürfe:
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– Die Haushaltswirtschaft der Stadt Halle (Saale) entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben und Anforderungen der Kommunalaufsicht
– Der Bau des Stadions ist kein Ersatzneubau, sondern ein Neubau
– Der Neubau des Stadions stellt keine öffentliche Aufgabe dar und ist unzulässig
– Die haushaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Stadt ist nicht gegeben
– Die Ausgaben und sonstigen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Stadionbau sind mit kommunalem Haushaltsrecht nicht vereinbar
– Eine vorbehaltlose positive Zustimmung der Kommunalaufsicht im Rahmen des Fördermittelantrags konnte nicht erteilt werden
– Die finanziellen Auswirkungen des Stadionneubaus wurden nicht im Haushaltsplan 2009 abgebildet
– Die Stadt hat entgegen den rechtlichen Vorschriften in der „haushaltslosen Zeit“ verpflichtende Beschlüsse gefasst
– Die Vergabeentscheidung ist nicht mit geltendem Recht vereinbar
– Dem Landesrechnungshof wurden nicht alle Verträge im Original vorgelegt
– Wichtige Verträge wurden dem Landesrechnungshof nicht vorgelegt
– Einige Verträge enthalten formelle Fehler
– Einige Verträge enthalten inhaltliche Fehler
– Der Mietvertrag zwischen der SHB und dem Nutzerverein enthält vielfach ungünstige Regelungen für die Gesellschaft und damit für die Stadt
– Die Finanzierung des Stadionbaus aus Grundstücksverkäufen erfolgte zu Lasten der Haushaltskonsolidierung
– Die Verwendung von Mitteln aus Stellplatzablösebeiträgen zum Bau von „nicht öffentlichen Parkplätzen“ ist nicht mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbar
– Die Stadt Halle (Saale) konnte für ihr Vorhaben nicht den für eine Förderung notwendigen Nachweis eines Alleinstellungsmerkmals erbringen
– Aufwendungen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen belasten den städtischen Haushalt zusätzlich
– Die im Antrag der Stadt Halle (Saale) gegenüber dem Finanzamt angeführten Sachverhalte entsprechen in einigen Punkten nicht den tatsächlich verwirklichten Sachverhalten
– Abgeschlossene Verträge zum Stadionbau sind nicht rechtsverbindlich
– Ausgaben des Stadionneubaus wurden teilweise als Ausgaben der Ertüchtigung des Stadions in Halle-Neustadt abgerechnet
– Der Stadt Halle (Saale) sind zur Absicherung des Spielbetriebes der Saison 2010/2011 eines Vereins erhebliche Ausgaben entstanden, ohne dass eine Beteiligung des Vereins nachweisbar ist
– Die Verteilung der Gesellschaftsanteile an der SHB widerspricht den durch den Stadtrat der Stadt Halle (Saale) gefassten Beschlüssen.
– Der Neubau des Stadions war nicht notwendig
– Der Neubau des Stadions in der gewählten Form ist unwirtschaftlich
– Die vertraglichen Vereinbarungen zur Preisanpassung sind unwirtschaftlich