Wahlkampf um die Atomkraft

von 16. März 2011

Noch immer wird in Fukushima gegen die atomare Katastrophe gekämpft. Doch angesichts des Ausmaßes bestimmen die Ereignisse in Japan auch die politische Situation in Deutschland. Mahnwachen fanden statt, ältere Atomkraftwerke werden abgegeschaltet und der Atomkompromiss zur Laufzeitverlängerung steht auf dem Prüfstand.

„Natürlich darf die schreckliche Katastrophe im Kraftwerk Fukushima nicht politisch ausgeschlachtet werden, denn das würde die Betroffenen verhöhnen, aber es muss gestattet sein, auch im Hinblick auf die deutsche Politik zu betonen, dass Atomkraft eine nicht zu kontrollierende Technologie ist, die keinesfalls Teil der Energieerzeugung sein darf, auch nicht für „nur“ ein paar Jahre“, heißt es von der Linksjugend solid. Lächerlich sei die Reaktion der schwarz-gelben Bundesregierung, die Laufzeitverlängerung auszusetzen und die Anlagen auf ihre Sicherheit hin zu überprüfen. „Frau Merkel sagt, die Anlagen seien sicher, dann wäre eine Überprüfung aber ziemlich unlogisch. Entscheidend ist doch die Frage, ob die Sicherheit der deutschen Atommeiler nicht vor einer Laufzeitverlängerung hätte überprüft werden müssen. Es ist so ernüchternd wie traurig, dass erst eine solche Tragödie den politischen Akteuren ihre Verantwortung in Erinnerung gerufen hat. Einer Zäsur wie Fukushima hätte es dafür nicht bedürfen sollen. Es zeigt sich leider wieder, wie schon in Tschernobyl und Harrisburg, dass ein nichtkalkulierbares Restrisiko eine permanente Gefahr für die Menschheit darstellt und niemand in der Lage ist, die Atomkraft wirklich sicher zu kontrollieren.“ Die Linksjugend fordert deshalb einen sofortigen Atomausstieg und ein Nutzungsverbot der Kernenergie in Deutschland.

Kritik am Vorgehen der Bundesregierung kommt auch von Marko Mühlstein, Energieexperte des SPD-Landesverbandes. Auch mit Unterstützung des CDU-Spitzenkandidaten Reiner Haseloff hätten CDU und FDP vor wenigen Monaten den gesellschaftlichen Konsens des Atomausstiegs „ohne Not aufgekündigt, um Energiekonzernen Milliardengewinne zu verschaffen“, so Mühlstein. „Nachdem der gesellschaftliche Protest nach der bedauerlichen atomaren Notsituation in Japan ständig weiter wächst, will er die Laufzeitverlängerung wieder überprüfen, seine Kanzlerin sogar aussetzen. Dieses Vorgehen der Union auf Bundes- und Landesebene ist durchsichtiger Wahlkampfaktionismus in Reinkultur und hat mit seriöser Politik nicht zu tun.“ Stattdessen solle der gesellschaftliche Mehrheitswille ernst genommen und zum Atomausstieg zurückgekehrt werden.

„Die Geschehnisse in Japan sind schrecklich und traurig. In diesen Stunden sind unsere Gedanken bei den vielen Opfern und deren Familien. Es ist richtig, dass die Bundesregierung unmittelbar Soforthilfe bereitgestellt und weitere Maßnahmen in Aussicht gestellt hat“, sagt der FDP-Spitzenkandidat Veit Wolpert. Für Deutschland sei es wichtig, nun die richtigen Schlüsse aus der Tragödie zu ziehen. „Eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen, die jedes in Deutschland aktive Kraftwerk überprüft, ist eine sinnvolle Idee. Wir brauchen eine sachliche Analyse der Situation, um das weitere Vorgehen zu planen. Aktionismus bringt uns in dieser Situation nicht weiter. Sollten allerdings Sicherheitsprobleme bestehen, müsste auch gehandelt werden und im Zweifel Reaktoren vom Netz genommen werden. Die Sicherheit muss vor allen anderen Erwägungen Priorität haben.“