Was bleibt, ist Kopfschütteln

von 18. Februar 2016

Was zu tiefsten DDR-Zeiten als Aufbauwerk das Sozialismus begann, endet nun im bürokratischen Steuermittel-Irrsinn des Kapitalismus. Steuern, also Geld der Bürger, von dem 2015 in Sachsen-Anhalt noch 500 Millionen Euro zur Verfügung gestanden hätten, werden nun für das Zerstörungswerk vor dem alten Deich aufgewendet, damit der bereits errichtete Eissporthallen-Neubau hinter dem Deich als Flutmittel-Förderprojekt abgerechnet werden kann. Das Hochwasser vom Juni 2013, so scheint es nun, kam gerade recht, um eine Immobilie loszuwerden, die der Stadt schon seit Jahren Kopfschmerzen bereitete, wenn es um die Kosten der Unterhaltung ging.

Der Zuschauer reibt sich die Augen und wähnt sich in Schilda. Warum muss eine Halle, die von vielen Fans aus ganz Deutschland nach der Flut eiligst wieder hergerichtet wurde und nur Monate später Betriebsbereitschaft meldete, abgerissen werden. Das ist herzlos bürokratisch, zumal sich nun gerade erst Interessenten gemeldet hatten, die eine Kletterhalle draus machen wollten. Doch darüber wollten die Verantwortlichen gar nicht erst reden, denn ihre Zustimmung zu dem Projekt hätte den Verzicht auf die Fördermittel für die neue Eissporthalle bedeutet. Auch über Oberbürgermeister Bernd Wiegand darf man sich wundern: erst hü, dann hott. Erst unterstützte er die Rettung der alten Halle, dann nahm er Abstand, nachdem ein Totalschaden festgestellt wurde, was allerdings in einem so krassen Gegensatz zu einem anderen Gutachten stand, dass darüber vor Gericht gestritten werden musste. Dabei gründete sich sein umstrittener Bogendeich gerade auf der Existenz jener Halle. Wenn die Eissporthalle weg ist, ist das voreilig und widerrechtlich im Sommer 2013 begonnene Deichbauprojekt endgültig ad absurdum geführt. Denn auch dort ging es um Fördermittel, allerdings aus der Zeit der Amtsvorgängerin Dagmar Szabados. Nach dem schon recht bedrohlichen und Schaden bringenden Hochwasser vom Januar 2011 hatte sie das Projekt Eissporthalle mit Parteifreund Jens Bullerjahn, seines Zeichens Finanzminister in Magdeburg, stemmen wollen und erfahren müssen, dass Bauwerke in Hochwassergebieten nicht förderfähig sind. Wenigstens diese Aussage war nachvollziehbar, doch die Folgen. Naja!

Dass es eine Frage der Fördermittel ist, ob Häuser abgerissen werden oder aufgebaut – darin hat Halle schon seit Jahren Übung. Die Vorgänge am Gimritzer Damm sind eine Provinzposse mit Landesbeteiligung. Freilich war die Eissporthalle marode und weiterhin hochwassergefährdet. Freilich muss der Deich am Gimritzer Damm erneuert werden. Richtig ist auch: Halles Eissportfreunde sollten eine Zukunft haben. Dass es nun den Eisdom gibt, ist – zweifellos – wunderbar. Für die klamme Stadt Halle ist überdies der Fördermittelregen aus der Landeshauptstadt zunächst einmal erfreulich. Doch das Fazit nach fast fünf Jahren Fördermittel-Wahn kann nicht zufrieden stimmen: Die historische Rennstrecke Halle-Saale-Schleife wurde samt eines Teils Saaleaue zerstört, die Chance auf eine Kletterhalle vertan, der Deichneubau durch Eigenmächtigkeiten und Gezänk für weitere Jahre vergeigt. Fast wundert man sich, dass die Halle nicht mit Landesmitteln als Flüchtlingsunterkunft ausgebaut wurde.

Derweil ist ein weiteres Opfer der Fördermittel-Logik in nicht all zu großer Entfernung von der alten Eissporthalle auf der Peißnitzinsel zu finden. Das Raumflugplanetarium. Obgleich engagierte Menschen das in Hinblick auf die Saale-Hochwässer sehr ungünstig platzierte Bauwerk als denkmalwürdig erkannt haben und dessen Rettung verteidigen, muss das Gebäude abgerissen werden, damit es für das Großprojekt Planetarium im Gasometer am Holzplatz Fördermittel gibt. Was dem kritischen Beobachter bleibt, ist Kopfschütteln und vielleicht trotzdem die hartnäckige Zuversicht, nie aufzugeben.

der Kampf um die Rettung der Eissporthalle durch Umbau zur Kletterhalle

http://kletterhalle-eissporthalle.de/