Vorläufige Insolvenzverwaltung von Q-Cells angeordnet

von 3. April 2012

Am Dienstag um 14:45 Uhr hat das Amtsgericht Dessau-Roßlau (AZ: 2 IN 121/12) die vorläufige Insolvenzverwaltung des Solarenergie-Unternehmens Q-Cells SE, Bitterfeld-Wolfen, angeordnet. Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Henning Schorisch aus Halle (Saale) bestellt.Ferner wurde u. a. angeordnet, dass Verfügungen der Insolvenzschuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam sind. Das Unternehmen soll fortgeführt werden, solange nicht das Insolvenzgericht der Stilllegung aus Gründen der Vermeidung der Vermögensminderung zustimmt. Begründung, Änderung und Beendigung bestehender Arbeitsverhältnisse bedürfen der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Schuldnern der Insolvenzschuldnerin wurde verboten, an die Insolvenzschuldnerin zu leisten. Sicherungsgut darf nicht sichergestellt oder verwertet werden. Eine Entscheidung über die Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist noch nicht getroffen.Der Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt Sebastian Lüdecke warnt vor dem Niedergang der Solarindustrie in Sachsen-Anhalt. Schon viel früher hätten Bund und Land den heimischen Solarunternehmen unter die Arme greifen müssen. “Einer der größten Arbeitgeber der Kommune Bitterfeld-Wolfen steht vor dem Aus: Das Solarunternehmen Q-Cells will noch heute Insolvenz anmelden. 1 300 Arbeitsplätze sind davon betroffen, Tausende weitere in Gefahr. Nun gilt es, das Unternehmen Q-Cells durch eine geordnete Insolvenz wieder wettbewerbsfähig zu machen. Die weltweite Überproduktion von Solarmodulen beschert der heimischen Solarindustrie schon lange Umsatzeinbrüche. Deutsche Solarunternehmen sind dem Dumpingwettbewerb der ausländischen Konkurrenz nicht mehr gewachsen. Durch die deutschen Förderkürzungen um 13 Prozent ab dem 1. Januar 2012 durch die schwarz-gelbe Bundesregierung werden die Energiewende und Zehntausende Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt. Dennoch hält Schwarz-Gelb am Anti-Solar-Kurs fest, bremst den Solarausbau aus und treibt die deutsche Solarwirtschaft in den Ruin. Besonders heftig werden die Kleinanlagen betroffen sein. Anlagen bis 10 Kilowatt bekommen künftig nur noch 80 Prozent ihres Stroms vergütet, Anlagen zwischen 10 und 30 kW erhalten weniger Geld für ihren Strom und müssen 10 Prozent ihres Stroms zwangsvermarkten. Dennoch ist erwiesen, dass die Löhne bei der Solarproduktion nur etwa 10 Prozent der gesamten Produktionskosten ausmachen. Der Löwenanteil bei der Solarproduktion sind die Kapitalkosten. Die chinesischen Hersteller erhalten staatlicherseits enorme Hilfen im Hinblick auf die Deckung ihrer Kapitalkosten. Sie haben kostengünstige, zum Teil zinsfreie Kredite bekommen. Zum Vergleich: Bei uns im Land hat sich die Regierungskoalition aus CDU und SPD im Wirtschaftsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt gegen ein Nothilfeprogramm für die Solarindustrie in Europa ausgesprochen. Wir Bündnisgrünen fordern CDU und SPD im Land auf, sich gegen die Verschlechterungen zu stellen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit könnte die Landesregierung im Bundesrat beweisen, dass ihre Kritik und ihr Einsatz für die Solarbranche ernst gemeint waren. Wir wollen die Solarenergie kontinuierlich weiter ausbauen, anstatt den Zubau auf 900 MW bis 2017 zu drosseln. Röttgens sprunghaften Kahlschlag mit einer Vergütungssenkung von weit über 30 Prozent lehnen wir strikt ab. Außerdem muss der Vermark-tungszwang für Solaranlagenbetreiber weg. Stattdessen muss ein Speicherbonus eingeführt werden. Die besonders kostengünstigen Anlagen über 10 MW sollten weiter über das EEG vergütet werden. Wir brauchen eine Absenkung nur für Anlagen, die vorwiegend von außerhalb Europas kommen. Ein gutes Vorbild für Europa ist das Conto-Energia-Gesetz in Italien: hier wird eine 10 % höhere Vergütung gewährt, wenn die Komponenten der Solaranlagen aus Europa kommen. Nicht zuletzt ist es aber wichtig, vor allem die einheimische Nachfrage anzukurbeln.”Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Ulrich Thomas, sieht in der Insolvenz von Q-Cells eine Chance für eine überfällige Restrukturierung und Neuausrichtung des Unternehmens. Hilfeleistungen dürfen nur im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Instrumente erfolgen. „Q-Cells hat so viele Schulden, da wären selbst 100 Mio. Euro an Landesgeldern kaum der Rede wert. Die Beispiele Holzmann, Ammendorf und Babcock haben eindrucksvoll bewiesen, dass staatliche Intervention keine Arbeitsplätze erhalten kann. Stattdessen bietet eine Insolvenz nach deutschem Recht die Möglichkeit für einen Neuanfang“, so Thomas. Auch wenn die Marktlage in der Solarindustrie äußerst angespannt sei, könne Q-Cells durchaus weiterhin ein wichtiger Player in der Branche bleiben. Die Rettungsversuche des Konzernchefs seien an rechtlichen Hürden in Deutschland gescheitert, nicht am eigentlichen Sanierungskonzept. Dennoch betonte Thomas, dass die jetzige Insolvenz klar von der aktuell rückläufigen Subventionierung des Solarmarktes zu trennen sei. Q-Cells gehe es nicht schlecht, weil es zu wenig Förderung gebe. Vielmehr seien in Deutschland so viele Solaranlagen montiert worden wie nie zuvor und trotzdem habe das Unternehmen enorme Verluste geschrieben. „Angesichts dieser Umstände ist es dreist, wenn die Situation der Beschäftigten für politische Schuldzuweisungen missbraucht wird. Das Land sei fördertechnisch in der Vergangenheit an seine Grenzen gegangen. Jetzt ist das Unternehmen und nicht der Steuerzahler gefragt“, so Thomas abschließend.   Zu den jüngsten Entwicklungen beim Solarzellenhersteller Q-Cells aus Wolfen-Thalheim erklärt die energiepolitische Sprecherin der Fraktion Angelika Hunger: „Der Q-Cells-Konzern  hatte sich seit der Gründung 1999 innerhalb weniger Jahre von einem der größten Solarzellenhersteller zu einem der führenden Photovoltaikunternehmen weltweit profiliert. Die über 2000 Mitarbeiter leisten mit ihrer Arbeit einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende hin zu Erneuerbaren Energien in Deutschland. Das Unternehmen ist heute der Kern des mitteldeutschen Solarclusters. Nach dem wirtschaftlichen Niedergang der Region um Bitterfeld-Wolfen in den 90er Jahren ist in kurzer Zeit der bekannteste Industriepark Sachsen-Anhalts entstanden. Das Unternehmen wurde vom Land seit 1999 durch Bürgschaften und Fördermittel in Millionenhöhe, insbesondere aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur unterstützt. Allein in den vergangenen sieben Jahren wurden weit mehr als 200 Millionen Euro an öffentlicher Förderung eingesetzt. DIE LINKE fordert die Landesregierung auf, entsprechend der überregionalen Bedeutung des Unternehmens alles zu tun, das Unternehmen gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter aus der Krise zu führen. Dazu gehört auch die ernsthafte Prüfung, inwieweit finanzielle Hilfen und eine Anteilsübernahme infrage kommen. Für Beschäftigten des Unternehmens müssen gegebenenfalls Auffang- und Übergangslösungen geschaffen werden. Namentlich Ministerpräsident Haseloff sollte sich in der Pflicht sehen, alle Möglichkeiten einer sinnvollen Unterstützung in die Wege zu leiten. Es reicht nicht aus, in guten Zeiten das Hohelied einer Industrie zu singen, sie aber dann alleine zu lassen, wenn die Entwicklung konkrete Maßnahmen zu ihrer Unterstützung fordert.“