Was bewegt die Hallenser im Süden?

von 10. Mai 2011

Müll, Graffiti, Trinker und der Straßenverkehr. Das waren die Hauptprobleme der Hallenser beim Bürgerforum für den Süden der Stadt, das am Dienstagabend in der Aula der Sportschulen an der Robert-Koch-Straße stattfand.

Doch bevor es mit den zahlreichen Fragen der Einwohner los ging, stellte Schulleiter Wolfgang Vorbaum noch einmal seine Schule kurz vor. 1955 in der Friesenstraße (Herder-Gymnasium) gegründet, folgte 1969 der Umzug zum jetzigen Standort, der 2008 aufwendig saniert wurde. 550 Schüler gehen heute auf die Schule, davon 180 auf die Sekundarschule und 370 aufs Gymnasium. Knapp 240 Schüler kommen nach Angaben des Schulleiters aus Halle, weitere 240 aus dem Rest Sachsen-Anhalts und 70 aus dem Bundesgebiet. Schwerpunktsportarten seien Schwimmen, Turnen, Rhythmische Sportgymnastik, Wasserspringen und Ballsport.

Im Anschluss hob Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados die vielen Bauprojekte hervor, die schon im südlichen Teil von Halle (Saale) realisiert wurden oder Projekte, die noch im Bau sind und vor ihrer Fertigstellung stehen. Dazu zählen der Ausbau der Robert-Koch-Straße und der Beesener Straße. Besonders erfreut zeigte sich das Stadtoberhaupt, dass die Robert-Koch-Schwimmhalle einen Neubau bekommt, die alte und marode Halle musste wegen erheblicher Mängel abgerissen werden. “Wir dachten schon, das mit dem Neubau wird nichts”, so Szabados mit Blick auf die finanzielle Situation der Stadt. Doch die Siege von Paul Biedermann hätten die Schatullen geöffnet. Im September soll Einweihung gefeiert werden. Noch bis zum Juli wird die Grundschule Diesterweg für 3,6 Millionen Euro saniert. 4,5 Millionen Euro flossen in die denkmalgerechte Sanierung der Pestalozzischule. Jeweils drei Millionen Euro erhielten die Kitas Weltentdecker und Taubenhaus. Letztere ist besonders umweltfreundlich, hier wurde auch viel Wert darauf gelegt, die Betriebskosten erheblich zu senken. Aus der Küche der Paul-Riebeck-Stiftung wurde für 600.000 Euro eine neue Kita. Über einen neuen Speisesaal durfte sich der Hort Kinderpark freuen. Auch in die Sicherheit wurde investiert, die Südwache hat eine neue Fahrzeughalle bekommen, nun hoffe man noch auf Gelder für die Sanierung des denkmalgeschützten Haupthauses. Am 20. Mai geht die Großgarage an der Pfännerhöhe in Betrieb, saniert von Bauverein. Die HWG hat die Viertel im Stadtgutweg und an der Damaschkestraße saniert.

Auch wirtschaftlich gehe es im Viertel voran, so Szabados. Beispielhaft nannte sie die KSB Pumpenwerke, die 20 Millionen Euro in den letzten Jahren investiert haben. Am Standort Halle mache KSB eine gute Rendite. Auch auf dem alten Waggonbaugelände in Ammendorf tut sich was, etliche kleine Unternehmen haben sich hier angesiedelt und 500 neue Jobs geschaffen, darunter MSG Maschinenbau und SMA Metalltechnik. Erfreut zeigte sich Szabados, dass Edeka die historische Fassade und den Turm des Mafa-Geländes erhält und hier keinen “0815-Bau” hinsetzt. Im November sei die Eröffnung geplant, nachdem es ja zwischenzeitlich Probleme wegen eines Streits mit einer Nachbarin gab. Auf 14.000 Quadratmetern baut ein privater Investor mit dem Sportparadies eine riesige Indoor-Sportanlage. 100 Jobs hat die Diakonie Mitteldeutschland nach Halle geholt, die jetzt hier ihren Sitz hat. Die Klinik Bergmannstrost plane ein Patientenhotel und investiere dafür 3,5 Millionen Euro, hob die Oberbürgermeisterin hervor. Durch einen Teil des Viertels schlängelt sich die alten Hafenbahntrasse, nun ein Radweg. Die Anbindung an den Stadthafen und den Hauptbahnhof seien in Vorbereitung. Der Europaweg, ein Radweg vom Thüringer Bahnhof zur Dieselstraße, hat Laternen bekommen. Das Stadion wird gerade für 17,5 Millionen Euro gebaut und am 21. September ist das Eröffnungsspiel. Zudem informierte Szabados, dass nächste Woche der Buna-Brunnen dank des finanziellen Engagements der BWG Halle-Merseburg e. G. und der Firma Styron wieder sprudeln kann, er wird derzeit repariert. Und im Pestalozzipark soll der Terrassengarten am ehemaligen Tallin umgestaltet werden, hier ist auch ein Senioren-Parcours vorgesehen. Es tut sich also viel im Süden von Halle, doch trotzdem brennen den Einwohnern einige Probleme auf den Nägeln.

Herr Schmidt beklagte eine mangelnde Anbindung der Hafenbahntrasse an die Merseburger Straße, die Verwaltung will prüfen. Herr Weidner erkundigte sich, wann die Unebenheiten im Fußweg der Industriestraße beseitigt werden. Das soll noch in diesem Quartal erfolgen, sagte die Stadt zu. Applaus bekam er für seine Forderung zur Wiedereröffnung des Sommerbades Ammendorf. Der private Investor solle unterstützt, eine Übertragung des Geländes an ihn forciert werden. Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann erklärte, man begleite die Pläne wohlwollend. Die Stadt selbst könne das Projekt finanziell nicht stemmen und auch Fördermittel seien nicht möglich.

Schnelles Internet, davon träumen Schüler und Lehrer des Südstadtgymnasiums. Nun wollen sie, dass sich an der Situation endlich was ändert und langsame Leitungen der Vergangenheit angehören. Schüler- und Elternvertreter forderten einen Breitbandanschluss, schließlich könnte dies mit eine Entscheidungsgrundlage sein, auf welche Schule man sein Kind schicke. “Wikipedia-Seiten brauchen eine halbe Stunde zum laden”, sagte die Zehntklässlerin Anne-Katrin Berger. Gern wolle man mit seinen Schulpartnerschaften per Webcam in Kontakt treten, was nicht möglich sei. Bei Hausaufgaben werde auch die Nutzung des Internets verlangt. Wer zu Hause kein Internet habe, müsse deshalb kostenpflichtig ins Internetcafe gehen, weil es in der Schule an Anschluss mangelt. Doch Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann konnte Besserung versprechen. Unweit der Schule gebe es einen Übergabepunkt der Stadtwerke, über den die Anbindung nun erfolgen soll. “Das ist uns eine Herzensangelegenheit”, so Neumann. Weniger gute Nachrichten gab es für die Ammendorfer, die sich schnelleres Internet wünschten. Die Fördermittel stünden nur für den ländlichen Raum bereit, beklagte die Oberbürgermeisterin, bat aber den anwesenden Staatssekretär Marco Tullner, sich doch bei der Landesregierung einzusetzen, dass auch Halle Geld für den Breitband-Ausbau bekomme.

Mehrere Anwohner beklagten den Zustand der Regensburger Straße. Besonders schlimm sei es an der Bahnunterführung. Dort werde seit Jahren nicht gereinigt, auch kein Winterdienst werde durchgeführt. Abflüsse seien verstopft, als Fußgänger drohe man voll gespritzt zu werden. Seine Idee mit einem Spritzschutz zwischen Fußweg und Straße soll nun aufgegriffen werden. Eine Fußweg-Verbreiterung an einigen schmalen Stellen, wie von mehreren Anwohnern gefordert, sei laut Tiefbauamt nicht möglich, weil die Grundstücke daneben nicht der Stadt gehören. OB Szabados sicherte trotzdem eine Lösung zu. Ein weiterer Anwohner forderte eine Ausweitung der Tempo-30-Zone bis zur Schule und nicht nur rund um den Überweg. “Das prüfen wir”, entgegnete die Oberbürgermeisterin. Seit zwei Jahrzehnten werde schon über eine Ortsumgehung für Ammendorf geredet. Wann es denn nun soweit sei, wollte Herr Hausmann wissen. Jochem Lunebach vom Stadtplanungsamt konnte zwar bestätigen, dass es einen Bedarf dafür gebe. Doch nur wenig Geld stehe bereit und viele Straßenbauprojekte müssten realisiert werden. Da stehe die Ortsumgehung im Ranking hinten an. In den nächsten acht, neun Jahren sei nicht mit einer Umgehungsstraße zu rechnen, so die Oberbürgermeisterin. Tempolimit und Spritzschutz müssten dann aber als Alternative schon sein.

Probleme mit einem medizinischen Gebäude mit Physiotherapie und Arztpraxis in der Mannheimer Straße hat Hans-Joachim Kenneder. Dort gebe es keinen Fußweg, man komme nur über die Straße zur Tür. Und dann sei dieser Bereich oft zugeparkt. Sein Vorschlag: Fußweg am Grünstreifen und Parkverbot.

Mit einem freudigen Thema kam Beate Gellert. Sie organisiert auch in diesem Jahr vom 2. bis 4. September das Parkfest in der Südstadt und sucht engagierte Mitstreiter. Bei den vielen Bürgerinitiativen und Vereinen, die zum Bürgerforum da waren, hofft sie auf fleißige Helfer. Weniger schön war dann ihr zweites Thema: die Trinker am Platz der Völkerfreundschaft. Diese würden ihre Notdurft in aller Öffentlichkeit verrichten. “Das ist einfach nur eklig”, sagte sie unter Applaus des Publikums und forderte Sanitäranlagen in diesem Bereich. Innendezernent Bernd Wiegand sagte zu, den Standort künftig häufiger zu kontrollieren.

Über Raser in Wörmlitz ärgert sich eine ältere Frau aus dem Wohngebiet. An Tempo 30 halte sich kaum jemand. Und wenn man die Autofahrer darauf anspricht, werde man noch beschimpft mit Worten wie “Alte, was willst” oder man bekomme den Stinkefinger gezeigt. Die Polizei hat sich den Sachverhalt notiert und will in Zukunft hier kontrollieren. Abseits von der Geschwindigkeit vermisste der Wörmlitzer Herr Jung einen Fußweg in der Kaiserslauterer Straße. Dieser sei nämlich nicht durchgehend ausgeführt. Sein zweites Thema befasste sich mit dem Böllberger Weg, wann dieser denn ausgebaut werde. “Die Radwege sind zum Beispiel eine Katastrophe.” Außerdem habe er festgestellt, dass die Tempo-60-Schilder abgenommen wurden und unmittelbar danach geblitzt wurde. “Heimtücke“, nannte er das. Die Blitzproblematik will sich Innendezernent Wiegand anschauen, während ein Ausbau des Böllberger Wegs eigentlich dringend gegeben sei, wie Stadtplaner Lunebach erklärte. “Das ist unsere ganz große Aufgabe”, sagte er. Wenn in den nächsten Jahren nicht bald etwas passiere, müsse hier der Straßenbahnverkehr eingestellt werden, so schlecht sei der Zustand. Mit der HAVAG und Fördermittelgebern sei man im Gespräch. Immerhin würde ein Ausbau mehrere Millionen Euro kosten.

Ein Anwohner aus dem Lutherviertel brachte wieder die Trinkerproblematik ins Gespräch. Denn auch unweit des Wasserturms werde in aller Öffentlichkeit getrunken und in die Grünanlagen uriniert. Auch an der Haltestelle in der Beesener Straße neben dem Netto-Markt hätte es sich ein Trinker im Haltestellenhäuschen gemütlich gemacht.

Auch der öffentliche Nahverkehr war Thema. Die Bussteige am neuen Busbahnhof seien teilweise zu klein, kritisierte ein Mann. Da komme man mit einem Kinderwagen beispielsweise nicht raus. Auch fehlende Toiletten für Fahrer kritisierte er. Hier gebe es aber laut Stadt eine Vereinbarung mit dem Bahnhof, die dortigen Anlagen werden genutzt. Auch der Winterdienst an Haltestellen sowie Umsteigebeziehungen und Taktungen wurden kritisiert.

Ein Anwohner hatte Befürchtungen, dass mit Eröffnung des neuen Stadions künftig noch mehr Fans durch das Lutherviertel ziehen und Grünanlagen vor den Häusern platt treten. HFC-Präsident Michael Schädlich konnte von einer Kooperation mit der HAVAG berichten. Fans werden vom Bahnhof mit Bussen zum Stadion transportiert. Außerdem sollen die Eintrittskarten künftig auch vor und nach den Spielen für den ÖPNV nutzbar sein.

Eine zunehmende Verschandelung der Stadt durch Graffiti beklagte Herr Vogt aus Wörmlitz. Ordnungsdezernent Bernd Wiegand lud ihn zu einem Gespräch in die Stadtverwaltung ein. Dort gebe es direkt einen Ansprechpartner für illegale Schmierereien. Dort könnte man möglicherweise über Schwerpunkte reden. Müll, Vandalismus und Trinker beklagte auch Ingrid Lorenz. So werde am Bolzplatz auf der Silberhöhe immer wieder getrunken, der Müll dann einfach zurückgelassen. Wiegand verwies auf gemeinsame Streifen von Ordnungsamt und Polizei. Die würden auch mal dort nach dem Rechten sehen. Immer Montag bis Samstag stünden auch in der Amsterdamer Straße Trinker, beklagte eine Frau. “Immer von 17 bis 20 Uhr.” Dabei ist ihr egal, ob sie trinken. “Aber sie sind sehr laut.” Dabei sei sie mit ihrem Mann extra hier hin gezogen, in eine Anlage mit altersgerechtem Wohnen.

Immer mehr Autos fahren nach Meinung von Herrn Ratsch durch die Murmansker und die Theodor-Neubauer-Straße. Die Autofahrer würden die Verbindung als Schleichweg nutzen, weil es hier keine Ampeln gebe. Tempo 30 für den gesamten Straßenzug forderte er, schließlich seien beispielsweise in der Murmansker Straße sämtliche Schlafzimmerfenster in Richtung Straße gerichtet. Man könne kaum noch schlafen. Die Stadt solle deshalb auch Lärmmessungen durchführen. Immerhin über das Tempolimit wolle man nachdenken, so OB Szabados. Seinem Vorschlag zum Abriss der ehemaligen Busch-Schule in der Grenobler Straße will die Stadt schnellstmöglich nachkommen. Nicht ganz so einfach geht es mit seiner Beschwerde über Tauben in der Kuppelhalle des Hauptbahnhofs. Ein Vertreter der Bahn erklärte, pro Monat lasse man durch Tierschützer 15 bis 20 Tauben wegfangen und aus der Halle bringen. Doch weil sie immer wieder gefüttert werden, lasse sich das Problem nicht lösen. “Tauben sind ein sehr zähes Volk”, so der Bahnmitarbeiter.

Ein Teil des Leichtathletik-Stadions an der Robert-Koch-Straße ist zwar schon fertig, doch vieles gleiche noch immer einer Baustelle, kritisierte Paul Zeisler. Der Wall um die Kampfbahn solle schnellstmöglich hergerichtet werden, sagte ZGM-Chef Bernd Bielecke. Unklar sei noch, wie es mit dem Kampfrichterturm weitergehe. Da hoffe man auf eine Förderung. Oberbürgermeisterin Szabados ergänzte, man habe zunächst überlegt was wichtiger sei. Und da stünde die Kraftsporthalle weiter oben.

Einen Vortrag über Politik mit Kritik am aktuellen Gesellschaftssystem wollte Hans-Jürgen Schiller halten, wurde aber von Moderator Michael Schädlich ausgebremst. So blieb ihm nur etwas Werbung für den Silberhöher Mittagstisch und den ausgebrannten Pavillon in der Elsteraue. Den will die Stadt bald beseitigen.

Nach dem eigentlich geplanten Neubau der Auenschule fragte Stefan Kirn. Laut Andreas Weiske von der Stadtverwaltung stehe dieser ganz oben auf der Prioritätenliste, ebenso wie die Wiedereröffnung der Glaucha-Schule als Grundschule. Doch das liebe Geld fehlt noch. Immerhin soll die Schule in der Rigaer Straße brandschutztechnisch instand gesetzt werden, sie soll als Ausgleichsquartier dienen, wenn in anderen Schulen gebaut wird.

Gespannt sein darf man, welche der Probleme bis zum nächsten Bürgerforum gelöst sind und welche Fragen dann erneut gestellt werden.