Singschule: Ausschuss gegen Jugendwerkstatt

von 15. Juni 2011

Die hallesche Stadtverwaltung musste am Mittwochabend eine deutliche Schlappe einstecken. Die geplante Verlängerung des Betreibervertrages zur Singschule mit der Jugendwerkstatt Frohe Zukunft kam nicht zustande. Der Kulturausschuss votierte mehrheitlich (sechs Ja, vier Nein und eine Enthaltung) für einen Antrag der Fraktionen MitBürger/Neues Forum, Linke und Grüne. Demnach soll die Betreibung neu ausgeschrieben werden. Ein kürzlich gegründeter neuer Verein – Wolfgang Fritz verteilte dazu während der Sitzung Unterlagen und die Satzung zu diesem Verein – solle beiseite gestellt werden.

Kulturdezernent Tobias Kogge kündigte bereits Widerspruch gegen die Entscheidung an. Denn nach Auffassung der Verwaltung ist eine Verlängerung um fünf Jahre mit der Jugendwerkstatt unumgänglich. Dieses Optionsrecht werde dem Träger im 2007 vom Rat beschlossenen Vertrag eingeräumt. Der vom Ausschuss gefasste Beschluss sei nachteilig für die Stadt. Kogge sagte, er rechne auch mit rechtlichen Schritten des jetzigen Trägers.

Mehr als eine Stunde lang hatte der Ausschuss heftig über die Thematik diskutiert. Dabei gab es immer wieder Kritik an der Stadtverwaltung. Diese hatte am vergangenen Freitag plötzlich die Vorlage ausgetauscht und erst da die Räte darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie gar nichts zu entscheiden haben, sondern eigentlich nur ohne Wahlmöglichkeit zustimmen könnten. Hörbar unsicher führte Kulturreferentin Ursula Wohlfeld in die Vorlage ein. „Der Rat kann das Vertragsergebnis begutachten und zustimmen“, sagte sie. Unter der Jugendwerkstatt habe sich die Singschule gut entwickelt. Die Schülerzahlen hätten sich erhöht, es gebe eine Reihe neuer Angebote. „Außerdem ist die Jugendwerkstatt ein redlicher und solider Vertragspartner.“ Das Kinderchorfestival sei trotz der schwierigen Umstände eine gelungene Veranstaltung gewesen.

Sabine Wolff (Neues Forum) warf der Verwaltung vor, den Rat umgehen zu wollen. Sie sprach sich für einen Trägerwechsel aus. “Wenn die Singschule weiter bei der Jugendwerkstatt bleibt, dann geht das hohe ehrenamtliche Engagement der Eltern verloren”, so Wolff. Die entstandenen Gräben zwischen Träger und Förderverein seien nicht mehr zu kitten. Ähnlich sah es Detlef Wend (SPD). Die Situation sei verfahren. Durch ihre kurzfristige Änderung habe die Verwaltung noch zusätzliches Öl ins Feuer gegossen. Die Härte von JW-Chef Klaus Roth in den Mediationsgesprächen und das Querschießen des Fördervereins seien bereits nicht förderlich gewesen, so Wend. Auch Elisabeth Krausbeck (Grüne) schloss sich der Manöverkritik an. Sie könne nicht nachvollziehen, warum die Stadt erst zwei Werktage vor der Beschlussfassung merke, dass der Rat nichts zu entscheiden habe. “Das ist ein ganz schlechter Stil und fachlich fragwürdig.”

Doch nicht alle Ausschussmitglieder waren für einen Trägerwechsel. Harald Bartl (CDU) schlug vor, den bereits existierenden Beirat für das Kinderchorfestival auf die gesamte Schule auszudehnen und der Jugendwerkstatt fachlich beiseite zu stellen. Die bisherigen Chorleiter Bauer und Wippler seien ein Auslaufmodell. “Wir brauchen frischen Geist.” Von dem kürzlich gegründeten Verein hält Bartl gar nichts. “Was kann der Verein tun, um mein Misstrauen auszuräumen, dass sich hinter dem Verein nur der Wolf im Schafpelz verbirgt”, so Bartl. Hintergrund sind im Verein agierende Mitglieder, die bereits im Förderverein (Torsten Borauke) oder beim alten Kinderchorfestival unter Bauer/Wipler (Wolfgang Fritz) eine Rolle spielten. Noch deutlicher wurde dann sogar seine Fraktionskollegin Ulrike Wünscher. Der neue Verein sei für sie ein “Vorwärts in die Vergangenheit.” Sie verstehe nicht, warum die bisherigen Chorleiter ihr Lebenswerk mit ihrer Verweigerungshaltung zerstören. Zudem sei es seltsam, dass Frau Bauer ein halbes Jahr krank sei, aber mit den Kindern auf Reisen gehen könne. “Sträflich”, nannte die sachkundige Einwohnerin Elke Schwabe das Verhalten der bisherigen Chorleiter. Sie warb für neue, frische Ideen.

Ende des Monats muss nun auch der Stadtrat über die Zukunft der Singschule entscheiden. Laut Vertrag muss über die Verlängerung bis 30. Juni entschieden sein. Rudenz Schramm (Linke) machte in der Sitzung darauf aufmerksam, dass die Verwaltung diesen Zeitdruck erst aufgebaut habe. Seit Oktober hätte der Stadtrat die Vorlage eingefordert. Er sei tief enttäuscht vom Verhalten der Stadtverwaltung. Dieses Vorgehen sei unredlich. Die Kritik von Ulrike Wünscher am neugegründeten Verein, dieser würde nur alten Dingen nachtrauern, nannte Schramm eine „Verunglimpfung“. Ein Mitglied in jenem Verein ist auch der hallesche Musiker Klaus Adolphi. Der nutzte seinen Auftritt im Kulturausschuss im Rahmen eines anderen Themas gleich für ein persönliches Statement. „Wenn die Singschule lebendig gehalten werden soll, braucht es eine andere organisatorische Grundlage.“

Nun also geht der Streit um die Trägerschaft weiter und wird wohl vor Gericht enden.