Staatssekretär und Polizei ziehen Zwischenbilanz

von 23. Januar 2010

Innenstaatssekretär Rüdiger Erben und Polizeipräsident Walter Schumann zogen auf der gestrigen Pressekonferenz eine überwiegend positive Bilanz aus dem bisherigen Fahndungserfolg nach den Straftätern der gewalttätigen Krawalle um die Fußballspiele im Kurt-Wabbel-Stadion. Um die Spiele des Halleschen FC gegen den Plauener VFC am 7.6. 2009 sowie dem Magdeburger FC am 26.09.2009 war es zu heftigen Ausschreitungen und gewalttätigen Übergriffen auf Polizeikräfte gekommen (Halleforum berichtete).

Insbesondere durch Auswertung von Bild- und Filmdateien der Medienberichte gelang in letzter Zeit wiederholt die Identifizierung von gesuchten Gewalttätern.

Einige mutmaßliche Täter stellten sich freiwillig, als ihre Bilder in Fahndungsaufrufen öffentlicher Medien, unter anderem im Halleforum, erkannten.

In Zusammenhang mit dem Spiel Halle-Plauen wurden bislang tatverdächtige 58 Personen identifiziert, nach 52 weiteren Personen wird gefahndet. Dabei wurden 14 Vorschläge für weitere öffentliche Fahndungen erarbeitet, für die eine richterliche Genehmigung erwirkt werden soll.
Zu den Ausschreitungen um das Spiel Halle-Magdeburg wurden 27 teils vermummte Personen ermittelt, zur öffentlichen Fahndung wurden 7 Anträge gestellt.
In dem Zusammenhang haben sich vier Personen freiwillig gestellt (HalleForum.de berichtete), 5 weitere konnten identifiziert werden, zu vier Personen gibt es weiterführende Hinweise.
Urteile gibt es noch nicht, da die Staatsanwalt das umfassende, zum Teil recht komplexe Material einer ausführlichen Beweiswürdigung unterziehen muss. Mit der Staatsanwaltschaft bestünde jedoch eine sehr gute Zusammenarbeit, führte Polizeidirektor Schumann aus.

Für die immens rufschädigende Außenwirkung der Krawalle, die der Stadt Halle mit Fernsehbildern und zahlreichen Youtube-Filme ein negatives Image bereitet haben, hatte Erben klare Worte: „Halle und der Fußball haben das nicht verdient“.
Erben hob den besonderen Charakter der Krawalle im Wabbel-Stadion hervor. Hier handle es sich um brutale, ausgesprochen gezielt geführte Angriffe auf Polizeieinheiten. Insbesondere auf solche Spezialeinheiten, die glücklicherweise zu ihrem Schutz mit starker passiver Schutzausrüstung versehen seien. Gezeigt wurde ein bekanntes Bild, auf dem klar zu erkennen war wie ein Gewalttäter mit einem schweren Kantholz auf einen Polizeibeamten einschlug. Die Angriffe seien auch gezielt geplant gewesen. Einige Täter hätten auch förmliche Waffendepots vorher angelegt, so beispielsweise Pfefferspray in Containern.

Auf die Herkunft der Täter angesprochen, erteilte Schumann eine Absage an Theorien, es seien auch Magdeburger Fans beteiligt gewesen. Der größte Teil der Täter stamme aus Halle und dem Saalkreis, man habe aber auch Hinweise auf vereinzelte „Reisekader“ aus dem Raum Nordhausen.
Mit den intensiven Ermittlungen setzt man vor allem auf Abschreckung, offenbar mit Erfolg.
Dass die Ermittlungen der Polizei keineswegs kurz nach den Ausschreitungen zu Ende seien, sondern noch Monate später andauern, scheine die gewaltbereite Szene durchaus zu verunsichern. Für die Polizei ist die Beweisführung sehr Zeitaufwendig, denn nur Bilder von eindeutig überführten Tätern werden zur Veröffentlichung freigegeben, hier ist die Hürde sehr hoch. Bestehen Zweifel erfolgt keine Veröffentlichung. Denn gerade die öffentliche Fahndung habe dazu geführt, dass sich viele Straftäter freiwillig gestellt haben. Da diese Straftäter nicht zum gewöhnlichen kriminellen Milieu zuzurechnen seien, sei hier offenbar auch der Druck aus Familie und sozialem Umfeld vergleichsweise hoch. Und man werde weiter ermitteln. Die Anzahl der veröffentlichten Fahndungsbilder ist bisher in dieser Größenordnung einmalig, und es waren auch nicht die letzten. Denn es kann nicht sein dass sich „… die Gesellschaft auf der Nase rumtanzen lässt.“ Dieses kann ruhig als Signal an die Fanszene verstanden werden.

Staatssekretär und Polizeipräsident lobten einhellig die kooperative Rolle des HFC. In Ausübung ihres Hausrechtes für das Stadion sprechen sie Stadionverbote für bekannte Gewalttäter aus. Ebenfalls gibt es Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch für Personen, die das Stadionverbot missachten. Auf Journalistenfrage bewerteten sie die heutige Gründung des Vereins „Fußball ohne Gewalt“ jedoch auffallend unterschiedlich. Erben und Schumann halten den Verein für wenig hilfreich, denn bei „dieser Klientel helfen nicht gute Worte, sondern nur Abschreckung“ (Erben). Anders sieht es Revierleiter Udo Richter. „Eine Initiative gegen Gewalt ist immer zu befürworten“, sagt er, und man könne entsprechende Versuche doch nicht schon im Vorfeld für gescheitert erklären.

Über das Thema Fußballgewalt hat Erben auch mit der Oberbürgermeisterin gesprochen. Ihre Idee: in Kooperation mit der HAVAG sollen die Fans in Bussen vom Bahnhof zum Stadion gebracht werden. Man könne auf diese Weise den personellen Einsatz der Polizei reduzieren, hofft Erben. Was wohl das Stadtoberhaupt nicht wusste: einen entsprechenden Vertrag mit der HAVAG und dem HFC gibt es schon. Stellt sich nur die Frage, wie ein Fanandrang zu größeren Partien wie gegen Magdeburg in diesem Fall auch praktisch umgesetzt werden soll.