Rotes Fahrrad gegen den Verfall der “Marktwirtschaft”

von 6. Dezember 2011

Die "Marktwirtschaft" hatte hier jahrelang ihren Sitz. Doch die Kneipe verschwand, und das Gebäude in der Brüderstraße 7 in Halle (Saale) wurde ein Opfer der Marktwirtschaft. Verkauft wurde das Gebäude, eine Sanierung wurde erhofft. Doch die Pläne scheiterten, das Gebäude wurde weiterverkauft. Und verfällt weiter. Der Arbeitskreis Innenstadt will nun mit einem signalroten Fahrrad auf die gefährdete Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes hinweisen. Es wird am Freitagnachmittag vor dem sogenannten "Schultheißenhaus" aufgestellt.

Denn die Brüderstraße ist nach Ansicht des AKI eine der vergessenen und vernachlässigten Straßen im Herzen der Stadt Halle. Während der ehemalige Pruve-Hof und die Kapelle St. Pauli nicht mehr existieren, verweisen die noch erhaltenen Bürgerhäuser auf die einstige Bedeutung der Straße und ihrer Bewohner. Der wichtige Renaissancebau Ecklage zur Kleinen Steinstraße stammt in großen Teilen aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundertm versehen mit markanten Alterungs- und Umbauspuren. Erster bekannter Besitzer des Grundstücks war Mitte des 16. Jahrhunderts Andreas Grundtmann, mit Christoph Hoffmann und Wolf Bausse folgten weitere angesehene Bürger und Amtsträger der Stadt. Am 4.1.1615 erwarb der Jurist Melchior Hoffmann das damals größere Anwesen für 1500 Gulden. Hoffmann war in der bewegten Zeit zwischen 1620 und 1660 Schultheiß in Halle. Als wichtiger stadtherrlicher Beamter hatte er im Dienste (mindestens) zweier magdeburgischer Administratoren (Christian Wilhelm von Brandenburg und August von Sachsen) bedeutende Amtsgeschäfte auszuführen, u.a. Teile der Gerichtsbarkeit. Derartige Rechtsakte wurden (bis 1669) im Haus des Schultheißen verrichtet, vermutlich hier in der Brüderstraße. Auf diesen speziellen Zusammenhang könnte auch das (später über dem Eingang angebrachte) Wappen hindeuten. Mit Carol Andreas Hoffmann und Christian Bieck folgten im späten 17. Jahrhundert weitere bedeutende Amtsträger als Besitzer; später war das Haus Wohnhaus und Gaststätte: 1863 „Schlüters Kaffeehaus“, ab 1876 „Restauration zum Markgrafen“, ab 1976 „Halberstädter Bierstuben“, von 1998 bis 2007 „Marktwirtschaft“.
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