Ringen um Herzblut-Brauerei in der Glauchaer Straße geht weiter

von 9. Juli 2015

Jetzt melden sich die Projektentwickler zu Wort, weil sie falsche Informationen und Schlussfolgerungen zum Feuer in Kontor und Sudhalle nicht weiter unkommentiert lassen wollen. „Wir haben mit dem Brand nichts zu tun“, erklärt Richard Hergeth von der AMI-Geschäftsführung. „Wir haben hier investiert und geplant – entstanden ist durch das Großfeuer nur Schaden.“ Alle Gebäude der Freyberg Brauerei standen zum Zeitpunkt des Brandes leer. „Aufgrund des schlechten Zustandes der historischen Bauwerke war es gar nicht möglich, sie gegen Feuer zu versichern, denn die Versicherung lehnt solche Objekte ab.“ Der Brand rechne sich also nicht. Die Folgen kosteten statt dessen viel Geld, egal ob die Gebäude stehen blieben und gesichert werden müssten oder ob es zum Abriss käme. Hergeth sorgt sich um den Denkmalschutzstatus. Wenn der wegfiele, wären auch keine Fördermittel mehr zu bekommen und damit die ganze Vermarktung gefährdet. Müssten Kontor und Sudhalle abgerissen werden, gingen die beiden ältesten Gebäude verloren und es wäre zu befürchten, dass die Ecke nicht mehr vollständig bebaut werden dürfte.

Projektleiter Helmut Alicke kann die Emotionen, die in ihm hochschlagen, wenn es um die Zukunft der Brauerei geht, nicht unterdrücken: „Es wird immer schlimmer. Lange hält die Brauerei nicht mehr durch.“ Nach dem Brand gehe es um die Statik der betroffenen Häuser. Bisher gibt es dazu nur Aussagen, die weder eindeutig für den Abriss, noch eindeutig für den Erhalt sprechen. Für den derzeitigen Eigentümer wird es am Ende eine Abwägung der Kosten zwischen der einen und der anderen Variante. Bis zum 17. Juli, so fordert es die Stadt, muss ein Sicherungskonzept vorliegen. Nachdem während des Brandes Teile der Sudhalle herabgestürzt sind, ist die betroffene Nebenstraße der Glauchaer Straße gesperrt. Bis zum 31. August muss der Eigentümer der Brauerei Sicherungsmaßnahmen durchführen: Die in die Gebäude gestürzten Balken müssen beräumt und der Mörtel der Mauern geprüft werden. Alicke ist verärgert über die Probleme – quasi auf den letzten Metern des Großvorhabens. Immerhin sind schon zahlreiche andere Planer zuvor gescheitert. Erstmalig gibt es so konkrete Pläne für die Sanierung des ehemaligen Industriekomplexes. Kaufinteressenten für das Wohnprojekt alte Brauerei zu finden, ist kein Problem, so Alicke. „Wir haben potenzielle Investoren.“

Miré Wiehe ist verärgert, dass der Großbrand in der Öffentlichkeit wiederholt als „Warmsanierung“ diskutiert wurde. Für sie sind derlei Spekulationen völlig absurd. Mit Gerhard Fischer bildet sie das Vermessungs- und Planungsteam und hat die komplette Brauerei digital vermessen, wofür eigens teure Technik angeschafft wurde. Für die digitale Erfassung sind sie über Monate in alle Räume geklettert, über einsturzgefährdete Dächer balanciert und haben sich durch riesige verwinkelte und finstere Keller gearbeitet, die teilweise durch alte Quellen unter Wasser stehen. An den Wänden in Frau Wiehes Büro hängen die Entwürfe, wie die Brauerei künftig aussehen soll. In den Aktenschränken liegen Kopien alter Bauskizzen, die fast 100 Jahre alt sind.

Bisher gibt es weder Bauanträge, noch Anträge auf Fördermittel. Das historische Ensemble, einschließlich der vom Brand betroffenen Gebäude, soll unter anderem mit Luxuswohnungen saniert werden und wird einmal interessant für Käufer mit Abschreibungsmöglichkeiten. Die Schwankhalle an der Saale, mit ihren entstehenden Wohnräumen, wird interessant für alteingesessene Hallenser, die ihre Stadt lieben. Ein Ersatzneubau ist bisher nur an einer Stelle auf der Südseite geplant, an der ein Gebäude vor Jahren von Vorgängern unbefugt teils abgerissen wurde. Zum Bauvorhaben gehört auch eine Hochgarage mit 120 Stellplätzen für die zukünftigen Bewohner. Eine Bootsgarage in den Kellergewölben an der Saale ist ein weiterer Gedanke. Demnächst wird ein Architekturmodell der Brauerei vor und nach der Sanierung fertiggestellt.

Inzwischen ist es bereits mehr als 20 Jahre her, dass die Brauerei nur knapp dem Abriss entging. Im Januar 1995 lag von einem der Vorgänger ein entsprechender Antrag vor. Doch das ist nicht in unserem Sinne, so die AMI. „Wir wollen die Brauerei sanieren!“ 20 bis 25 Millionen Euro dürfte das gesamte Vorhaben kosten.

Hintergrund: Unter Warmsanieren versteht man eine Form des Versicherungsbetrugs. Dabei versichert ein Hauseigentümer ein Haus über Wert und lässt Feuer legen, um die Versicherungssumme zu kassieren.