Sport in Halle am Scheideweg

von 10. Februar 2011

Am vergangenen Freitag hat sich der Sport in Halle (Saale) kraftvoll zu Wort gemeldet. Einige Vereine stünden vor dem Aus. Die Schuld sah man bei der Stadtverwaltung und insbesondere beim Sportdezernat, weil von dort weniger Fördermittel als im Haushalt eingeplant ausgereicht worden.

Am Donnerstag begründete Innendezernent Bernd Wiegand diese Entscheidung. Freiwillige Leistungen könnten nicht ausbezahlt werden. “Da macht sich die Verwaltung strafbar”, so Wiegand, der auf die Haushaltsverfügung des Landesverwaltungsamtes verwies. Er übte zudem Kritik an der Informationspolitik des Stadtsportbundes. “Ich hätte mir gewünscht, dass man auf die Sportverwaltung zugekommen wäre.” Mehrfach habe er versucht, mit dem SSB und dessen Präsidenten René Walther zu sprechen. Doch das sei bis jetzt nicht gelungen. “Wir sind zu jeder Zeit gesprächsbereit”, sagte Wiegand.

Überrascht von diesem Angriff war SSB-Präsident Walther. Er verwies schon auf Sitzungen im Oktober, in denen Bedenken der Vereine geäußert worden, vereinzelt sogar schon die Rufe nach Demonstrationen laut geworden seien. Nach einem Brief aus der Stabsstelle Sport sei die Situation dann eskaliert, am vergangenen Donnerstag habe es schließlich eine emotional geführt Debatte im Vereinsrat gegeben und letzten Endes einen Tag später die Information über die Presse. In den städtischen Schreiben war davon die Rede, dass 2011 nicht mit einer Zahlung freiwilliger Leistungen gerechnet werden können. Den Vereinen stehe schon jetzt das Wasser bis zum Hals, meinte Walther. Die Planungssicherheit für die 157 Vereine mit ihren 34.000 Mitgliedern fehle.

Einer der kritischen Punkte: die Pachtverträge. Eigentlich muss die Stadt die Sportstätten – so steht es im Landesgesetz – kostenlos zur Verfügung stellen. Doch um die Kosten trotzdem zu senken, hatte man die Idee, die Sportstätten an die Vereine zu verpachten. Die bekommen wiederum über die Jahre abgestuft immer weniger Zuschüsse für die Sportstätten, angefangen bei der Hälfte der städtischen Ausgaben. Eine enorme Einsparmöglichkeit.

Und gefährdet seien diese Gelder nicht, es bestünden ja vertragliche Vereinbarungen, so Wiegand. Doch städtische Unterlagen sagen etwas anderes. 47 Vereine mit 49 Pachtstätten gibt es. Nur 37 davon haben aber auch tatsächlich im letzten Jahr Gelder bekommen, das geht aus einer CDU-Stadtratsanfrage im Januar hervor. Und der Rest? “Hat keine Anträge gestellt oder nur unvollständige Unterlagen geliefert”, wies Wiegand hin. Manch Verein konnte aber diese Unterlagen auch gar nicht liefern, weil die Abrechnungen der Versorgungsunternehmen noch gar nicht da waren. Ohne Originalrechnungen gibt es aber auch kein Geld von der Stadt. Immerhin gestand Wiegand Fehler der Verwaltung ein. Man hätte den Sportvereinen, die keine Förderanträge gestellt haben noch einmal Hinweise geben sollen.

Doch die Sportausschusssitzung hat gezeigt, dass der Graben zwischen Sportverwaltung und Sportvereinen tief ist. Das Misstrauen ist groß, nicht zuletzt wegen einiger Regelungen in Pachtverträgen. Die vertraglich vereinbarten Zahlungen werden in einigen Verträgen von der Haushaltssituation abhängig gemacht. SSB-Präsident Walther störte sich zudem an der sturen und bürokratischen Haltung der Stadtverwaltung. Sie solle sich in die Sicht der kleinen Vereine mit ihren ehrenamtlichen Präsidenten hineindenken und nicht immer alles so streng förmlich sehen.

Vor der Debatte um die Zahlungen haben die Ausschussmitglieder in einer ersten Lesung den Haushaltsplan diskutiert. Im Rahmen dessen kamen Zahlen auf den Tisch, wonach nur die Hälfte der im Haushalt eingestellten Mittel ausbezahlt wurde. Rund eine Million Euro waren an Fördermitteln und Zuschüssen eingestellt, ausbezahlt wurden nur gut 590.000 Euro. Für Sportgeräte gab es gar nichts, Sportveranstaltungen wurden mit 48.300 Euro unterstützt gegenüber 92.600 Euro im Plan. Die 72.700 Euro für Übungsleiter wurden komplett einbehalten, Investitionskostenzuschüsse wurden nur in Höhe von 39.095 Euro ausbezahlt gegenüber 150.000 Euro im Haushaltsplan 2010. Angesichts dieser Zahlen kritisierten einige Stadträte das Papier als Makulatur. Offenbar werde zum Ruhigstellen mehr Geld eingestellt, am Ende aber nur die Hälfte ausbezahlt.

Wiegand wies immer wieder auf die Haushaltssperre und die vorläufige Haushaltsführung hin. Doch Projekte mit präventivem Charakter könnten trotz der schwierigen Haushaltslage bezahlt werden, dies habe Innenstaatssekretär Rüdiger Erben bei seiner Rede im Stadtrat im Dezember erklärt, führte Stadträtin Sabine Wolff (Neues Forum) aus. “Und Übungsleiter haben präventiven Charakter.” Auch der Ausschussvorsitzende Andreas Hajek (FDP) kritisierte die Sparmaßnahmen bei den Übungsleitern. Diese seien das Herz der Vereine. Immerhin hat die Stadtverwaltung für 2011 nun vorgesehen, erstmals seit Jahren wieder Zuschüsse bezogen auf die Vereinsgröße auszuzahlen. Dies sei zwar schön, meinte Raik Müller von der CDU. Doch wenn das Geld am Ende wegen irgendwelcher Haushaltssperren nicht ausbezahlt werde, helfe das auch alles nichts. Er forderte das Einstellen realistischer Zahlen im Haushalt.