„Sachsen-Anhalt auf dem Weg zu mehr Gleichstellung“

von 13. November 2014

Herr Präsident/ Frau Präsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

Warum eine Regierungserklärung zur Gleichstellungspolitik in Sachsen- Anhalt?

1. Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Gleichstellung der Geschlechter ist auf europäischer Ebene Art. 2 und 3 des Vertrages über die Europäische Union), in Art. 8 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 21 und 23), in Art. 3 des GG und in Art. 34 der Landesverfassung Sachsen- Anhalt verankert.

Trotz dieser eindeutigen Rechtslage und der Verpflichtung in Art. 3 Abs.2 S. 2 „Der Staat fördert die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“, ist in Deutschland die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern auch heute noch nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen hergestellt.

Beispielhaft darf ich an dieser Stelle auf die derzeitige Debatte zur Einführung einer Frauenquote für die Aufsichtsräte der börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen verweisen.

2. Die Koalitionsvereinbarung „Sachsen-Anhalt geht seinen Weg: Wachstum – Gerechtigkeit – Nachhaltigkeit“ für die Legislaturperiode von 2011 bis 2016 räumt der Herstellung von Chancengleichheit einen zentralen Platz ein. Wir haben konkrete Schritte zur Gleichstellung von Frauen und Männern, wie eine 40 Prozentquote von Frauen in den Führungsfunktionen der Landesverwaltung und der Hochschulen verankert. Herr Ministerpräsident Haseloff hat mit der Einrichtung eines „Frauenbeirats“ diesen Politikbereich zu einem seiner persönlichen Schwerpunkte gemacht.

3. Gleichstellungspolitik ist Zukunfts- und Innovationspolitik – zu dieser Erkenntnis kommt das Expertengutachten das die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode zur Erstellung des 1. Gleichstellungspolitischen Berichtes in Auftrag gegeben hat. Hier wird nachgewiesen, dass durch die Erwerbstätigkeit von Frauen wirtschaftliche Nachfrage und neue Beschäftigungsverhältnisse entstehen und zugleich die Sozialsysteme stabilisiert werden. Gleichstellungspolitik ist somit ein zentrales Politikfeld, das es uns ermöglicht die zukünftigen Herausforderungen, wie den demographischen Wandel zu meistern. Chancengleichheit und Partnerschaftlichkeit von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen – dies sollten aus meiner Sicht die Ziele einer modernen Gleichstellungspolitik sein.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich muss an dieser Stelle feststellen, dass wir diese Ziele auch in Sachsen- Anhalt leider noch nicht in allen Bereichen erreicht haben. Trotz der Verankerung der Verpflichtung in Art. 34 unserer Landesverfassung „… die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft“ zu fördern und der Fortschritte die wir in den letzten Jahren tatsächlich erreicht haben, beispielsweise im Hinblick auf höchste Bildungsabschlüsse, berufliche Karrieren und gesellschaftliche oder politische Teilhabe, gibt es noch eine Menge zu tun. Die Landesregierung und dieses Hohe Haus haben in den letzten 4 Jahren nicht nur über „Gleichstellung“ diskutiert, sondern konkrete politische Vorhaben auf den Weg gebracht:

  • Der Landtag hat sich ausdrücklich für die Unterstützung einer Hamburger Gesetzesinitiative zur Einführung einer Frauenquote für die Aufsichtsräte börsennotierte Unternehmen im Bundesrat ausgesprochen. Sachsen- Anhalt hat diesem Gesetzentwurf mit seiner Stimme zu einer Mehrheit im Bundesrat verholfen.

  • Der Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Herstellung von „Entgeltgleichheit“ zu erarbeiten. Wir haben das Thema „Frauen im Erwerbsleben“ zum Schwerpunktthema der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) in Sachsen-Anhalt im Jahr 2013 gemacht, deren Vorsitz ich innehatte. Eine von meinem Haus gemeinsam mit Hessen geleitete AG Entgeltgleichheit hat nach einem intensiven Arbeitsprozess und der Anhörung von Experten aus allen einschlägig betroffenen Interessengruppen mittlerweile den Entwurf eines Maßnahmekataloges vorgelegt, der derzeit abgestimmt wird.

  • Sachsen-Anhalt leitete darüber hinaus auch die GFMK-AG „Frauenförderung im Bereich der Wissenschaft“, die einen Bericht zur diesjährigen GFMK vorgelegt hat.

  • Im November 2011 hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, ein „Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen- Anhalt“ zu erarbeiten. Dieses habe ich dem Kabinett am Dienstag vorgelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Wie ist es mit der Gleichstellung in Sachsen- Anhalt bestellt?

Zur Erarbeitung unserer gleichstellungspolitischen Programme und Maßnahmen haben wir zunächst einen Faktencheck gemacht: Im Ergebnis kann ich feststellen, Sachsen- Anhalt ist in vielen Bereichen gut aufgestellt!

Mädchen haben im Vergleich zu Jungen häufig die besseren Schul- und Studienabschlüsse. So lag der Anteil von Jungen bei den Hauptschulabschlüssen im Jahr 2010 bei 59,2 Prozent. Die Realschulabschlüsse an allgemeinbildenden Schulen werden zu gleichen Anteilen von Mädchen und Jungen erreicht. Die allgemeine Hochschulreife wird dagegen mit 56,6 Prozent häufiger von Mädchen erreicht. So überrascht es auch nicht, dass Studienabschlüsse mit 55 Prozent in Sachsen- Anhalt häufiger von Frauen erreicht werden. Besonders hoch ist der Anteil von Frauen mit 65,3 Prozent bei Lehramtsstudiengängen.

Positiv kann ich an dieser Stelle aber auch feststellen, dass der Anteil von Männern an den Lehramtsabschlüssen von 2005 bis 2011 um über 10 Prozent gesteigert werden konnte. Dieser liegt nun mit 34,7 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 26, 9 Prozent.

Wir können für Sachsen- Anhalt im gleichen Zeitraum auch eine überdurchschnittliche Steigerungsrate bei den Promotionen von Frauen feststellen. Sie lag 2011 bei 43,4 Prozent und hat damit den Bundesdurchschnitt fast erreicht (44, 9 Prozent).

Sehr geehrte Damen und Herren, Sachsen-Anhalt ist das Bundesland mit der besten Kinderbetreuung — Das ist ein enormer Standortvorteil nicht nur für die Gleichstellung, sondern vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung! Während im Bundesdurchschnitt nur 25,4 Prozent der unter Dreijährigen eine Einrichtung der Kindertagesbetreuung besuchen, sind es hierzulande 56, 1 Prozent. Das ist nicht nur ein wichtiger Faktor für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sondern eröffnet auch Möglichkeiten einer breit aufgestellten frühkindlichen Bildung. Diese haben wir im letzten Jahr mit der Einführung des Ganztagesanspruchs für alle Kinder weiter verbessert.

Wie alle ostdeutschen Bundesländer verfügt Sachsen- Anhalt mit 77, 2 Prozent über eine überdurchschnittlich hohe Erwerbsquote von Frauen (Männer 82,3 Prozent, 2012). Aber der Anteil von teilzeitbeschäftigten Frauen ist in den letzten Jahren gestiegen. Er lag 2012 bei 42,8 Prozent, die Teilzeitquote von Männern dagegen nur bei 9, 5 Prozent. Teilzeit ist also auch in Sachsen- Anhalt eine „Frauendomäne“. Darüber hinaus stellen Frauen 59, 9 Prozent alle geringfügig Beschäftigten und Minijobs.

Es gilt daher, ein noch stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein für die Potentiale von Frauen im Erwerbsleben zu fördern – nur so schaffen wir tatsächliche Chancengleichheit und bekommen die Fachkräfte, die die Wirtschaft dringend braucht. Ich hatte vorhin das Thema „Entgeltgleichheit“ angesprochen.

Bundesweit liegt der sog. „Gender Pay Gap“ bei 22 Prozent. Mit 6 Prozent liegt er in Sachsen- Anhalt weit darunter. Dennoch: Wenn wir davon ausgehen, dass Frauen und Männer mit den gleichen Potentialen ausgestattet sind und auch mit den gleichen Wünschen, diese Potentiale einzusetzen, dann kann ich dies nicht als gerecht empfinden. Sowohl gesellschaftliche und ökonomische Strukturen als auch Rollenerwartungen bilden die Ursachen dafür, dass Frauen mehrheitlich die Haushalts- und Familienarbeit übernehmen und dass sie in Anbetracht der häufigen Doppelbelastung durch bezahlte Erwerbstätigkeit und unbezahlte Sorgetätigkeit über geringere Ressourcen frei einteilbarer Zeit verfügen.

Dies wiederum schränkt ihre Möglichkeiten der gesellschaftlichen Partizipation massiv ein. Besondere zeitliche und oft auch finanzielle Herausforderungen stellen sich dabei für alleinerziehende Eltern, von denen die Mehrheit Frauen sind. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die hohe Abhängigkeit dieser Personengruppe von sozialen Transferleistungen. Eine der größten Herausforderung vor denen Sachsen-Anhalt steht ist die demografische Entwicklung und die Abwanderung insbesondere von jungen qualifizierten Frauen. Die Umsetzung der Gleichstellung ist demnach nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein wichtiger Faktor für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes – in sozialer, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Vielfalt auf Augenhöhe – dieses Motto steht für Gerechtigkeit, demokratische Entscheidungsfindung und Zukunftsfähigkeit, die ich mir auch für Sachsen-Anhalt als Ganzes wünsche. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Gleichstellungspolitische Ansätze dürfen dabei nicht nur punktuell zum Tragen kommen.

Die Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit muss stattdessen als Querschnittsaufgabe der verschiedenen Politikfelder verstanden werden. Mit anderen Worten: Wir alle, meine Damen und Herren, müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, um nachhaltig etwas zu bewegen –und genau das haben wir in den letzten 4 Jahren getan und können bereits auf Erfolge in der Frauen- und Gleichstellungspolitik zurückblicken. Aufbauen konnten wir dabei auf die gleichstellungspolitische Arbeit seit Beginn der 90er Jahre, in der Sachsen- Anhalt bundesweit eine führende Rolle inne hatte.

In Sachsen-Anhalt gibt es seit 1993 ein Frauenfördergesetz, das wesentlich dazu beigetragen hat, die berufliche Situation und Entwicklung von Frauen zu verbessern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Ein weiterer Meilenstein war 1999 die Verabschiedung des Programms zur Durchsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in Sachsen-Anhalt. Im Jahre 2000 fasste die Landesregierung den Beschluss zur systematischen Einbeziehung des Ziels der Chancengleichheit von Frauen und Männern in sämtliche Politikbereiche.

Sehr geehrte Damen und Herren, trotz dieser bereits weitreichenden Ansätze hat sich eines gezeigt: Wir brauchen auch einen langen Atem. In der gegenwärtigen Legislaturperiode ist das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit deshalb ganz bewusst ein politischer Schwerpunkt.

Wir wollen konkrete Schritte zur Gleichstellung von Frauen und Männern in die Wege leiten. Die Landesregierung hat bereits am 8. Juni 2012 ein Konzept „Karrierewege von Frauen als Teil eines erfolgreichen Gender Managements in der Landesverwaltung“ verabschiedet.

Ziel ist die Etablierung und Umsetzung eines Gender Managements, das die Karriereentwicklung von Frauen in die Personal- und Organisationsplanung einbezieht. Ein wesentliches Instrument ist ein jährliches Monitoring. Hier ist für jedes Ressort ablesbar, wie viele der freien und wieder besetzten Stellen mit Frauen besetzt wurden. Ich weiß, dass der Anspruch auf allen Führungsebenen 40 Prozent Frauen zu erreichen sehr ambitioniert ist.

Ich bin mir aber sicher, dass wir diesem Ziel in den nächsten Jahren einen deutlichen Schritt näher kommen. Ich kann feststellen, dass eine Reihe von ressortspezifischen Projekten bereits umgesetzt wurde:

  • Etablierung eines Mentoring- Programmes durch die Staatskanzlei,

  • Durchführung einer Befragung „Barrieren für die Karriereplanung“ durch das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft,

  • Projekt „Karriere 50+“ des Ministeriums für Inneres und Sport und Durchführung einer geschlechtersensiblen Beschäftigtenbefragung „Methodenund Instrumente zur Entwicklung einer innovativen Organisations- und Geschlechterkultur in der Justizverwaltung durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung.

Gemeinsam haben die Ressorts der Landesregierung gleichstellungspolitische Landesziele erarbeitet. Diese reichen von der Stärkung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen, über die Durchsetzung von gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, die Sicherung der Gleichstellung in Entscheidungsgremien und den Schutz der Würde und Unversehrtheit bis zur Ausrichtung aller Verwaltungsverfahren auf Geschlechtergerechtigkeit. Als nächsten Schritt hat die Landesregierung im April 2013 das „Gender Mainstreaming-Konzept der Landesregierung 2012 – 2016“ verabschiedet, das Maßnahmen enthält, die die Implementierung von Gender Mainstreaming in die Verwaltungsroutine unterstützen:

  • Die Verankerung von Gender Management als Teil der Personal- und Organisationsentwicklung in der Verwaltung sowie die Gestaltung einer innovativen Organisations- und Geschlechterkultur,

  • Die Etablierung der Gleichstellung als Querschnittsziel in sämtlichen Bereichen und auf allen Ebenen der EU- Fondsförderung,

  • Die Überführung von Gender Mainstreaming in die Verwaltungsroutine,

  • Die Erhöhung der Gender-Qualität in der verwaltungsinternen undexternen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sowie

  • Den Ausbau und die Qualifizierung einer geschlechterdifferenzierten Datenbasis.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Wir sind im November 2011 von Ihnen, den Abgeordneten des Landtags, beauftragt worden, in einem dialogorientierten Prozess ein rahmengebendes Programm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt zu erarbeiten. Diese Aufgabe haben wir, und habe ich als Ministerin des federführenden Hauses, sehr gerne angenommen.

Ich habe mich für ein umfassendes und vor allem umsetzbares Programm eingesetzt, dass sich nicht von vornherein haushalterischen Beschränkungen unterwirft. Der Entstehungsprozess ist aus meiner Sicht einmalig. Es ist gelungen, diejenigen, die sich schon seit vielen Jahren in unserem Land für Gleichstellung engagieren, zusammenzubringen und ihr Expertenwissen und ihre Erfahrungen zu nutzen, um die Dinge zu verändern, die nach wie vor zu Ungleichbehandlung oder Diskriminierung führen. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanken!

Ich habe dieses „Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen- Anhalt“ am Dienstag im Kabinett vorgestellt. Es wird nun Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete als Ergebnis unserer gemeinsamen Arbeit zugeleitet. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich an dieser Stelle bei Ihnen allen für die Unterstützung und die aktive Mitarbeit zu bedanken – auch dafür, dass es uns trotz aller finanziellen Zwänge gelungen ist, eine Sockelfinanzierung für das Landesprogramm im Doppelhaushalt 2015/16 zu verankern. Ich glaube das ist Ausdruck unserer Ernsthaftigkeit, nach diesem intensiven Diskussionsprozess die konkreten Maßnahmen nun auch umzusetzen.

Das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt legt politikfeldübergreifend Ziele und Maßnahmen fest, damit die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit über die Landesverwaltung hinaus wirkt. Dabei konzentriert es sich auf die von Ihnen vorgeschlagenen fünf Handlungsfelder:

? Bildung,

? existenzsichernde Beschäftigung,

? soziale Gerechtigkeit,

? Partizipation und

? Antigewaltarbeit.

Das Programm beinhaltet einen Masterplan mit über 200 konkreten Maßnahmen, mit denen die Gleichstellung von Männern und Frauen weiter verbessert werden kann. Mit diesen Maßnahmen werden Ziele verfolgt, die im Handlungsfeld Bildung von der geschlechtergerechten Ausgestaltung der frühkindlichen Bildungsarbeit bis zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der Hochschulen reichen. Schwerpunkte im Handlungsfeld Beschäftigung ist eine Verringerung von prekären Beschäftigungsverhältnissen, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Frauen und Männer sowie geschlechtergerechte Karrierechancen. Die Maßnahmen im Handlungsfeld „soziale Gerechtigkeit“ zielen bspw. auf die Eindämmung der Abwanderung junger Frauen aus Sachsen-Anhalt, die Verbesserung der Chancen von Alleinerziehenden auf dem Arbeitsmarkt und auf eine geschlechtergerechte Gesundheitspolitik.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch im Bereich der Partizipation besteht Handlungsbedarf. Das Landesprogramm plädiert hier für weitergehende Maßnahmen zur paritätischen Gremienbesetzung in der Kommunal- und Landespolitik und für die Stärkung des Ehrenamtes, dabei soll der Anteil von Frauen in Führungsfunktionen im Ehrenamt erhöht werden. Ein weiterer politischer Schwerpunkt der letzten Jahre war für uns die Stärkung des Netzwerkes von Unterstützungseinrichtungen, die sich um Frauen und Kinder aber auch um Männer kümmern, die von Gewalt betroffen sind: Frauenhäuser und Frauenzentren, Frauenberatungsstellen, die Beratungsstelle Pro Mann, Interventionsstellen und die Beratungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt. Ich bin froh, dass es uns in den Haushaltsberatungen gelungen ist, zusätzliche finanzielle Mittel bereit zu stellen um eine tarifgerechte Bezahlungen der Kolleginnen und Kollegen zu ermöglichen. Auch dafür an dieser Stelle noch einmal mein herzlicher Dank an sie! Das Handlungsfeld der Antigewaltarbeit – vom Opferschutz, über die Arbeit mit den Täterinnen und Tätern bis hin zur Prävention –wird auch in Zukunft einer unserer Schwerpunkte sein. Wir müssen uns noch intensiver mit Gewalt gegen Migrantinnen oder auch gegen Jungen und Männer beschäftigen. Als gemeinsame Initiative des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung und des Ministeriums für Arbeit und Soziales sollen dazu beispielsweise mehrsprachige Informationsangebote und Fortbildungen zur Unterstützung gewaltbetroffener Migrantinnen angeboten werden. Von der Notwendigkeit, sich auch diesem Themenkomplex zuzuwenden, muss ich in dieser Runde sicher niemanden mehr überzeugen. Aber auch hier können wir nicht alle Probleme allein auf Landesebene lösen. Deshalb bin ich froh, dass es uns auf der diesjährigen GFMK endlich gelungen ist, die Kolleginnen und Kollegen in den Ländern von der Notwendigkeit bundesweit vergleichbarer Standards und Finanzierungsbedingungen zu überzeugen. Es wurde die Gründung einer länderoffenen GFMK-AG zur Finanzierung von Frauenhäusern und Opferschutzeinrichtungen, unter der Leitung von Sachsen- Anhalt beschlossen. Auch die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig hat den Ländern Unterstützung zugesagt und könnte sich die bundesgesetzliche Verankerung eines Rechtsanspruchs von Frauen und Kindern, die von Gewalt betroffen sind, auf Zugang zu Unterstützungseinrichtungen vorstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen- Anhalt ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Abgeordneten des Landtages, den obersten Landesbehörden und von über 100 zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren unter der Federführung meines Hauses. Diesen weitreichenden demokratischen Prozess möchte ich ausdrücklich hervorheben und allen Beteiligten an dieser Stelle noch einmal für Ihren Einsatz danken. Mein besonderer Dank gilt dabei den Mitgliedern der Projektlenkungsgruppe und der Arbeitsgruppen sowie der Programmkoordinierung beim Ministerium für Justiz und Gleichstellung. Das Landesprogramm verdeutlicht den Ansatz der Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsthema in der Verantwortung aller Ressorts. Die einzelnen Bestandteile des Maßnahmenpaktes müssen nun in eigener inhaltlicher und finanzieller Verantwortung umgesetzt werden. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung will unter anderem ein Mentoringprogramm für Frauen auf kommunalpolitischer Ebene initiieren, die die ersten Schritte in die Politik schon gewagt haben und nun Unterstützung brauchen. Ferner werden wir gemeinsam mit dem Ministerium für Inneres und Sport die Einführung einer gesetzlichen Regelung und von unter-gesetzlichen Maßnahmen zur Stärkung der Partizipation von Frauen in politischen Gremien, Ämtern und Mandaten sorgfältig prüfen. Um die Karrieren von Frauen innerhalb des Justizbereiches zu unterstützen, bieten wir u.a. Seminare für Behördenleitungen, Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit dem Schwerpunkt „geschlechtergerechtes Beurteilen“ und spezifische Fortbildungen für Frauen an. Wir haben uns weiterhin vorgenommen, die sozialen Haltefaktoren für Frauen in ländlichen Gebieten durch Projektförderung zu stärken. Dieses Ziel wird auch ausdrücklich vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr unterstützt.

Leider kann ich Ihnen hier nicht alle Einzelmaßnahmen, Projekte und Initiativen vorstellen, die wir in den letzten Jahren zur Gleichstellung von Frauen und Männern initiiert und umgesetzt haben. Ich kann aber feststellen, dass wir Gleichstellungspolitik in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns gestellt haben. Ich habe Ihnen dargestellt, dass Sachsen- Anhalt auch im Ländervergleich sehr gut aufgestellt ist und geschildert, an welcher Stelle es noch Handlungsbedarf gibt. Wir haben gute Gesetze auf europäischer, Bundes- und Landesebene– aber Gesetze allein verändern die Situation nicht. Mit den nun in Sachsen- Anhalt vorliegenden umfassenden Konzepten: ? Karrierewege von Frauen als Teil eines erfolgreichen Gender Managements in der Landesverwaltung Sachsen- Anhalts ? Gendermainstreaming Konzept der Landesregierung 2012 – 2016 und ? Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen- Anhalt setzen wir genau hier an und beschreiben strukturelle Lösungsansätze. Gleichstellungspolitik wird als Querschnittsaufgabe von allen Ressorts nicht nur wahr- sondern ernst genommen. Nur mit einem ressortübergreifenden Ansatz und echtem Teamgeist werden wir tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Sachsen- Anhalt erreichen! … und das ist gut und imagefördernd für Sachsen- Anhalt. Wenn es uns gelingt, dass Sachsen- Anhalt bundes- und europaweit als besonders familienfreundlich wahrgenommen wird, als ein Bundesland, in dem Frauen und Männer in allen Lebensbereichen gleichgestellt sind und Frauen genauso viel verdienen wie Männer und Frauen gleichberechtigt in Führungsfunktionen von Wirtschaft und Verwaltung vertreten sind und gleichberechtigt am politischen Leben teilnehmen – dann ist das ein wichtiger Standortvorteil!

Eine Frage zu den notwendigen Rahmenbedingungen muss noch beantwortet werden: Müssen wir unser Frauenfördergesetz in ein modernes Gleichstellungsgesetzt überführen? Ich bin der Meinung: JA. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung führt derzeit eine Evaluation des Frauenfördergesetzes durch und fragt zunächst alle Gleichstellungsbeauftragten nach ihren Erfahrungen und Vorstellungen. Ich will diese Diskussion in den nächsten Monaten auch mit allen anderen Akteuren und Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete führen. Für mich kristallisieren sich schon jetzt folgende Eckpunkte heraus:

? Brauchen wir neben unserer „weichen“ Quotenregelung, konkrete Zielquoten, die in bestimmten Zeiträumen erreicht sein müssen?

? Der Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben muss in irgend einer Form sanktioniert werden (die Erfahrungen anderer europäischer Länder zeigen, dass Quoten dann zu Erfolgen führen, wenn sie sanktionsbewehrt sind und der Gesetzentwurf des Bundes für eine gerechte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen beschreiet ebenfalls diesen Weg),

? Wir brauchen qualifizierte Gleichstellungspläne, die Bestandteil der Personal- und Organisationsentwicklung sind, ? Wir müssen eine Stärkung der Stellung der Gleichstellungbeauftragten erreichen und die Einführung eines Klagerechtes bei Verstößen gegen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte prüfen und ? Wir brauchen konkrete Standards für die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten. eine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, für bitte ich um Ihre Unterstützung. ir haben in den letzten vier Jahren neuen Schwung in die Debatten gebracht, wie wir zu ehr Gleichstellung kommen. Wir haben nicht nur Konzepte entwickelt sondern bereits konete Maßnahmen umgesetzt. ssen Sie uns auch in Zukunft die Geschlechtergerechtigkeit in Sachsen-Anhalt gemeinm voranbringen!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

     
PP