Sachsen-Anhalts Fördermittelpolitik im Kreuzfeuer

von 5. Mai 2011

Industrielle Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt sind Mangelware. Wer da neue Jobs verspricht, wird mit Kusshand genommen. Doch gelegentlich geht das schief, wie jetzt das Beispiel Benkenwood in Gardelegen zeigt. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt wegen Verdacht auf Subventionsmissbrauch. Immerhin, hier sollten zwar Fördermittel fließen, geschehen ist das bislang nicht und wird wohl auch nicht mehr, die Gelder wurden erst einmal eingefroren.

Doch die Oppositionsparteien macht die Geschichte hellhörig, ist es doch nicht der erste Fall. „Nach den bekannten Problemen im Institut für Automation und Kommunikation (IFAK) und im Institut für Lacke und Farben e.V. (IFK) musste im Wirtschaftsministerium erneut die Notbremse gezogen werden, um durch „Außenstehende“ Ordnung in das Fördermittelgeschehen zu bringen – damals war es der Landesrechnungshof, jetzt agiert Staatsanwaltschaft”, kritisiert der wirtschaftspolitische Sprecher der Links-Fraktion, Frank Thiel. “Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine gründliche Prüfung von Anträgen offenbar für manche die Ausnahme darstellt, und auch, wenn da oder dort kein unmittelbarer Schaden entstanden ist, macht das die Sache nicht besser.” Beim Unternehmen Varioboard werde das Dilemma in ganzer Breite deutlich. “Laut zuständigem Ministerium sind einerseits gezahlte Fördermittel nicht mehr zurückzufordern, da die Bindungsfrist abgelaufen ist. Und wenn andererseits in einem Unternehmen mit mehr als 180 MitarbeiterInnen nicht einmal ein Betriebsrat gewählt wurde, der Voraussetzung für die Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen ist, sind Probleme und Konflikte geradezu vorprogrammiert. Im Falle der Insolvenz oder Betriebsschließung haben die Beschäftigten keine Einflussmöglichkeiten. Verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik schließt die Sichtweise sowohl der Unternehmen als auch der Beschäftigten ein. Wäre es denn hinderlich, auf einem Fördermittelantrag nicht auch einen vorhandenen Betriebsrat in die Entscheidungsfindung einzubeziehen?” In der kommenden Landtagssitzung werde man einen Antrag zu qualitativen Neuausrichtung der Fördermittelpolitik stelle.

Auch Bündnis 90/Die Grünen wollen die Praxis bei der Wirtschaftsförderung in Sachsen-Anhalt überprüfen. "Die Landesregierung muss den Eindruck ausräumen, dass hier vor der Wahl Erfolge der Wirtschaftspolitik her mussten", sagt dazu der Landtagsabgeordnete Christoph Erdmenger. Er wird die Vorgänge im Wirtschaftsausschuss thematisieren.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Ulrich Thomas, hat die Kritik der Linken an der Fördermittelpolitik des Landes, als populistisch zurückgewiesen. „Wenn es so wäre, wie von der Linken behauptet, dann dürfte kein Unternehmen mehr gefördert werden. Die Forderung nach einer Einbeziehung von Betriebsräten in die Förderpolitik ist Populismus. Das grenzt schon an eine Teilverstaatlichung“, so Thomas. Dass die Förderpolitik des Landes richtig war, beweist der Erfolg am Arbeitsmarkt. Jede Investition und Förderung unterliege den Gesetzen des Marktes. Auch wenn die Insolvenzen schmerzen, sei es in einer Volkswirtschaft normal, dass ein Unternehmen dann zur Disposition stehe, wenn es die Anforderungen an den Wettbewerb nicht mehr erfülle. Dies sei leider unabhängig vom Vorhandensein von Betriebsräten oder der Sichtweise von Beschäftigten. Thomas macht deutlich, dass sich die Wirtschaft des Landes gut entwickle. 2010 kletterte das Bruttoinlandsprodukt auf 2,4 Prozent, die Arbeitslosigkeit lag im Jahresmittel bei 12,5 Prozent und war damit so niedrig wie noch nie. Die Wirtschaftsleistung pro Erwerbstätigen lag bei 51.470 Euro. Damit liegt Sachsen-Anhalt noch vor Sachsen und Thüringen.