Schließung der Franzigmark schlägt Wellen

von 18. September 2009

Zu teuer, zu geringe Auslastung: die Stadt will ihr Schullandheim in der Franigmark gern schließen. Zum Jahresende soll Schluss sein. Die Ökoschule soll in die Frohe Zukunft verlegt werden. Allerdings: versäumte hatte man es, mit den Fraktionen vorher zu sprechen. Die erfuhren erst aus der Presse von der geplanten Schließungen. Im kommenden Stadtrat werden sich gleich zwei Anträge (Grüne und Neues Forum) mit dem Erhalt des Standortes beschäftigen.

Die geplante Schließung schlägt nun Wellen bis in den Süddeutschen Raum. Peter Krössinger, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schullandheime e.V., teilte HalleForum.de in einer Email mit, er sei stutzig geworden, „als das Haus bei uns nach jahrelanger Mitgliedschaft kündigen musste und der Belegungskalender, in dem die uns angeschlossenen Schullandheime ihre (freie) Belegungszeiten aufzeigen, gelöscht werden sollte.“ Der zu löschende Belegungskalender zeigte auf, dass von März bis Juli 2010 Belegungen bestanden. „Die Mitarbeiter/innen im Schullandheim durften nicht einmal uns darüber Auskunft geben, obwohl wir mit ihnen jahrelang pädagogisch sehr gut zusammen gearbeitet haben“, so Krössinger. Er hat sich nun mit einem Brief an Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados gewendet (Seite 2). „Ich hoffe durch mein Schreiben die Verwaltung aufzurütteln.“

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Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Szabados,

durch Ihren Antrag der Herausnahme des Belegungskalenders im Surfer unseres Bundesverbandes, in dem unsere Mitgliedseinrichtungen den Klassen und Gruppen ihre freie Belegungstermine aufzeigen und aus dem Internet (HalleForum.de) habe ich davon erfahren, dass die Stadt Halle das Schullandheim im Schulumweltzentrum Franzigmark schließen möchte. Das Haus war bis Ende 2008 ordentliches Mitglied in unserem gemeinnützigen Verband. Schade, dass dadurch Ihre Mitarbeiter von den pädagogischen Beziehungen zu unserem Fachverband abgeschnitten wurden.

In einer Zeit in der der Bildung in unserer Gesellschaft ein äußerst hoher Stellenwert eingeräumt wird und Politiker aller Parteien dies stets – zumindest verbal betonen -, ist dies für mich als Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Schullandheime e. V. nicht nachvollziehbar. Befremdlich wirkt auf mich, dass ohne Beschluss der Stadträte über die Zukunft des Schullandheims Ihr Dezernent Kogge mit sofortiger Wirkung festgelegt hat, keine Nutzungsverträge für das Jahr 2010 abzuschließen (Meldung HalleForum.de vom 14.09.2009).
Ich bitte Sie dringend die Absicht einer Schließung zu überdenken.

Schullandheime sind für alle Schulformen und Schulstufen unverzichtbare Lern- und Erziehungsorte, die die Arbeit in der Schule ergänzen. Das Schullandheim Franzigmark besticht gerade durch sein eigenes Profil im Bereich Umweltbildung. Dort
werden, verbunden mit der Durchführung von Projekten, viele Unterrichtsinhalte begreifbarer. Die Jugend erlebt dort die Natur, lernt sie unmittelbar näher kennen und begreift, dass sie schützenswert ist. Dieses Lernen ist ganzheitlich, vernetzt und ein
nicht zu unterschätzender Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, weil das Gelernte in anderen Zusammenhängen angewandt werden kann.

Ihre Stadt Halle bietet für Kinder und Jugendliche außerdem interessante kulturelle Angebote und die Geschichte der Stadt kann vor Ort unmittelbar erforscht werden.
Ich möchte damit aufzeigen, dass hier sehr viel Potenzial vorhanden ist, Klassen und andere Gruppen anzulocken. In der heutigen Zeit der wirtschaftlichen Krise ist es sehr wichtig, dass die Kinder- und Jugendlichen preisgünstig untergebracht werden können.
Ein Schullandheim darf kein profitables Wirtschaftsunternehmen sein, das hohe Renditen abwirft. Die Zinsen sind aber längerfristig erkennbar, wenn eine positive Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Kinder und Jugendlichen stattgefunden hat.

Mit Recht können Sie mir entgegnen, dass ein Schullandheim keine Pflichtaufgabe der Kommune ist. Schullandheime sind aber inzwischen längst zu Einrichtungen der Jugendhilfe geworden, weil die Auslastung durch Schulklassen in der Tat nicht ausreichen ein Haus wirtschaftlich halten zu können. Jugendhilfe ist unbestritten eine kommunale Aufgabe. In Franzigmark werden ja auch schon außerschulische Gruppen aufgenommen, die u.a. soziales Verhalten einüben, Rücksichtnahme und Toleranz erfahren und lernen können Freizeit sinnvoll zu gestalten.

Wenn ich die Homepage ihrer Stadt Halle anschaue, so vermisse ich den Zugang zu Ihrem Schullandheim. Weder unter „Bildung“, noch unter „Soziales“, „Familie und Gesellschaft“, auch zum „Tourismus“ kann ich keinen Link dazu finden. Macht sich niemand in der Stadtverwaltung kreative Gedanken über eine bessere Auslastung?
Wir wissen jedoch dass sich das Personal vor Ort sehr engagiert zeigt. Aus zahlreichen Begegnungen in unseren Verbandsgremien kann ich das bestätigen. Dies muss für Sie offensichtlich sein; auch durch die Rückmeldungen der Besuchergruppen.

Ich weise darauf hin, dass ein Schullandheim auch eine wirtschaftliche Bedeutung für die Region hat, denn es bietet Arbeitsplätze. Außerdem wird in der Umgebung eingekauft und ortsansässige Handwerker profitieren nachhaltig. Tourismusexperten bestätigen, dass nach gelungenen Schullandheimaufenthalten die Kinder mit ihren Eltern, später mit der eigenen Familie an den Ort zurückkommen. Dies bitte ich nicht zu unterschätzen.

Wir stehen für eine Beratung gerne zur Verfügung. Außerdem haben wir einige Kommunen und Landkreise als engagierte Mitglieder in unserem Verband, die jederzeit zu Auskünften bereit sind.

Ein Denkanstoß zum Schluss:
Nachdem viele Bürgerinnen und Bürger aus Ihrer Stadt Halle eine sicherlich gute Beziehung zum Schullandheim haben, weil sie in jungen Jahren dort einen Aufenthalt genießen konnten, wäre es für mich vorstellbar einen gemeinnützigen Verein zu gründen, der die Stadtverwaltung mit ehrenamtlichen Kräften. unterstützen könnte.

Ich würde mich freuen von Ihnen zeitnah zu hören.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Krössinger
Vorsitzender