Sachsen-Anhalt prüft Verbindungen der Nazi-Terrorbande

von 15. November 2011

Viele Fragen hat die mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppe aufgeworfen. Haftbefehle wurden gegen zwei Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds erlassen. Bekenner-DVDs gingen unter anderem an ein Parteibüro der Linken in Halle (Saale). Der "Spiegel" hatte auch von einem Foto berichtet, dass drei Mitglieder der Zwickauer Terrorzelle in Sachsen-Anhalt zeigt.

Deshalb wird in Sachsen-Anhalt vom Landeskriminalamt geprüft, ob hier begangene Straftaten in einen Zusammenhang mit der Terrorbande zu bringen sind. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen laut Innenministerium jedoch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. Landeskriminalamt (LKA) und Verfassungsschutz stünden im ständigen Kontakt mit den zuständigen Bundesbehörden.

„Die immer neuen Erkenntnisse zum Terror von Rechts zeigen eine in dieser Form von Politik und Sicherheitsbehörden lange unterschätzte, aber keineswegs überraschende Dimension rechter Gewalt. Neben den Taten, die durch extreme Brutalität und Grausamkeit gekennzeichnet waren, beunruhigt mich vor allem die Rolle der Geheimdienste“, erklärte der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Sebastian Striegel. Seine Fraktion hat deshalb am Montag einen Antrag auf Selbstbefassung des Innenausschusses gestellt. Dort solle die Landesregierung den bisherigen Wissensstand zu den Anschlägen darlegen und ihre politischen Vorstellungen für den Umgang mit Rechtsterrorismus erläutern. „Alle bereits bekannten Fakten zeigen: was wir hier bei uns brauchen, ist ein Konzept zur Stärkung der Demokratie. Einem aufkommenden Rechtsterrorismus gilt es von Anfang an, entschieden entgegenzutreten. Dazu müssen bereits Wege in die rechte Szene versperrt werden. Hier setzen wir für Sachsen-Anhalt auf ein integriertes Landesprogramm für Demokratie, das die Zivilgesellschaft stärkt. Die Landesregierung darf hier nicht sparen, sondern muss, wie angekündigt, alle bisherigen erfolgreichen Ansätze unter dem Dach eines Landesprogramms bündeln, weiterentwickeln und endlich auch Geld dafür in die Hand nehmen. Wir müssen darüber sprechen, wie wir gegen menschenfeindliche Ideologien vorgehen können, statt voranging über ein NPD-Verbot zu diskutieren", fordert Striegel. Darüber hinaus müsse die Rolle der Geheimdienste lückenlos offengelegt werden. Striegel: „Bündnis 90/Die Grünen werden dazu auch eine Diskussion über die Rolle des Verfassungsschutzes anstoßen. Denn unabhängig davon, ob der Verfassungsschutz nicht in der Lage war, die Gefahr des Rechtsterrorismus richtig einzuschätzen, oder ob er in die Vorgänge verwickelt ist, stellt sich die Frage, ob die Geheimdienste wirklich in der Lage sind, einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Demokratie zu leisten.“

Sachsen-Anhalts SPD-Landesvorstand hat sich in seiner Sitzung am Montag ebenfalls mit dem Rechtsterrorismus befasst. Der Landesvorstand verurteilte die Taten der Neonazis scharf und forderte eine konsequente Aufklärung der Rolle der Sicherheitsbehörden, besonders des Verfassungsschutzes, eine Neubewertung der Gefahren durch rechtsextremistische Netzwerke sowie eine Neuorientierung der Maßnahmen gegen den organisierten Rechtsextremismus. „Terrorismus von Rechts ist eine nicht mehr zu leugnende, unumstößliche Tatsache! Die Morde der drei Nazis sind schon als Einzeltaten erschütternd, als politische Mordserie bekommen sie noch einmal eine völlig andere Dimension. Sie zeigt noch einmal überdeutlich, dass Rechtsextremisten zu jeder Form von Gewalt bis hin zum Terrorismus bereit sind, um ihre menschenverachtenden Ziele durchzusetzen“, erklärte die SPD-Landesvorsitzende Katrin Budde. Der Staat und seine Sicherheitsbehörden seien dazu aufgefordert, diese Gruppen ernst zu nehmen und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen sie vorzugehen. „Wir hoffen, dass diese Taten auch denen die Augen öffnen, die rechtsextremistische Gefahren mit Verweis auf linke Verfassungsfeinde zu relativieren versuchen. Der größte Feind unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht rechts, nicht nur ideologisch, sondern auch tatsächlich! Wir fordern daher die Bundesregierung auf, ihr Misstrauen gegen diejenigen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, zu beenden und die Extremismusklausel abzuschaffen“, so Budde. Man wolle zwar die Sicherheitsbehörden nicht vorverurteilen. Doch die Rolle des Verfassungsschutzes müsse aufgeklärt werden. „Es ist zu klären, ob der Dienst nichts wusste oder nicht eingegriffen hat. Beides ist nicht hinnehmbar. Eines steht allerdings heute schon fest. Die Strategie, die rechtsextremistische Szene mit V-Leuten zu unterwandern und sie dadurch unter Kontrolle zu halten, ist gescheitert. Hier bedarf es einer neuen Strategie. Das würde auch das Vorgehen gegen die NPD erleichtern.“