Spielplätze: Bürger mach mal

von 16. Juli 2010

Hundekot, Abfall, Glasscherben, kaputte Spielgeräte – viele Spielplätze in Halle sind in einem bedauernswerten Zustand. Gerade einmal 80.000 Euro fließen in diesem Jahr in den Neubau eines Spielplatzes in der Breitenfelder Straße, Mittel aus dem Stadtumbau. Ansonsten gibt es ein paar tausend Euro für Reparaturen. Mehr ist bei der angespannten Haushaltslage der Stadt nicht drin, wie Baudezernent und Bürgermeister Thomas Pohlack bereits erklärte. „Wir schaffen es nicht mehr, uns um alle vorhandenen Spiel- und Sportplätze zu kümmern.“ (HalleForum.de berichtete)

Da kommt das im Stadtrat vorgeschlagene und nun umgesetzte Projekt “Spielplatzpatenschaften” wie gerufen. Statt der Stadt sollen sich künftig Vereine und Bürgerinitiativen um die Spielanlagen kümmern. Vorgemacht hat es der Verein “Freunde Baschkortostans”, die sich um den Baschkirischen Spielplatz auf der Peißnitz kümmern. Den wollte die Stadt vor zwei Jahren gleich ganz abreißen lassen.

Am Freitag unterzeichnete Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados die Verträge für die Spielplätze Drachennest (Landsmannschaft der Deutschen aus Russland), Ursprünge (Bürgerinitiative Mühlwegviertel), Skateranlage Silberhöhe (Kinderschutzbund) und Eigene Scholle Dölau (Elterinitiative). Sie werden nun anstelle der Stadtverwaltung selbst kleinere Reparaturen ausführen oder für Ordnung sorgen.

Ist das aber nicht ein Deligieren von städtischen Aufgaben an die Bevölkerung? “Nein”, empört sich Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados auf diese Frage. “Wir deligieren hier nichts von oben, aber die Bürger übernehmen auf eigenen Wunsch Verantwortung”, so Szabados Die Stadt habe ja auch weiterhin die Verantwortung, sei der Träger der Spielplätze. Doch Rechtsexperten sind sich noch unschlüssig. Was passiert, wenn eine Schraube durch die Vereine nicht richtig eingedreht wurde und sich ein Kind verletzt? Bleiben hier die Vereine auf den Schadensersatzansprüchen sitzen?

“Spielplätze sind oberste Priorität” – dieser Satz des Stadtoberhauptes lässt aufhorchen, sagen doch die Haushaltszahlen etwas anderes. “Wir können die Qualität der Spielplätze nicht an einer Summe im Haushalt festmachen”, meint das Stadtoberhaupt. Rund zehn Minuten zuvor war von ihr noch zu hören: “Kinder und Familien – was wir dort ausgeben, sind Investitionen in die Zukunft.“ Szabados hofft indes, dass etwa die Hälfte aller hundert städtischen Spielplätze von Vereine betreut werden. Das bringt zum einen Entlastungen beim Grünflächenamt, zum anderen hofft die Stadt auch auf Ideen der Vereine. Diese sollen die Kinder in die Spielplatzgestaltung mit einbeziehen. “Damit nicht Erwachsene sagen, wie es aussehen soll.” Das ein von Eltern entwickeltes Gestaltungskonzept und die Arbeitsweise der Stadtverwaltung kollidieren, zeigte aber schon der Ursprünge-Spielplatz. “Luxus können wir uns nicht leisten”, macht Szabados gleich deutlich und regte stattdessen phantasievoll und kostengünstige Gestaltungen an. In diesem Zusammenhang verteidigte sie auch noch einmal die Verfahrensweise am Ursprünge-Spielplatz mit der Nutzung von Ein-Euro-Jobbern. Die sei zwar auf dem Papier teurer geworden, doch hätte die Kosten die Arge als Arbeitsmaßnahme getragen (HalleForum.de berichtete).

Die Vereine haben indes teilweise schon konkrete Ideen. So wollen die Eltern in Heide-Süd einen Generationenberg aufbauen, wie Nicole Hüttig erläuterte. Den Spielplatz gibt es zwar schon, doch gepflegt wurde er nicht wirklich. Im letzten Jahr baute das Grünflächenamt dann auch noch die letzten aus DDR-Zeiten stammenden Spielgeräte aus Sicherheitsgründen ab. Die Dölauer wollen nun kleine Hütten bauen, ein Fußballfeld, Kletterstrecke, Sandbuddelplatz, Schaukel und Aussichtsplattform. Bei einem Osterfeuer konnten schon 400 Euro eingesammelt werden. Von der Sparkasse gab es 750 Euro. Auch das ein Ziel der Oberbürgermeisterin: Wo der Stadt das Geld fehlt sollen Vereine für die Mittel einwerben.

Die Landsmannschaft in Neustadt will am Drachennest vor allem als Aufsicht fungieren. Vielleicht wird es aber auch noch ein paar Umgestaltungen geben, wie zu hören war. Frau Eichner aus dem Mühlwegviertel hält indes weiter am Mammut für den Ursprünge-Spielplatz fest. “Das ist unser großer Traum. Dafür brauchen wir aber einen starken Sponsor.” Und der Kinder- und Jugendrat sowie der Kinderschutzbund planen kleine Veranstaltungen am Skatepark. Und beim Abfluss wird man sehr genau aufpassen. Der nämlich ist der Grund für das Engagement. Nach dem Winter war der Abfluss verstopft und vom Grünflächenamt keine Spur. Also nahmen die Kids die Sache selbst in die Hand (HalleForum.de berichtete).

Mit einem Flyer wirbt die Stadt nun um weitere Paten. Diese wenden sich an sozialplanungsgruppe@halle.de Und gespendet werden kann unter dem Stichwort “Spielplatzspende” an die Stadt Halle mit dem Konto 38 00 11 855 bei der Saalesparkasse (BLZ: 800 53762)