UPDATE Kritik am Rücktritt vom Rücktritt

von 7. April 2010

Das Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt hat gegen den Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Gerhard Ruden, ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Zugleich wird er vorläufig nach dem Disziplinargesetz des Landes Sachsen-Anhalt seines Amtes enthoben. Der entsprechende Bescheid des Justizministeriums wird Herrn Ruden schriftlich zugestellt.

Nach Ansicht des Justizministeriums bestehen massive Zweifel, ob der Landesbeauftragte die ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben noch erfüllen kann. Die zitierten Aussagen erscheinen für einen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR gänzlich unangemessen. Die für das Amt erforderliche Integrität und Unparteilichkeit ist unter diesen Umständen nicht mehr gewährleistet. Mit Zustellung des Bescheides wird die vorläufige Dienstenthebung wirksam und vollziehbar.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Jürgen Scharf, hat Gerhard Ruden erneut aufgefordert, seine Funktion als Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen der ehemaligen DDR um der Sache willen zur Verfügung stellen. „Der Schritt von Gerhard Ruden, sein Amt aufzugeben, war konsequent und richtig. Sein Rücktritt vom Rücktritt ist nicht akzeptabel. Herr Ruden läuft damit Gefahr, sein Lebenswerk selber zu zerstören und zugleich das Amt des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zu beschädigen“, sagte Scharf.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag, Veit Wolpert, hat sich überrascht gezeigt über die Entscheidung des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, seinen Rücktritt zurückzuziehen und die Amtszeit zu beenden. „Herr Ruden beschädigt mit seinem Rücktritt vom Rücktritt das Amt des Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen in erheblichem Maße. Sein Verhalten ist ein Schlag ins Gesicht der Opferverbände in unserem Land. Er hat bisher keine seiner Äußerungen relativiert, die zu seinem Rücktritt geführt haben. Daher ist auch nicht erkennbar, was ihn nun zur Rückkehr ins Amt befähigt. Bedauerlich ist, dass der Landesbeauftragte nicht nur seine Glaubwürdigkeit verspielt, sondern auch das vertrauensvolle Verhältnis der Behörde zu den Opfern mit einem Schlag zerstört. Auch wenn der Rücktritt vom Rücktritt nicht rechtlich zu beanstanden ist, kann er nicht frei von Kritik bleiben“, erklärte Veit Wolpert.

Katrin Budde, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorsitzende, sagte zur Entscheidung: „Das ist ein unfassbarer Vorgang. Herr Ruden ist offensichtlich von allen guten Geistern verlassen. Er fügt mit seinem Rücktritt vom Rücktritt dem Amt des Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen einen schweren Schaden zu.Herr Ruden stellt hier offensichtlich persönliche Motive über die Verantwortung für die Opfer. Das ist blanker Hohn und an Dreistigkeit und Pietätlosigkeit nicht zu überbieten.“

Zum Rücktritt vom Rücktritt Herrn Rudens als Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen der ehemaligen DDR erklärt der Vorsitzende der Fraktion "Die Linke" Wulf Gallert: „Das Verhalten von Herr Ruden ist erneut völlig inakzeptabel, es gibt nur einen richtigen Schritt – den Rücktritt. Herr Ruden hat spätestens jetzt nicht nur seine eigene Person, sondern auch die Institution, die vertrat, nachhaltig diskreditiert. Für DIE LINKE stellt sich nunmehr die Frage, ob die bisher praktizierte Bewertung von DDR-Biographien nicht grundlegend überdacht werden muss. Hinzu kommt die Frage, ob das Problem Ruden nicht Symptom eines weit tiefergehenden Problems darstellt. Hierzu bedarf es endlich einer ernsthaften gesellschaftlichen Debatte. Sollte sich Herr Ruden aus eigenem Antrieb nicht zurückziehen, steht die Landesregierung in der Pflicht, alle notwendigen Schritte einzuleiten. DIE LINKE erwartet, dass die Landesregierung und namentlich Ministerpräsident Böhmer eine schnelle Lösung herbeiführen.“

Auf Kritik stößt das Vorgehen Rudens auch bei den Grünen. „Ich bin tief erschüttert. Hätte es nach seinen Einlassungen zu seinen Verstrickungen mit der Stasi noch eines Beweises bedurft, dass Herr Ruden keinerlei Tateinsicht zeigt und für das Amt moralisch und politisch untragbar ist, liegt dieser nun mit dem Rücktritt vom Rücktritt vor. Herr Ruden verhöhnt die Opfer und fügt mit seinem Verhalten dem Amt des Stasi-Beauftragten schweren Schaden zu. Herr Ruden muss sofort aus seinem Amt entlassen werden“, so die Landesvorsitzende Claudia Dalbert