Sachsen-Anhalt braucht mehr Seniorenwohnungen

von 16. März 2011

Jeder dritte Hallenser ist älter als 60: Die Bevölkerung altert, auch in ganz Sachsen-Anhalt. Verbände der Baubranche schlagen nun kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Alarm, befürchten eine graue Wohnungsnot. „In den kommenden Jahren wird es eine extrem ansteigende Nachfrage bei den altersgerechten Wohnungen geben“, sagte Hans Georg Leuck, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), dessen Verband auch die Koordination der bundesweiten Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ durchführt. Der Bedarf an barrierearmen Wohnungen steige Jahr für Jahr. Bereits 2025 werde Sachsen-Anhalt mehr als 63.300 seniorengerechte Wohnungen benötigen. Das gehe aus einer Studie des Pestel-Instituts zur „Wohnsituation im Alter“ hervor. Lediglich ein Bruchteil der altersgerecht sanierten oder neu gebauten Wohnungen, die Sachsen-Anhalt künftig dringend brauche, gebe es bereits.

„Senioren in Sachsen-Anhalt haben damit schlechte Chancen, in ihren eigenen vier Wänden alt zu werden“, so Leuck. Für den Vorsitzenden der DGfM ist die „Graue Wohnungsnot“ ein Problem, vor dem die Politik bewusst die Augen verschließt: Bis zum Jahr 2025 werde die Zahl der Haushalte, in denen mindestens ein Über-70-Jähriger lebt, auf nahezu 307.000 in Sachsen-Anhalt steigen. Das sei ein Plus von gut 18 Prozent – und damit ein mehr als doppelt so hoher Zuwachs wie ihn etwa Hamburg zu erwarten habe. „In der Hansestadt hat der Wohnungsbau den Wahlkampf in diesem Jahr als ein zentrales Thema beherrscht. Man kann sich daher nur wundern, wie lässig die Parteien in Sachsen-Anhalt um dieses ‚heiße Eisen’ einen Bogen machen“, sagte Hans Georg Leuck.

„Wie sozial eine Landesregierung tickt, entscheidet sich auch daran, wie sie ältere Menschen wohnen lässt“, sagte Peter Thurn von der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“. Es lohne sich deshalb, einen scharfen Blick auf die Sozialkompetenz aller Parteien zu werfen, die in Sachsen-Anhalt nach dem 20. März regieren wollen. „Gradmesser dabei ist auch der Stellenwert, den die Wohnungsbaupolitik und das altersgerechte Wohnen in den Wahlprogrammen haben“, so Thurn. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) verweist darauf, dass ein Land wie Sachsen-Anhalt gut beraten sei, über den Bundesrat künftig „intensiv auf die Bundespolitik einzuwirken, um eine bessere Förderung des seniorengerechten Wohnungsbaus zu erreichen“.

Die Baubranche in Sachsen-Anhalt sei auf die Sanierung und den Neubau von altersgerechten Wohnungen vorbereitet: Aufzüge im Haus, keine Stufen in den Wohnungen, Duschen mit Haltegriffen – und ein bodengleicher Zugang zur Badewanne. Ebenso breite Türen und Flure, durch die Rollator und Rollstuhl passen, und nicht zu enge Küchen. „Wohnkomfort im Alter ist baubar. Er muss nur bezahlbar gemacht werden. Und dazu ist eine bessere staatliche Unterstützung notwendig“, sagte Thurn. Kredite zu günstigen Zinsen über die KfW seien nur die zweitbeste Lösung. „Ein 70-Jähriger nimmt keinen Kredit mehr auf. Was wir deshalb brauchen, sind direkte Zuschüsse. Dafür muss sich Sachsen-Anhalt beim Bund stark machen“, so der BDB-Präsident. Immerhin erspare ein Altern in den eigenen, altersgerechten vier Wänden den Senioren ganz häufig den Gang ins Pflegeheim – und damit den Sozialkassen viel Geld.