Dieser beinhaltet folgende Kernaussagen:
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Keine akuten Gefährdungsszenarien in Sachsen-Anhalt
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Rechtsextremismus im Land unterliegt nach wie vor starken Veränderungen
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Extremistisches Personenpotenzial weitgehend stabil; aber: islamistisches Personenpotenzial steigt
Allgemein rückblickend auf das Jahr 2017 betonte Stahlknecht erneut die Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die von Extremisten aller Phänomenbereiche ausgeht. Verfassungsfeinde lassen sich in nahezu allen Bereichen finden. Sie nutzen die zunehmende Vernetzung der modernen Informationsgesellschaft um ihre extremistischen Ideologien zu verbreiten.
Insgesamt wird das extremistische Personenpotenzial in Sachsen-Anhalt auf 2.655 geschätzt, hiervon entfallen etwa 1.300 Personen auf den Bereich des Rechtsextremismus. Dieser stellt damit weiterhin den Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes dar. Steigend ist das Personenaufkommen im Islamismus und der Reichsbürgerszene. In den Bereichen Linksextremismus und Ausländerextremismus ist das Personenpotenzial gleich geblieben, es stieg jedoch die Anzahl der Aktivitäten.
Zu den Phänomenbereichen im Einzelnen:
- Rechtsextremismus
Der Rechtsextremismus unterliegt weiterhin einem Wandel. Er tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf, wobei insbesondere die parteiungebundene rechtsextremistische Szene kleinteiliger geworden ist. Informelle, flexible und kurzlebige Personenzusammenschlüsse sind nunmehr prägend. Ideologischer Pfeiler des Rechtsextremismus bleiben jedoch die Parteien, auch wenn deren Bedeutung schwindet. Angesichts dessen begrüßte Stahlknecht nochmals die Entscheidung des Bundesrates zur Einleitung des Verfahrens zum Ausschluss der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung sowie den kürzlich gefassten Beschluss der Bundesregierung von 18. April 2018. Als verfassungsfeindliche Partei darf die NPD keinesfalls weiter mit Steuergeld finanziert werden, betonte er.
Die regionalen Schwerpunkte des Rechtsextremismus ergeben ein heterogenes Bild. In den Städten Halle (Saale) und Magdeburg sowie den Landkreisen Stendal, Jerichower Land und Wittenberg hat vor allem die subkulturell geprägte, gewaltbereite rechtsextremistische Szene ihre Hochburgen. Neonazis, welche in der Tradition des historischen Nationalsozialismus stehen, treten überwiegend im Süden Sachsen-Anhalts auf.
- Linksextremismus
Der Minister begrüßt die Neujustierung des Blickes auf den Linksextremismus in vielen Bereichen von Politik, Medien und Öffentlichkeit.
Die Ereignisse rund um den G20-Gipfel Hamburg haben gezeigt, welches Potenzial an Militanz und Bereitschaft zu Straf- und Gewalttaten dem Linksextremismus inne wohnen kann, so Stahlknecht.
Als heterogenes Phänomen stellt der Linksextremismus ein Sammelbecken für unterschiedliche Strömungen dar, deren gemeinsamer Nenner das Streben nach einer Überwindung der bestehenden bürgerlichen Staats- und Gesellschaftsordnung ist. Hierbei werden bestehende gesellschaftliche Konflikte aufgegriffen; Linksextremisten können somit teilweise auf eine hohe Anschlussfähigkeit bis weit in die Gesellschaft hinein vertrauen.
Das Personenpotenzial im Land wird auf 490 geschätzt, wobei der gewaltbereiten, insbesondere autonomen Szene etwa 230 Personen zugerechnet werden.
III. Reichsbürgerszene
Das Bild der Reichsbürgerszene konnte sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht konturiert werden. Die Szene umfasst mit Stand Jahresende 2017 etwa 450 Personen in Sachsen-Anhalt. Der Anstieg ist dabei im Wesentlichen auf einen Zuwachs des Erkenntnisgewinns zurückzuführen. Dieser ist maßgeblich mit dem Ersuchen des Verfassungsschutzes an die obersten Landesbehörden und den vorliegenden Rückmeldungen befördert worden. Auf Grund der noch nicht abgeschlossenen Auswertung der Erkenntnisse ist mit einem weiteren Anstieg des Personenpotenzials zu rechnen.
- Islamismus
Der Islamismus und die damit einhergehenden Gefahren des islamistischen Terrorismus verursachen weiterhin eine angespannte Bedrohungslage. Auch in Sachsen-Anhalt halten sich, wie in allen anderen Bundesländer, Islamisten auf. Das erkannte Personenpotenzial fällt mit etwa 200 noch verhältnismäßig gering aus.
Allerdings stehen auch hierzulande einzelne islamische Gemeinden in Verbindungen zu islamistischen Gruppen. Dies kann sowohl die bloße Unterstützung für entsprechende Kreise sein, als auch die dominierende Stellung von einzelnen islamistischen Personen oder Personengruppen innerhalb der Gemeinde.
In Bezug auf den islamistischen Terrorismus stehen neben den von Einzeltätern ausgehenden Gefahren weiterhin mögliche konspirative Einreisen von Mitgliedern terroristischer Organisationen nach Europa im Fokus. So wurden auch in Sachsen-Anhalt mehrere mutmaßliche IS-Kämpfer identifiziert und inhaftiert.
- Ausländerextremismus
Im Bereich des Ausländerextremismus zeigen sich die weltweiten Wechselwirkungen der Sicherheitslage, die sich auch auf Sachsen-Anhalt auswirken. So haben die politischen Ereignisse in der Türkei und die gestiegene Brisanz des dortigen Konflikts mit den Kurden unmittelbare Auswirkungen nach Deutschland hinein, auch nach Sachsen-Anhalt.
Die kurdische Arbeiterpartei PKK verfügt auch hierzulande über ein hohes Mobilisierungspotenzial, spontane Versammlungen mit bis zu 250 Teilnehmern sind möglich. Hierbei kann es zu zum Teil auch gewaltsamen Konflikten mit nationalistisch eingestellten türkischstämmigen Personen kommen oder auch mit Verfechtern der türkischen Regierungspolitik. Mit Sorge beobachtet Stahlknecht, welcher momentan auch den Vorsitz der Innenministerkonferenz inne hat, die jüngsten Anschläge auf türkische Einrichtungen und Moscheen, die z.B. in Berlin oder westdeutschen Bundesländern stattfanden sowie die zunehmende Vernetzung von PKK-Aktivitäten mit Personen aus dem hiesigen linksextremistischen Spektrum.
- Wirtschaftsschutz
Die Nachrichtendienste vieler Staaten haben die Aufgabe, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militärtechnologie anderer Länder auszuforschen. Angriffsziele sind sowohl auf der staatlichen Ebene, als auch im privatwirtschaftlichen Bereich zu finden, wo Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ausgespäht werden. Zum Schutz sachsen-anhaltischer Unternehmen hält der Wirtschaftsschutz des Verfassungsschutzes ein umfangreiches Kooperations- und Beratungsangebot vor.
VII. Übersicht über das Personenpotenzial
2015 |
2016 |
2017 |
|
Rechtsextremisten |
|
||
Parteigebundener Rechtsextremismus (Parteien) |
280 |
265 |
265 |
Parteiungebundener Rechtsextremismus |
390 |
410 |
350 |
Weitgehend unstrukturierter, meist subkulturell geprägter Rechtsextremismus |
800 |
800 |
760 |
Summe: |
1.470 |
1.475 |
1.375 |
Gesamt (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften) |
1.400 |
1.400 |
1.300 |
Linksextremisten |
|
||
Gewaltbereite Linksextremisten, |
230 |
230 |
230 |
Parteien und sonstige Gruppierungen, |
250 |
260 |
260 |
Gesamt: |
480 |
490 |
490 |
Islamisten |
Im mittleren zweistelligen Bereich |
150 |
200 |
Reichsbürger und Selbstverwalter (inkl. Rechtsextremisten innerhalb dieser Szene) |
Nicht erfasst |
330 |
450 |
PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) |
200 |
250 |
250 |
GESAMTZAHL aller Extremisten in Sachsen-Anhalt (nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) |
2.590 |
2.655 |
Anmerkung: Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet.
VIII. Hintergrund
Der Verfassungsschutzbericht ist Teil der Extremismusprävention und Ausdruck der Arbeit und des gesetzlichen Auftrages des Verfassungsschutzes als Informationsdienstleister. Gemäß § 15 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) hat das Ministerium für Inneres und Sport als Verfassungsschutzbehörde unter anderen die Öffentlichkeit periodisch über seine Aufgabenfelder und entsprechende verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA zu unterrichten. Der Bericht richtet sich von daher sowohl an die Landesregierung und den Landtag, als auch an die Bürgerinnen und Bürger im Land. Er gibt einen Überblick über das Potenzial der verfassungsfeindlichen Bestrebungen in Sachsen-Anhalt. Zudem sind hier Prognosen zu den Entwicklungen in den einzelnen extremistischen Phänomenbereichen zu finden.
Der komplette Verfassungsschutzbericht 2017, sowie die Berichte der Vorjahre, sind ab sofort im Internet abrufbar und können entsprechend herunter geladen werden:
https://mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz/verfassungsschutzberichte-zum-downloaden/