Update: Land bestätigt Maritim-Hotel als „kurzfristig verfügbar“

von 8. September 2015

Auf Hallelife-Nachfrage antwortete Maritim-PR-Direktorin Harriet Eversmeyer, Zitat: „Es ist richtig, dass wir in Gesprächen mit der Landesregierung Sachsen-Anhalt bezüglich der Unterbringung von Flüchtlingen im Maritim Hotel Halle sind. Diese Gespräche laufen jedoch noch.“ Hallelife hatte unter anderem nach den wirtschaftlichen Erwägungen gefragt.

Die Staatskanzlei stellte die aktuelle Lage so dar: Die Zahl der „um Asyl nachsuchenden Personen ist in den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 weiter gestiegen“. Allein im Juli sei es um 83.000 Asylbegehrende gegangen. Nach dem Königsteiner Schüssel muss Sachsen-Anhalt von den Ankömmlingen jeweils 2,85 Prozent aufnehmen (für Juli 2015 wären das also 2366). Für August nannte die Staatskanzlei einen Anstieg „auf fast 2500 Personen“. Bezugnehmend auf Aussagen der Bundesregierung hieß es dazu in Magdeburg, dass mit gleichbleibend hohen oder weiter steigenden Zahlen zu rechnen ist. Damit wäre die zuletzt gemachten Angaben, wonach 2015 insgesamt 800.000 Menschen nach Deutschland kommen würden erneut zu niedrig angesetzt. Sollte der Juli-Wert zum Jahresmonatsdurchschnitt werden, ginge es am Ende um 996.000, also fast eine Millionen Flüchtlinge und damit um fast doppelt so viele wie im Zenit der Fluchtbewegung Mitte der 1990er Jahre infolge des Krieges im ehemaligen Jugoslawien.

Sachsen-Anhalt muss, so hieß es nun, bis zum Jahresende 23.000 Einwanderer aufnehmen. „Der Bedarf an Unterbringungsplätzen in Zentralen Anlaufstellen für Asylbewerber (ZASt) wird demzufolge auf zirka 6.000 prognostiziert.“ Die ZASt in Halberstadt mit Außenstelle in Quedlinburg verfüge derzeit über 1000 feste Unterbringungsplätze, 100 Hotelbetten in Halberstadt und Wendefurth und Notplätzen in Zelten für 870 Personen. Bis Ende November 2015 will des Land auf dem ZASt-Gelände Container mit rund 600 Plätzen aufbauen. Weitere Hunderte Plätze sollen durch den Ausbau der ZASt entstehen. Am Ende soll es in Halberstadt und Quedlinburg 2460 feste, also wintersichere Plätze geben.

Aufgrund des Andranges steht das Land bereits länger wegen einer weiteren ZASt mit Halle (Saale) in Verhandlungen. „Bis Mitte 2016 soll eine zweite Erstaufnahmeeinrichtung mit einer Kapazität bis zu 1000 Plätzen errichtet werden. Die vorliegenden Angebote werden geprüft. Mit einem Anbieter in Halle-Trotha wird gegenwärtig verhandelt. Darüber hinaus werden weitere Optionen für eine ZASt II geprüft.“ Dabei handele es sich um Landes- und Bundesliegenschaften. Im Gespräch ist nun bereits eine dritte ZASt.

Um über den Winter zu kommen, werden nach Einschätzung des Landes weitere 2000 Plätze benötigt. Zu den kurzfristig verfügbaren Plätzen gehören neben dem Verwaltungsgebäude des Flughafens Cochstedt sechs Jugendherbergen, darunter in Halle, sowie das Maritim Hotel Halle mit allein 740 Plätzen. Parallel dazu ist das Land auf der Suche nach weiteren Kapazitäten. Im Gespräch sind dabei unter anderem das ehemalige Autobahnamt Peißen und Gebäude der Fachhochschule Merseburg.

Bereits am Montag hatte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zu Wort gemeldet und das am Sonntagabend beschlossene Maßnahmenpaket der Bundesregierung begrüßt. Demnach sollen insgesamt sechs Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden und davon wiederum die Hälfte des Geldes ist für die Länder und Kommunen.

08.09.201517:07 Uhr

Update I:

„Das ist eine bodenlose Frechheit“, kommentiert der Maritim-Betriebsratsvorsitzende in Halle, Andreas Lehmann, die Pressererklärung der Landesregierung, die das Maritim als „ehemaliges Hotel“ ausweist und dessen Verwendung als Flüchtlingsunterkunft wie eine bereits bestehende Tatsache hinstellt. Es werde noch verhandelt, stimmt er in seiner Aussage mit der von Unternehmenssprecherin Eversmeyer überein. Dass es möglicherweise doch schon mehr Details gibt, als ihm bekannt ist, ließ er gegenüber Hallelife allerdings auch durchblicken. „Ich kenne keine Vertragsinhalte.“ Er will abwarten, rechnet aber mit einer schweren Aufgabe. Es gehe um 80 Mitarbeiter, inklusive Azubis. Bei der Frage nach ihrer Zukunft im Falle der inzwischen offenbar wahrscheinlichen Schließung des Traditionshauses am Riebeckplatz geht der Blick zu den Maritim-Halle-Geschwistern in Dresden und Magdeburg. Lehmann verteidigt das Unternehmen. Es sei gut aufgestellt und habe bisher immer vernünftige Lösungen für seine Mitarbeiter gefunden. Als aktuelles Beispiel nennt er Hannover, wo ein Pachtvertrag auslief und daher auch Lösungen für Kollegen gefunden werden mussten. Dass es in Niedersachen sicherlich einen langen Vorlauf gab und die Situation deshalb mit Halle nicht zu vergleichen ist, kann er jedoch nicht wirklich bestreiten. Zur Umnutzung des Hauses wird es dem Vernehmen nach noch in 2015 kommen. Lehmann akzeptiert die Nutzung des Hauses für Flüchtlinge als unternehmerische Entscheidung und steht hinter der Hilfe für Menschen in Not. Öffentliche Proteste für die 80 Arbeitsplätze in Halle will er nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es „das völlig falsche Zeichen“, das sofort Gegner anziehen würde. „Wir wollen nicht in der rechten Ecke stehen.“

08.09.201521:23