Steuer rauf – oder doch nicht?

von 18. August 2011

Noch sind parlamentarische Ferien in Sachsen-Anhalt. Und schon setzt Wirtschafts-Staatssekretär Marco Tullner ein neues Thema in der Mitteldeutschen Zeitung. Er berichtet von einer Debatte um Steuererhöhungen im Finanzausschuss. Unter anderem könnte die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent angehoben werden mit Wegfall des ermäßigten Steuersatzes zum Beispiel auf Lebensmittel. Auch vom Wegfall der Vermögenssteuer – die es laut Steuerzahlerbund gar nicht mehr gibt – sowie von einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes war die Rede.

Man begrüße „grundsätzlich die von der CDU nun endlich gewonnene Erkenntnis, dass die öffentlichen Haushalte nicht kaputt gespart werden dürfen und dass man auch über eine Einnahmeverbesserung für kommunale Haushalte und den Landeshaushalt nachdenken müsse“, erklärte die haushaltpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Dr. Angelika Klein. In den vergangenen Jahren habe man wiederholt Vorschläge gemacht, die genau diesen Ansatz zur Grundlage haben. „Über die Details der vorgeschlagenen Steuererhöhungen muss man diskutieren.“ Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer lehne man ab. „Zur Kasse gebeten werden müssen die, die in den vergangenen Jahren in den Genuss der Steuergeschenke gekommen sind. Auch die Finanztransaktionsteuer sollte endlich eingeführt werden. 27 Milliarden Euro könnten den öffentlichen Haushalten zugeführt werden. Eine Bankenabgabe nach amerikanischem Vorbild ist längst überfällig. Die Vermögenssteuer in Form einer Millionärssteuer ist einzuführen. Die Erbschaftssteuer muss reformiert werden.“

Bedauerlich sei jedoch, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende André Schröder die Diskussion bereits vor Beginn blockieren wolle und weiter auf Einsparungen um jeden Preis setze, so Klein. „Er vergibt damit die Chance auf einen Einstieg in eine zukunftsfähige Haushaltspolitik, die vom Finanzminister augenscheinlich nicht zu erwarten ist.“

Denn der Vorsitzende der CDU-Fraktion, André Schröder, hat für seine Fraktion deutlich gemacht, dass Überlegungen zur Erhöhung von Einkommens- und Mehrwertsteuer nicht auf der politischen Tagesordnung stehen. Vielmehr sei es wichtig, in der aktuellen Steuerdebatte auf Bundesebene das Wort zu erheben, um Mindereinnahmen zu vermeiden und den Kommunen sowie dem Landeshaushalt Konstanz und damit Planungssicherheit zu geben.

„Ich kenne in der Landespartei keine in den Gremien geführte Diskussion oder eine Beschlusslage zu Steuererhöhungen. Auch in der Fraktion ist dies nicht der Fall. Steuererhöhungen gehören aus meiner Sicht auch nicht auf die politische Tagesordnung und sind auch innerhalb der Union nicht mehrheitsfähig“, so Schröder. Ein Hauptthema des Herbstes werde die Konsolidierung der Kommunen und die Diskussion um ein neues Finanzausgleichsgesetz sein. Hier gelte es eine angemessene Finanzausstattung zu sichern und Planbarkeit zu schaffen, kündigte Schröder an.

"Es handelt sich um einen Diskussionsbeitrag am Rande der vielschichtigen Steuerdebatte, bei der auf Bundesebene auch eine Reform des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes angestrebt wird", teilte Ministerpräsident Reiner Haseloff mit. "Die hier angesprochenen Erhöhungen betreffen in erster Linie den Bund. Ein Vorstoß zu Steuererhöhungen ist beim Bund nicht geplant, wird auch nicht diskutiert. Die Haltung der Landesregierung ist klar und unverändert: Die Haushaltskonsolidierung hat oberste Priorität. Die Aussage 'CDU plant Steuererhöhungen' verfälscht angesichts des reinen Gedankenspiels lediglich eines Fachausschusses dieser Partei außerdem den Sachverhalt in der Öffentlichkeit."

Die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) hält eine Debatte um Steuererhöhungen für kontraproduktiv. Das Streben nach „Steuermehreinnahmen“ war jüngst in einem Diskussionspapier der Landes-CDU empfohlen worden. Die IHK lehnt Steuererhöhungen dagegen entschieden ab. „Steuererhöhungen schaden dem Wirtschaftsstandort und gehören zu dem, was Unternehmen und Bürger gewiss nicht brauchen“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Brockmeier.

Wenn man das Steuerthema anfasse, betont Brockmeier, „dann bitte im Bemühen um ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem“. Kaum jemand verstehe das gegenwärtige System. „Ein Steuerrecht, von dem nur die Findigen und Trickreichen profitieren, kann weder effizient noch gerecht sein.“ Die Behauptung, eine Reform des Steuerrechts sei nicht finanzierbar, bezeichnet Brockmeier als „Ausrede“. Dabei werde verkannt, dass die Einnahmenhöhe gar nicht primärer Gegenstand einer Systemreform sei, die grundsätzlich aufkommensneutral gestaltet werden könne. „Es geht um einfache, transparente und nachvollziehbare Regeln, die für alle gelten und nicht von unzähligen Ausnahmetatbeständen und Privilegien ad absurdum geführt werden“, so Brockmeier weiter. „Durch eine Reform, wie sie beispielsweise Paul Kirchhof vorgeschlagen hat, könnten für Bürger, Unternehmen und auch den Staat deutliche Entlastungen erzielt werden, ohne dass ein einziger Euro weniger eingenommen wird.“ Dass aber nun sogar Steuererhöhungen in dem bestehenden, überkomplizierten System von Kommentatoren als „alternativlos“ bezeichnet würden, grenze ans Absurde.

Zudem rechne das Bundesfinanzministerium aktuell für die nächsten Jahre mit deutlich steigenden Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen. Danach würden im Jahr 2015 der Bund rund 15 Prozent, die Länder 17 Prozent und die Kommunen deutlich über 20 Prozent mehr einnehmen als 2011. „Angesichts dieser Perspektiven sollte man eher die Ausgaben des Staates genauer unter die Lupe nehmen, als unter Verweis auf angeblich ‚leere Kassen’ weitere Belastungen für Unternehmen und Bürger zu fordern“, kritisiert Brockmeier.