Schelte für Halles Vermarktung

von 2. Juni 2010

Drei Tage lang saßen Städteplaner aus acht europäischen Städten in 7 verschiedenen Ländern im Rahmen des EU-Projektes „REDIS“ (Restructing Districts into Science Quarters) zusammen, um über Potentiale und Zukunftsideen für Halle zu beraten. Im Mittelpunkt stand dabei die hallesche Innenstadt um MMZ, Spitze, Salzgrafenplatz und Hallorenring. Am Ende stand das Ergebnis fest. Und es ist eine harsche Schelte an Stadtverwaltung und Stadtmarketing.

„Halle ist ein versteckter Schatz“, meint der Niederländer Willem van Winden. „Die Stadt ist grün, kompakt, hat gute Verkehrsverbindungen“, so Winden. „Aber bei uns in den Niederlanden weiß niemand wie schön Halle ist.“ Die Stadt habe viele Potentiale, die sie nicht nutze. Vor allem das Stadtmarketing versage. Die Entwicklung eines neuen Logos reiche da nicht und trage nicht dazu bei, die Stadt bekannter zu machen, kritisierte Willem. Halle bestehe zudem nicht nur aus Händel. Er forderte stattdessen, über die guten Projekte aus Halle stärker zu reden und damit auf dieser Schiene die Stadt interessanter und bekannter zu machen.

Eines dieser großen Projekte und verkannten Potentiale sei 3D, sind sich Willem und der Wiener Stadtplaner Volkmar Pamer einig. Schließlich werde von Halle aus demnächst eine Show der Band „Die Fantastischen Vier“ Live in 3D-Kinos in Deutschland, Österreich und der Schweiz übertragen. Denkbar wäre auch die Nutzung der 3D-Technik für die Medizin. Willems Worten zufolge sei 3D auf dem Wege zu einer Schlüsselindustrie zu werden.

Doch die Planer waren ja nicht nur gekommen, um Kritik zu äußern. Sie wollen auch konkrete Vorschläge zur Verbesserung machen. Für die Spitze lehnen die Planer ein weiteres Einkaufszentrum ab. Dies würde Markt und Boulevard weitere Kunden wegnehmen. Stattdessen schlagen sie hier eine Wohnnutzung vor, gemischt mit Galerien und Unternehmen der Kreativwirtschaft. Wohnungen seien hier dringend nötig, meint Volkmar Pamer. „Die ganze Gegend ist nicht belebt, weil das fast niemand wohnt.“ Bis das Loch aber tatsächlich bebaut wird, solle man es für andere Zwecke nutzen. Pamer schlug zum Beispiel eine Kinoleinwand für Freiluftkino an der Wand zur Händelhalle vor.

In der Stadt brauche es flexible Büros. “Das dürfte kein Problem sein”, so Pamer, schließlich herrsche in Halle großer Leerstand. Solch ein Projekt soll in diesem Jahr übrigens gestartet werden. Die Papenburg AG will solch eine Bürolandschaft im Waisenhausring einrichten. Vorgeschlagen wird die Schaffung eines Projekt-Hotels. In der Kreativwirtschaft gebe es viele Projekte, die nur über wenige Monate gehen. In dieser Zeit sollen die Mitarbeiter solcher Projekte in einem speziellen Hotel alle für sie wichtigen Voraussetzungen finden.

Mit der Zukunft des Hallorenrings waren sich die Planer noch nicht einig. “Die Frage ist: braucht man diese Straße überhaupt”, so Volkmar Pamer. Sie sei eine Barriere, die die City von den untersuchten Straßenzügen trenne. Auch eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 wäre möglich. Zudem könnte man auch die Gerbersaale wieder sichtbar machen.

“Nicht schön designt” sei der Salzgrafenplatz, so Pamer, nicht attraktiv. Das könnte sich durch einen Springbrunnen äußern, durch Events. Außerdem solle der Platz stärker zur Saale hin geöffnet werden. Ein Bürgerwettbewerb könnte weitere Gestaltungsmöglichkeiten liefern. Und auch die Notwendigkeit eines zweiten MMZ sahen die Planer. Die Firmen der Kreativwirtschaft könnten leerstehende Häuser rund um die Mansfelder Straße mit neuem Leben füllen. Anfangen könnte man bei der Straße Tuchrähmen.
Doch auch die Voraussetzungen im Umfeld müssen stimmen, damit die Kreativwirtschaft in Halle weiter wachsen kann. “Da wird nicht von 9 Uhr morgen bis 5 Uhr abends gearbeitet”, so Willem, der flexible Kindergartenzeiten und eine internationale Schule ins Gespräch brachte.

Aus den Ideen soll jetzt eine konkrete Präsentation für den halleschen Stadtrat erstellt werden.