Rede Finanzminister Michael Richter • 2. Lesung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2020/21

von 20. März 2020

Die gesamte Landesregierung tut alles in ihrer Macht stehende, die Herausforderung der Pandemie infolge des Corona-Virus zu bewältigen. Ich wünsche insbesondere dem Ministerpräsidenten, der Sozialministerin und dem Schulminister dabei eine weiterhin gute Hand. Und ich sage an dieser Stelle für meinen Verantwortungsbereich, die Finanzen:

  • Das Land wird betroffenen Unternehmen mit Bürgschaften helfen; hierzu steht ein noch nicht ausgeschöpfter Bürgschaftsrahmen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro bereit.
  • Das Land wird ein Liquiditätsprogramm für sogenannte Solo- und Kleinstunternehmer als Soforthilfe auflegen. In dieses werden wir auch größere Unternehmen einbeziehen, sofern der Bund hier nicht entsprechend seinen Ankündigungen hilft. Die entsprechenden Entscheidungen des Bundes stehen für kommenden Mittwoch an.
  • Das Land wird Kofinanzierungsmittel bereitstellen, sollte der Bund Konjunkturprogramme auflegen. (auch hierzu wird das Bundeskabinett kommenden Mittwoch beraten)
  • Und natürlich wird das Land gesetzlich geschuldete Entschädigungsleistungen auszahlen.

Der auf das Land zukommende Kostenrahmen ist gegenwärtig kaum abzuschätzen. In jedem Fall stehen für eine Finanzierung die mit diesem Haushalt in der Steuerschwankungsreserve verbleibenden rund 150 Millionen Euro bereit. Weiter könnte entschieden werden, wie bei der sogenannten Rettung der NORD-LB auch geschehen, auf die Tilgung in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich zu verzichten.

Nicht alle Ideen zur Krisenbekämpfung sind ökonomisch sinnvoll und finanziell zu meistern. Es hilft Menschen wie Wirtschaft nicht, wenn wir Geld nutzlos versenken.

Wir müssen bei der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wirksame Maßnahmen umsetzen und zielgerichtet vorgehen. Dabei sollten sich Bund und Länder eng abstimmen.

Anrede, in diesem Zusammenhang ist auch auf die segensreiche Wirkung der Schuldenbremse hinzuweisen, die der Landtag mit der Verfassungsreform beschlossen hat und – soweit es die ausführenden Bestimmungen zur Landesschuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung betrifft – mit der Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes heute weiter ausgestaltet.

Man muss nicht dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung angehören, um infolge der Pandemie Gewitterwolken für die Konjunktur am Horizont zu sehen. Aber fest steht: Würde im Landesrecht keine Schuldenbremse enthalten sein, gebe es noch nicht einmal die theoretische Möglichkeit, neue Schulden zur Bewältigung der Pandemie aufzunehmen. Artikel 99 der Landesverfassung bestimmt, dass im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen und die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen, neue Schulden aufgenommen werden können. Abhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie und ihren Auswirkungen auf das Gemeinwesen gehe ich davon aus, dass diese – im Einklang mit den Bund und den übrigen Bundesländern – als Ausnahmetatbestand im Sinne der inhaltsgleichen Schuldenbremsen des Bundes und der übrigen Länder gewertet werden wird.

Weiterhin steht fest: Hätte der Landtag die Landesschuldenbremse nicht geregelt, müsste ein Finanzminister im Hinblick auf die anstehende Maisteuerschätzung heute sogar schon überlegen, wie er mit etwaigen Steuermindereinnahmen umgeht. Die von Ihnen getroffene Regelung zur Schuldenbremse bewahrt auch an dieser Stelle vor ökonomisch kontra-produktiven Entscheidungen. Die neue Verfassungslage erlaubt nämlich, den Haushalt nach Maßgabe der der Haushaltsaufstellung zu Grunde liegenden Einnahmeerwartungen zu vollziehen. Wir müssen also nicht der Rezession hinterher sparen. Auch das stabilisiert das Land. Natürlich werden die Mindereinnahmen uns wehtun. Dieses wird nicht dadurch einfacher werden, dass wir mit diesem Haushalt bereits die gesamte allgemeine Rücklage mit 204 Millionen Euro und einen Großteil der Steuerschwankungsreserve, nämlich circa 378 Millionen Euro verausgaben.

Ich sprach diesen großen Wermutstropfen des Haushaltes 2020/2021 in meiner Einbringungsrede bereits an: Man kann Rücklagen nur einmal ausgeben.

Es ist daher bloß eine Feststellung, wenn ich uns ins Stammbuch schreibe: Wollen eine neue Landesregierung und ein neuer Landtag, nachdem wir die Pandemie erfolgreich bewältigt haben, einen rechtskonformen Haushalt für 2022 aufstellen, werden die Beteiligten alle Ausgabepositionen überprüfen und mit vielen liebgewordenen Besitzständen Schluss machen müssen.

Anrede, auch wenn heute ein lebhafter Austausch der Argumente in diesem Plenum ausfällt, ist es mir ein besonderes Anliegen festzuhalten, dass bei den Beratungen des Haushaltes im Finanzausschuss die verschiedenen Ansichten der Fraktionen – auch zum Thema Entnahme aus Rücklagen – ausführlich dargelegt wurden. Und nach Allem, was ich gehört habe, wurden die Facheinzelpläne in den Fachausschüssen weit überwiegend auch umfänglich diskutiert.

Mir ist die Botschaft an die Menschen im Lande wichtig: Auch wenn heute im Landtag nicht laut und vernehmlich gestritten wird, so sind doch im parlamentarischen Verfahren alle Argumente ausgetauscht worden und es ermangelt dem Landeshaushalt 2020/2021 in keiner Weise an demokratischer Legitimation. Beweis hierfür ist nicht zuletzt, dass der Haushalt nicht so den Landtag verlässt, wie er hereingekommen ist. Und dadurch – das räume ich für die Landesregierung ein – ist der Haushalt im Ergebnis der Beratungen des Finanzausschusses nicht an allen Stellen schlechter geworden. Die Fraktionen werden ihre Schwerpunkte heute hervorheben.

Mir ist erst einmal wichtig, festzustellen, dass sich das Haushaltsvolumen bei der heute zur Abstimmung stehenden Beschlussempfehlung gegenüber dem Haushaltsplanentwurf der Landesregierung nicht nennenswert erhöht hat. Es liegt bei 11,8 Milliarden Euro in 2020 und 12,4 Milliarden Euro in 2021. Der Haushalt wächst damit weiter.

Die im Ergebnis der Landtags-Beratungen in 2020 und 2021 Mehrbedarfe wurden vorrangig durch eine Absenkung bei Personalausgaben gegenfinanziert.

Dies war möglich, weil wir bei den Personalausgaben gegenüber dem Stand zur Beschlussfassung zum Haushaltsplanentwurf im November eine Nachkalkulation vorgenommen haben, welche die in der Zwischenzeit stattgefundene tatsächliche Personalentwicklung berücksichtigt. Bei der Neukalkulation der Personalausgaben war vor Allem zu berücksichtigen, dass die Landesregierung – der Lage auf dem Arbeitsmarkt geschuldet – zwischen Beschluss des Haushaltsplanentwurfs-und heutiger Beschlussfassung weniger neue Bedienstete einstellen konnte als geplant.

Anrede, was wird mit dem Haushalt 2020/2021 nun ausfinanziert? Ich weise auf mir wichtige Inhalte hin: Der Haushalt schafft die Voraussetzungen für eine weiterhin stabile Entwicklung bei den Investitionen, er gewährleistet weiterhin eine stabile kommunale Finanzausstattung und er stellt die Weichen, die Krankenhauslandschaft im Lande zukunftsfest aufzustellen.

Zu den Investitionen: Hierfür werden mit dem Haushalt für 2020 circa 2 Milliarden Euro und für 2021 circa 1,9 Milliarden Euro bereitgestellt. In 2019 waren es circa 1,65 Milliarden Euro. Der Haushalt stellt also bereits ein Konjunkturprogramm für sich dar. Die Investitionsquote beträgt damit 17 beziehungsweise 16 Prozent in den jeweiligen Jahren des Doppelhaushalts. Die besondere Herausforderung wird, wie in den Vorjahren, der Abfluss der Mittel sein.

Zur finanziellen Ausstattung der Kommunen weise ich darauf hin, dass das Festbetrags-FAG in Höhe von 1,628 Milliarden Euro natürlich stabil bleibt und unter Berücksichtigung der Zahlungen des Landes an die Kommunen außerhalb des FAG (Finanzausgleichsgesetz) die Zuweisungen an die Kommunen insgesamt sogar noch steigen, und zwar von 3,25 Milliarden Euro im Ist 2019 auf 3,53 Milliarden Euro in 2020 und 3,57 Milliarden Euro in 2021. Besonders froh bin ich, dass es gelungen ist, die neu eingeführte Kommunalpauschale in Höhe von jeweils 80 Millionen Euro jährlich um Zuweisungen an die Landkreise für den kommunalen Straßenbau in Höhe von fünf Millionen Euro in 2020 und 10 Millionen Euro in 2021 zu ergänzen.

Schließlich möchte ich hervorheben, dass mit dem Haushalt 2020/2021 das Problem der Investitionsrückstände bei Krankenhäusern angegangen wird. Für 2021 wird eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 150 Millionen Euro für Investitionszuschüsse an die Krankenhäuser in drei Jahresscheiben neu ausgebracht. Gleichzeitig schalten wir ein Gutachten vor, dass eine nachhaltige Verwendung dieser Mittel gewährleisten soll.

Wie ich bereits im Finanzausschuss näher ausgeführt habe, soll die Investitionsbank beauftragt werden, ein Gutachten zur investitionsspezifischen Untersetzung der Krankenhausplanung auszuschreiben und in Abstimmung mit dem Sozial- und Finanzministerium inhaltlich zu steuern. Das Land stellt sich damit seinen konzeptionellen Herausforderungen.

Anrede, abschließend möchte ich noch einmal allen an der Haushaltsaufstellung Beteiligten danken. Den Mitgliedern des Finanzausschusses besonders und ganz besonders dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, der wie immer hervorragend das Verfahren geleitet hat. Ich möchte dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, Herrn Vogt und Frau Domres für ihre tatkräftige Unterstützung danken, ebenso den zuständigen Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, der Fraktionen und meines Hauses.

Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Der weitere Verlauf der Pandemie wird zeigen, ob wir diese im Haushaltsvollzug bewältigen können, oder ob es eines Nachtragshaushaltes bedarf. Aber dieses ist eine nicht heute zu entscheidende Fragestellung. Heute wünsche ich Ihnen und allen Menschen im Lande vor allen Dingen: Bleiben Sie gesund. Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.