Sozialdemokraten wollen stärkste Kraft werden

von 21. August 2010

Halles Sozialdemokraten haben sich am Freitagabend im Paul-Riebeck-Stift bei ihrem Stadtparteitag auf den kommenden Landtagswahlkampf eingeschworen. “Stärkste Kraft” wolle man werde, sagte die Landesvorsitzende Katrin Budd. “Wir gehen ohne Koalitionsaussagen und nicht als Juniorpartner in den Wahlkampf.” Denn in den Umfragen liegen die Sozialdemokraten hinter Linken und CDU. Und so musste natürlich Kritik an den Spitzenkandidaten der beiden anderen Parteien geübt werden. Reiner Haseloff – neuerdings der Kümmerer von Magdeburg – verhindere in Sachsen-Anhalt seit Jahren den Mindestlohn, auch ein Vergabegesetz lehne er ab, so Budde. Besonders große und für das Land wichtige neue Ansiedlungen habe es nicht gegeben und die Bürgerarbeit in der umgesetzten Form sei auch nicht das, was sich die SPD vorstellt. Den Linken unterstellte Budde “Wunschzettelpolitik”. Das Verhalten zur Bundespräsidentenwahl habe berechtigte Zweifeln anbringen lassen, ob die Partei für das Land und die Demokratie stehen. In den letzten Tagen war von einem rot-roten Stammtisch in Magdeburg zu lesen. “Das ist hochgeschrieben. Es ist Normalität, mit anderen Parteien zu reden.” Mit Kritik sparte Budde auch nicht an der diese Woche gestarteten Umfrage der CDU. Da seien einige datenschutzrechtlich bedenkliche Sachen drin. Vor allem diese Fragestellung stieß Budde sauer auf: “In wie weit ist es gerechtfertigt, dass Verbände und Einzelpersonen bei naturschutzrechtlichen Bedenken gegen Planungen von Bau- und Verkehrsprojekten klagen können und damit Verzögerungen und Mehrkosten des Projekts verursachen?” heißt es in der CDU-Umfrage. “Das ist dreist”, schimpft Budde. Die CDU habe nicht verstanden was Demokratie ist. Und dann ging Budde noch auf einige Forderungen der SPD ein. Zum Beispiel die Rente mit 67. Bevor man darüber nachdenke solle man erstmal die Voraussetzungen schaffen, dass dies möglich sei. Kaum jemand arbeite überhaupt schon heute bis 65. Und so sieht Budde mit der Rente mit 67 die Einführung der politisch und gesellschaftlich verordneten Arbeitslosigkeit für ältere Menschen.

Gottfried Koehn präsentierte einige Informationen zur Politik der Stadtratsfraktion. Man werde weiterhin für das kostenlose Mittagessen kämpfen. Derzeit gebe es dazu Gespräche mit Grünen und Linken, um einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden. Die demografische Entwicklung mit immer mehr Senioren werde die Partei in den nächsten Jahren beschäftigen, ebenso wie der weitergehende Wandel zur Wissenschaftsstadt. Koehn forderte zudem erneut Eingemeindungen nach Halle.

Im Anschluss stand die Beratung zweier so genannter Initiativanträge auf der Tagesordnung. Diese Sorgen der SPD-Basis sollen nun Parteivorstand, Stadtratsfraktion und die Landtagsabgeordneten aufnehmen und sich dafür einsetzen. So folgten die 52 Delegierten des Stadtparteitages mehrheitlich einem Antrag der Jusos gegen die unterirdische Mülleinlagerung in Angersdorf. Auch mehrere SPD-Mitglieder haben Einspruch gegen die Dickstoffversatzanlage eingelegt, wie auf den Parteitag bekannt wurde. Die Landtagsfraktion soll nun aufgefordert werden, sich für einen Stopp der geplanten Giftmülleinlagerung einzusetzen. Sollten Untersuchungen die Gefahr eines Gebirgsschlages bestätigen, so müsse ein Auffüllen mit umweltunschädlichen Stoffen erfolgen. Gestrichen wurde hingegen der das Verursacherprinzip aus dem ursprünglichen Antrag.

In einem zweiten Antrag stand die Zukunft der halleschen Kulturlandschaft auf der Tagesordnung. Grund sind äußeren den halleschen Bühnenchefs Rolf Stiska (HalleForum.de berichtete), wonach die finanzielle Situation von Oper, Kulturinsel, Staatskapelle und Thalia Theater schwieriger werden. Die halleschen Kultureinrichtungen seinen “eine in Sachsen-Anhalt einzigartige Säule des öffentlichen Lebens” heißt es in dem Antrag, “sowie ein wichtiger Standortfaktor.” Die Schließung einzelner Häuser lehnen die Sozialdemokraten ab. Die Landtagsfraktion soll sich für eine auskömmlichere Finanzierung durch das Land einsetzen.

Auch sonst hatten sich die einzelnen fünf Ortsverbände Gedanken gemacht, wie eine Politik der SPD aussehen sollte. Der Ortsverein Nordost im Stadtverband sprach sich für die Einführung eines gemeinsamen Unterrichts für Religion und Ethik aus. Die Jusos forderten das Landtagswahlrecht ab 16 Jahren sowie eine Kampagne gegen Homophobie, die vor allem in den Bereichen Schule und Sport für Aufklärung über und Sensibilisierung für das Thema Homosexualität bringen soll. In einem dritten Antrag forderten die Jusos die Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Damit sollen Kommunen wieder Einfriedungen auf Baugrundstücken fordern können, also Zäune und Mauern. Das Ziel: ein einheitliches Straßenbild.

Debattiert haben die Delegierten auch über das Wahlprogramm der Sozialdemokraten. Als hallesche Vertreter wurden für den Landesparteirat Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados, Dr. Andreas Schmidt, Geschäftsführer SPD-Stadtratsfraktion und Christian Weinert, Arbeitsvermittler der ARGE, gewählt.