Soziale Defizite in Deutschland beschämend

von 1. Juni 2017

Die Offiziellen der Bundesrepublik haben freilich den 20. September aufgenommen und die Tradition der DDR und mithin die in den neuen Bundesländern schlichtweg ignoriert. Inzwischen ist klar: Auch bei der Diskussion um den Kindertag erweisen sich die Ossis als renitent. Sie halten an ihrem Tag fest. Im Frühling ist solch ein Tag einfach am besten platziert.

Gut und richtig und mehr denn je nötig ist ein Kindertag (und gerne auch ein zweiter) in dieser Republik und viel mehr noch ein Fokus auf die Fürsorge, denn Laut Statistik sind 16 von 100 Kindern in Deutschland arm und die deutliche Mehrheit der Kinder bekommt in Kindergarten und Schule mangelhaftes Essen angeboten. Ein Armutszeugnis für ein so reiches Land wie Deutschland. Hinzu kommt ein beschämender Umgang mit dem Thema Benachteiligung und soziale Ausgrenzung sozial benachteiligter Kinder. So berichtete die „Zeit“ am 12. April 2017 mit der Schlagzeile „Armutsbericht: Zensiert und geschönt“, wie die Große Koalition am Vorabend der Bundestagswahl die dramatische Verschärfung der sozialen Ungleichheit in Deutschland und das Ausmaß der Kinderarmut unter den Teppich kehrt.

Ein Blick in die Welt liefert freilich noch dramatischere Ergebnisse. Kindersoldaten und Kindersklaven gibt es in etlichen Ländern und viele von ihnen leiden für den Wohlstand in den Industriestaaten. Zudem zeigt sich, wie heuchlerisch und klischeebehaftet die Hilfspolitik der reichen Länder zumindest in erheblichen Teilen ist. So leiden die meisten Kinder nicht in Afrika, sondern in Asien. 160 Millionen Kinder weltweit leiden unter Unterernährung, 80 Millionen davon leben in Asien.

Was die Kinderfreundlichkeit betrifft, so schneidet Deutschland nicht besonders gut ab. In anderen Ländern, etwa in Dänemark, ist der Umgang mit dem Nachwuchs deutlich besser. Am Ende geht es schließlich um weit mehr als Geld, worüber diese Angelegenheit in Deutschland primär diskutiert wird. Jedenfalls ist es eine Frage wert, warum das kinderreichstes Land in Europa Island heißt und warum Irland das geburtenreichste Land in Europa ist.

Die Geschichte des Kindertages zeigt indes, dass das Bewusstsein für die Sorgen und Nöte der Kinder gewachsen ist. Das Elend vieler Kinder in Europa nach dem Ersten Weltkrieg bereitete den Boden für einen neuen Blick auf das Schicksal der Jüngsten. Doch der Durchbruch auf staatlicher Ebene kam aus einer ganz anderen Richtung. Es war die Türkei, die den Kindertag (Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayram?) 1921 als erstes Land der Welt einführte. Der Tag fiel allerdings auf den 23. April. In Europa waren es die Sozialisten und mit ihnen die internationale Arbeiterbewegung, die den Schutz des Kindes propagierten und den Kindertag zum Durchbruch verhalfen. Zum 1. Juni und 20. September kam später ein drittes Datum hinzu. So beschloss die UNO 1989 den Internationalen Tag der Kinderrechte. Der fällt auf den 20. November.

Bleibt zu wünschen, dass die Versorgung der Kinder, nicht zuletzt die seelische und geistige, in Deutschlands Politik und Wirtschaft noch mehr Gewicht bekommt. Die Armut in Halle jedenfalls, macht bereits bundesweit Schlagzeilen, wie ein Spiegel-Bericht vom 6. April 2017 zeigt. Zuletzt von der Bundesagentur für Arbeit vorgelegte Zahlen zeigen: Jedes dritte Kind in Halle lebt in einer Hartz IV-Bedarfsgemeinschaft – Tendenz steigend.

Zeit-Beitrag über die Manipulation am Armutsbericht

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/armutsbericht-grosse-koalition-schoenung-kritik

Kinder über Kinderarmut (Youtube)

https://youtu.be/HLrBsif7Y5U

Spiegel-Bericht über Kinderarmut in Halle-Neustadt

http://www.spiegel.de/video/spiegel-tv-reportage-ueber-armut-in-halle-neustadt-video-1756346.html