Viel Arbeit für Abrissbirnen in Sachsen-Anhalt

von 28. Januar 2012

Auf die Wohnungswirtschaft kommen millionenschwere Investitionen zu, weil die Sachsen-Anhalter immer weniger und älter werden. Vor allem soll Geld in den weiteren Abriss von Häusern und in den Bau von altersgerechten Wohnungen fließen. Allein die beiden großen Verbände in Sachsen-Anhalt – der Verband der Wohnungswirtschaft und der Verband der Wohnungsgenossenschaften – wollen 2012 weitere 4000 Wohnungen vom Markt nehmen. Seit dem Jahr 2000 verschwanden bereits 70 000 Wohnungen. Der Trend zu Abriss und Rückbau wird sich im ganzen Land weiter fortsetzen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab.

Seit der Wende hat Halle rund 80 000 Einwohner verloren. Um auf das Schrumpfen zu reagieren, wurden Wohngebäude dem Boden gleich gemacht. Ein markantes Beispiel ist der umstrittene Abriss zweier Hochhäuser in der Nähe des Hauptbahnhofs. «In den 22-Geschossern am Riebeckplatz gab es mit 129 Wohnungen besonders viel Wohnraum auf besonders kleiner Fläche», sagte Annett Patzschke, Sprecherin der Halleschen Wohnungsgesellschaft mbH (HWG). Der Abriss sei eine Chance für eine bessere Standortentwicklung.

2010 trugen Kräne und Bagger bereits das nördliche Gebäude ab. In den kommenden Wochen soll das zweite Hochhaus weichen. Die sogenannten «Riebeckhochhäuser» galten als heimliches Wahrzeichen der Stadt. Der Abriss stieß bei Teilen der Bevölkerung auf starken Protest.

Auch in der Landeshauptstadt machen die Abrissbirnen nicht halt. Die Wohnungsbaugenossenschaft Magdeburg Wobau, nach eigenen Angaben größter Vermieter in Sachsen-Anhalt, hat im vergangenen Jahr 854 Wohnungen abgerissen, in diesem Jahr sollen weitere 308 folgen. Über die Kosten wollte das Unternehmen keine Angaben machen. Zum Bestand gehören 23 093 Wohnungen. Nach Angaben des Bauministeriums gehören Magdeburg und Halle zu den Schwerpunkten beim Wohnungsabriss im Land. «Stark reduziert wurden auch die Bestände in Bitterfeld-Wolfen», sagte eine Sprecherin. Grund sei der industrielle Umbruch nach der Wende.

Die beiden großen Wohnungsverbände Sachsen-Anhalts haben bislang 225 Millionen Euro in den Abriss von Gebäuden investiert. «Die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt wird bis 2025 um weitere 130 000 Haushalte schrumpfen. Das bedeutet, dass auch entsprechend weniger Wohnungen gebraucht werden», sagte der Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt, Jost Riecke. Der Wohnungsmarkt müsse sich der Situation anpassen. Dazu zählten der Abriss und das altersgerechte Gestalten der Wohnungen. Neben den passenden vier Wänden müsse den Senioren auch ein Wohnumfeld mit Dienst- und Sozialleistungen geboten werden.
(Sabine Fuchs und Romina Kempt, dpa)