Stadt will mit „neuen Glocken“ locken und Händelfestakt für alle, nicht nur für VIPs

von 26. Mai 2015

Für die frohe Botschaft kletterten Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand und die Direktorin des Stadtmuseums Jane Unger samt einiger Journalisten regionaler Medien am Dienstag, 26. Mai 2015, die engen, steinernen Wendeltreppen empor bis zum Geläut. Die Details gab es vor der Kulisse zweier großer Glocken, die schweigen und mahnende Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg sind. „1945 bin ich im Brande zerflossen, 1948 bin ich von Neuem gegossen“, steht auf der kleineren. „Nachfolgerin der im Brande am 16.04.1945 zerstörten Stundenglocke“, steht auf der großen. Auch der Schriftzug der Initiatoren des Mahnmals ist zu lesen: „Bauhütte Roter Turm“.

In der Etage darüber stehen das eigentliche Glockenspiel auf einer massiven Decke und das Herzstück, das Glockenklavier samt elektronischer Steuerung in einem Container. Das Carillon wird gerade repariert, erklärte OB Wiegand. Künftig sei es möglich, die Glocken auch vom Marktplatz aus zu spielen. Im Herbst 2015 soll es soweit sein. Mit dem Ziel, den Roten Turm künftig noch stärker touristisch zu nutzen, würden unter anderem neue Lieder eingespielt. Über die Details will die Stadtverwaltung im Juni mit dem Stadtrat sprechen.

Der Rote Turm ist wie die Hausmannstürme und die Burg Giebichenstein dem Stadtmuseum Halle zugeordnet, so Direktorin Unger. Zurzeit sei der Rote Turm montags, mittwochs und freitags jeweils 17 Uhr und an den Wochenendtagen jeweils um 14 Uhr zu besichtigen. Künftig werde es auf der Etage mit den beiden großen Erinnerungsglocken weitere Schautafeln zur Entstehungsgeschichte des Turmes und zur Zerstörung 1945 geben. Außerdem ziele die Museumspädagogik darauf, den Roten Turm als Teil des Themas „meine Heimatstadt“ in den Grundschulen einzubauen. Das Glockenspiel ist seit dem Blitzschlag nur noch manuell bedienbar. Bisher befanden sich auf dem Computer Lieder von Händel und Bach sowie deutsche Volkslieder, so Unger.

Zur Eröffnung der Händel-Festspiele 2015 am 30. Mai ab 17 Uhr wird es eine Feierstunde auf dem Marktplatz geben, kündigte Wiegand an. Dabei werde auch das Carillon gespielt. Der OB lud alle Hallenser herzlich ein, zu der Veranstaltung am Händel-Denkmal zu kommen. Statt der sonst üblichen halbstündigen VIP-Runde werde es nun eine einstündiges „Konzert im Freien“ für alle geben.

Der Rote Turm steht seit mehr als 500 Jahren. In der Höhe misst er heute 84 Meter. 1945, also vor inzwischen 70 Jahren, trafen US-amerikanische Artilleristen das Bauwerk, worauf dessen Holzböden abbrannten und die Glocken schmolzen. Erst 1975, also vor nun genau 40 Jahren, bekam der Turm wieder einen Helm. Seit 1993 befindet sich in Halles Campanile das größte Glockenspiel Europas mit 76 Glocken, die zusammen 50 Tonnen wiegen. Die größte Glocke mit dem Namen Händel bringt allein acht Tonnen auf die Waage.

(SB)