Rechnungshof rügt Vorhaben als deutlich zu teuer

von 3. November 2015

Doch auch in Sachsen-Anhalt tun sich die offiziellen Stellen immer schwerer damit, geeignete Unterkünfte zu finden, denn die sollen groß, möglichst gut angebunden, im Rahmen der Budgets und möglichst schnell verfügbar sein. So wurde im Oktober 2015 in Halle (Saale) in einer Ad-hoc-Aktion aus dem Luxushotel „Maritim“ ein „Flüchtlingsheim“ für mehr als 700 Menschen. Weitere Großobjekte im Raum Halle sind im Gespräch, darunter das Ramada-Hotel an der A14 und ein ehemaliges Armeegelände in Halle-Trotha. Die Konditionen für das Vorhaben in Trotha haben nun den Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt auf den Plan gerufen. Hallelife wandte sich dazu an die Behörde, um mehr zu erfahren.

Nach unseren Informationen soll auf einem Grundstück des Logistikunternehmens Finsterwalder an der Magdeburger Chaussee in Halle (Saale) eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Von bis zu 2000 Flüchtlingen ist die Rede und von einem Zehnjahresvertrag für einen zweistelligen Millionenbetrag. Andere Medien berichteten, dass der Landesrechnungshof das Vorgehen kritisiert hat. Welche genauen Informationen zu dem genannten Vorhaben liegen dem Landesrechnungshof vor?

Pressesprecher Frank Düsekow: Dem Landesrechnungshof liegen Informationen aus den Herbst-Sitzungen des Finanzausschusses (hier Berichterstattung Finanzministerium) vor. Demnach ist vorgesehen, auf dem einstigen Kasernengelände eine zentrale Erstaufnahmestelle zu errichten. Diese soll ab September 2016 zunächst für 1000, später dann für bis zu 2000 Asylbewerber genutzt werden. Ein geplanter Zehnjahresvertrag mit dem privaten Investor kostet das Land 47,2 Millionen Euro. Diese Zahl ist auch dem kürzlich verabschiedeten Nachtragshaushalt zu entnehmen.

Was kritisiert der Landesrechnungshof?

Sachsen-Anhalts Landesrechnungshof kritisiert die Kosten für die Anmietung der ehemaligen Kaserne als zu hoch. Laut Finanzministeriums zahlt das Land pro Quadratmeter 13,65 Euro Kaltmiete. Das liegt deutlich über dem sonst üblichen Niveau in Halle. Ein weiterer Kritikpunkt ist die zehnjährige Laufzeit des Vertrages ohne Kündigungsmöglichkeit. Eine Kündigungsmöglichkeit spätestens nach fünf Jahren hätte – wie sonst üblich bei vergleichbaren Verträgen – auch in diesen Vertrag aufgenommen werden müssen. Denn niemand weiß heute, wie die Flüchtlingssituation in Sachsen-Anhalt in zehn Jahren aussehen wird.

Der Landesrechnungshof gilt als zahnloser Tiger, doch seine Kritik hat bei dem ohnehin schon von vielen Emotionen begleiteten Thema “Flüchtlinge” die Kritiker bestärkt, vielleicht auch vermehrt. Wie sieht der Rechnungshof die aktuelle Lage und wie genau sieht seine Handlungsempfehlung in dem vorliegenden Fall aus?

Natürlich hat der Landesrechnungshof Verständnis für die besondere Situation derzeit. Trotzdem darf die Landesregierung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen verlieren. Da der Vertrag zwar unterschriftsreif, aber noch nicht unterschrieben ist, rät der Landesrechnungshofes zu einer sorgfältigen Prüfung von Alternativen. Da die Inbetriebnahme der zentralen Erstaufnahmestelle Halle-Trotha ohnehin erst für September 2016 geplant ist und es sich nicht um Interimsunterkünfte für den kommenden Winter handelt, wäre dies auch unter Berücksichtigung der besonderen Dringlichkeit leistbar. Sollten am Ende keine Alternativen gefunden werden, hält der Landesrechnungshof aber mindestens die Aufnahme der üblichen Kündigungsklausel nach fünf Jahren in den Vertrag für geboten. Der Landesrechnungshof hatte dem Finanzministerium bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und der Vertragsgestaltung seine Unterstützung angeboten. Dieses Angebot besteht auch weiterhin.