Vorbestraft – weil schwul

von 17. Mai 2011

In 77 Ländern der Erde steht Homosexualität noch immer unter Strafe. Das war auch in Deutschland so. Der Paragraph 175 stellte in Deutschland homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen unter Strafe, 50.000 Menschen wurden danach verurteilt. Erst 1994 wurde der Paragraph 175 endgültig gestrichen, nachdem es in den Jahren zuvor einige Anpassungen und in der DDR sogar eigene und sogar tolerantere Gesetze zu diesem Thema gab.

Auch an dieses Thema wurde am Dienstag anlässlich des Tages gegen Homophobie auf dem halleschen Marktplatz erinnert. Der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Begegnungs- und Beratungs-Zentrum „lebensart“ e.V., Hendrik Lange, fordert die Rehabilitierung der in Deutschland nach Paragraph 175 Verurteilten. “Sie gelten bis heute in Deutschland als vorbestraft”, so Lange. Dies verstoße gegen international gültiges Menschenrecht. Besonders mit Blick auf die EU-Menschenrechtscharta sei eine Rehabilitierung dieser Männer, die noch heute unter der Stigmatisierung ihrer Verurteilung leiden und als vorbestraft gelten, nur konsequent. Voraussetzung für die Rehabilitierung der Verurteilten sei laut Lange aber auch das Aufheben eines Richterspruchs des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1957, der den Paragraph 175 für rechtmäßig erklärte. “Dies muss umgehend erfolgen.”

Zum Tag gegen Homophobie fanden auch in Halle (Saale) zahlreiche Veranstaltungen statt. Die Grüne Jugend hatte zu einem Flashmob „Same Sex Hand Holding“ eingeladen. Das simple gleichgeschlechtliche "Händchenhalten" soll zeigen, wie normal und selbstverständlich gleichgeschlechtliche Liebe ist – und rief gleich die Polizei auf den Plan, die die Personalien des Initiators aufnahm.

Um 19 Uhr stiegen dann schließlich hunderte bunte Luftballons in den Himmel über Halle, versehen mit Botschaften für Toleranz und Anerkennung. Das BBZ „lebensart“ zeigte den Film “Milk” über einen homosexuellen Lehrer.

Der Tag gegen Homophobie geht auf den 17. Mai 1990 zurück. Damals beschloss die Generalversammlung der Gesundheitsorganisation (WHO), Homosexualität von der Liste psychischer Krankheiten zu streichen. In vielen Ländern der Welt werden Homo- und Bisexuelle jedoch noch immer strafrechtlich verfolgt, inhaftiert oder gar hingerichtet. Und auch hierzulande müssen sie mit Diskriminierung und Gewalt rechnen. Denn Toleranz ist Vielen immer noch ein Fremdwort.